No More Heroes 2: Desperate Struggle
Touchdown im zweiten Anlauf
Aber Mini-Spiele hin, 8Bit-Look her, wer No More Heroes 2 spielt, der will derbe Metzeleien mit dem Beam-Katana, gespaltene Handlanger und abgedrehte Bosskämpfe. All das liefert das Spiel in rauen Mengen. Per Wiimote-Bewegung schwingt ihr euer Laserschwert und zerteilt gegnerische Anzugträger. Im Gegensatz zum Erstling entspricht No More Heroes 2 der US-Version – im Klartext bedeutet das, Gegner vergehen in einem Schwall leuchtend roten Pixel-Blutes. Sie werden geköpft, zerteilt, gespalten, dabei sind Spiel und Darstellung aber so abstrakt und stilisiert, dass sogar der deutsche Jugendschutz das anerkennen musste und das Spiel nun mit einem 18er Siegel vor der Indizierung geschützt ist.
Das Spielgefühl ist etwas krude, aber gleichzeitig auch herrlich wild und brachial. Wenn ich mich mit flüssigen Bewegungen durch Gegnerhorden schnetzle und dem letzten noch stehenden Widersacher mit einem satten Back-Suplex den Rest gebe, dann funktioniert No More Heroes 2 einfach richtig gut. Wenn ich dagegen drei Anläufe brauche, um eine unbewegliche Truhe per Schwerthieb zu öffnen, dann... naja, optimal ist es nicht. Noch weniger optimal ist der Verzicht auf Wiimotion-Plus-Unterstützung. Wenn ein Spiel davon profitieren würde, dann No More Heroes 2.
Andere Elemente sind da wieder versöhnlicher. Wie schon im ersten Teil hat Travis’ Beam-Katana auch hier nur begrenzte Energievorräte. Sind die erloschen, sucht ihr schnell das Weite, um den Akku durch vehementes Schütteln wieder aufzuladen. So wird effektiv verhindert, dass die Actionszenen zum stumpfen Dauergemetzel verkommen. Die Aufladeanimation ist dabei ebenso komisch wie zweideutig – Travis' Haltung, seine Bewegungen... nun... ein Schuft, wer böses dabei denkt.
Ihr seid dieses Mal aber nicht alleine auf die Wiimote angewiesen, auf Wunsch könnt ihr Travis nun auch per Classic Controller steuern. Fragile Naturen freuen sich, dass so ihre Handgelenke geschont werden und generell fühlt sich die Steuerung mit dem griffigen Pad auch etwas genauer an. Gleichzeitig verliert sie so aber auch einen Teil ihrer Dynamik – die Schwingerei mag für Außenstehende etwas albern aussehen, gibt euch als Spieler aber trotzdem ein herrliches Mittendrin-Gefühl. So oder so ist es aber schön, endlich die freie Wahl zu haben.
Es sind aber nicht die Kämpfe, die No More Heroes zu etwas besonderem machen, es ist erneut das ganze Drumherum. Gespeichert wird auf dem Klo, und wenn ihr nicht gerade im 8Bit-Stil Geld verdient oder Killer-Rivalen in feine Scheiben schneidet, dann spielt ihr mit Travis’ übergewichtigem Katzentier und versucht, es zum Abnehmen zu bewegen. Oder ihr fläzt euch einfach mal in den bequemen Sessel um euch ein Video von Travis’ heiß geliebter Anime-Serie Bizarre Jelly, einer beängstigend realen Magical-Girl-Persiflage voller Fanservice zu genehmigen, oder die dazugehörige Versoftung, einen polygonalen Vertikalshooter, zu spielen. Dass ihr euch dabei nie so wirklich sicher sein könnt, ob euch das Spiel mit diesen gnadenlosen Geschmacklosigkeiten eigentlich nach Strich und Faden verarscht, trägt nur zum Charme des Ganzen bei.
No More Heroes 2 entfaltet endlich das Potential, das der Vorgänger bereits versprach, aber nur teilweise umsetzen konnte. Nicht nur die schönere Grafik überzeugt hier, sondern vor allem der entschlackte Spielaufbau. Die Actionszenen sind kompakter und knackiger ausgefallen und dafür, das sie die nervigen und überflüssigen Open-World-Elemente entfernt haben, werde ich den Grasshopper-Jungs persönlich noch einen bunten Früchtekorb schicken – endlich hat einmal jemand erkannt, dass das aktuelle Lieblings-Gimmick der internationalen Entwicklerszene nicht auf Teufel komm raus in jedes Spielkonzept gezwängt werden muss.
Deswegen bekommt das Spiel von mir auch eine dicke Kaufempfehlung. Gut – der erste Teil war natürlich ein wenig frischer und konnte mit einem höheren Anarcho-Faktor punkten. Dafür ist die Fortsetzung aber spielerisch durchdachter, runder und entgegenkommender, die Nebenjobs sind enorm spaßig geraten und auch wenn No More Heroes 2 nicht mehr ganz so radikal dem Geist des Punk huldigt wie sein Vorgänger, so ist es doch im Vergleich zu 99% der Konkurrenz da draußen ein herrlich frisches, cleveres und angenehm ehrliches Spielerlebnis.
No More Heroes 2 will kein interaktiver Film sein und es will euch auch keine herzzerreißende Story erzählen – No More Heroes 2 knüpft an die unbändige Kreativität und den inhaltlichen Wahnsinn der frühen Jahre des Mediums an und bietet einfach nur brachiale, ungezügelte Unterhaltung mit zölliger Action, albernem Fanservice, spritzendem Blut, clever eingesetzter Nostalgie und großzügigem Einsatz des Wortes mit F. Ihr wisst schon, welches ich meine.
No More Heroes 2: Desperate Struggle ist ab sofort für Wii im Handel erhältlich.