Nostalgia
Für Nostalgiker
Doch nicht nur inhaltlich orientiert sich das Rollenspiel an den guten, alten Zeiten - bevor metrosexuelle Emos das RPG-Ruder an sich gerissen haben. Auch spielerisch steht Nostalgia mit beiden Beinen fest in den klassischen RPG-Systemen. In den Städten holt ihr euch Infos und kauft ein, auf der Landkarte steuert ihr neue Ziele an und in den Dungeons keilt ihr euch mit zufällig auftauchenden Monstergrüppchen.
Kämpfe laufen strickt rundenbasiert ab und erinnern mit ihrer Kameraführung und ihren einfachen, aber charmanten Polygonfiguren stark an den PSone-Klassiker Wild Arms. Angreifen, Verteidigen, Skills, Gegenstände und Fliehen – mehr Menüpunkte braucht Nostalgia für seine Kämpfe nicht und tatsächlich fühlen sich die nicht allzu kniffligen Metzeleien genau richtig an.
Auch auf eine unnötig komplexe Charakterentwicklung wird verzichtet. Waffen und Rüstungen erhöhen Angriff und Verteidigung, Level-Ups sorgen für mehr Hitpoints und über ein einfaches Punktemenü lernt ihr neue Talente oder wertet bereits gelernte Fähigkeiten auf. Eine Besonderheit erlaubt sich Nostalgia dann aber doch: Eddies Luftschiff ist nicht nur eine praktische Transportmöglichkeit von A nach B, sondern wird fast wie ein vollständiges Partymitglied gehandhabt.
Ihr kauft eurem Schiff in den verschiedenen Städten neue Bordkanonen, eine bessere Bug-Klinge, erweitert seine Hitpoints mit dickerer Panzerung und baut bessere Motoren ein, die höhere Luftschichten zugänglich machen. Dort warten zwar auch härtere Gegner, aber nur so erreicht ihr höher gelegene Örtlichkeiten. Werdet ihr in der Luft angegriffen, ändert sich auch das Kampfsystem ein wenig: Nun bedient jeder der vier Helden eine der Bordwaffen und die Position der Gegner zum Schiff spielt ebenfalls eine wichtigere Rolle. Aber auch hier bleibt der Schwierigkeitsgrad stets in moderaten Bahnen.
Ähnliches gilt auch für die Dungeons. Die sind nicht unbedingt klein, doch die automatisch auf dem zweiten Bildschirm mitgezeichnete Karte minimiert die Gefahr, sich zu verlaufen, ganz beträchtlich und macht die Ausflüge in die Pyramiden von Gizeh oder den Turm von Babel gleich viel entspannter und weniger stressig. Und wenn die Monster doch einmal zu bissig werden, dann legt ihr eben eine kurze Trainingssession ein – das Prinzip ist Veteranen ja altbekannt.
Objektiv gesehen scheint Nostalgia jetzt unterm Strich nichts Besonderes zu sein. Es gibt auf dem DS schönere, komplexere und auch dramatischere Rollenspiele. Aber es ist das bewusst „altmodische“ Auftreten, das Nostalgia so charmant macht. Die Entwickler wissen genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, um beim Spieler eben genau die titelgebende Emotion auszulösen. Es sind eben die Kleinigkeiten, die ein gutes Spiel ausmachen.
Seien es nun Eddies bescheidenes erstes Abenteuer, die klassische Rattenjagd in der Kanalisation oder die herrlich einfachen 90er-Jahre Charakterdesigns. Nostalgia ist ganz klar ein Spiel, das sich an all die Rollenspieler richtet, die schon vor dem großen Gassenhauer Final Fantasy VII auf die Jagd nach Erfahrungspunkten gegangen sind. Es lässt die Erinnerung an eine einfachere Zeit wieder aufleben, als Helden noch ohne Persönlichkeitsstörungen und Komplexe auskamen, als nicht jedes RPG mit seinem eigenen, hochkomplexen Skillsystem bot und als die Lust auf Abenteuer Grund genug für eine motivierte RPG-Party war, in die Ferne zu ziehen. Spricht euch das alles jetzt nicht so wirklich an, dann wartet lieber noch ein paar Wochen auf den Release von Final Fantasy XIII. Vermisst ihr aber ebenso wie ich diese gute, alte Zeit und denkt ihr heute noch wehmütig an die Grandias und die Breath of Fires vergangener Tage, dann ist eine Portion Nostalgia das Beste, was ich euch über die Feiertage antun könnt.
Nostalgia ist in den USA für den Nintendo DS erschienen, ein Europa-Release steht noch in den Sternen.