Nvidia Shield Controller (2017) - Test
Wo er läuft, läuft er klasse. Diese Orte sind leider recht ausgesucht.
"Ach, Controller, die Welt ist da so langweilig. Ihr habt den One, den 360, die DualShocks, den Elite, die ganzen High-End-E-Sportler, die ganzen Billig-Plastik-Whopper... Hm, so langweilig ist deren Welt gar nicht." Philosophierte er, während er Prey spielte, das Spiel, das ihr schon gekauft habt, weil ihr schlaue Gamer seid und jetzt noch mal kaufen solltet, weil es viel mehr andere Gamer gibt, die das nicht taten und Arkane eure Unterstützung braucht. Weil die so gute Spiele machen, die keiner kauft. Was tragisch ist. Womit spiele ich hier eigentlich, das ist ziemlich bequem und unauffällig und... was zur Hölle halte ich da in der Hand? Nvidia? Shield? Das steuert sich gut und dabei liegt es hier schon ewig ungeliebt herum. Ich hätte dazu wohl längst mal einen Test schreiben sollen und euch sagen, dass die Welt der guten Controller gerade - vor ein paar Monaten... - etwas größer wurde. Na gut, dann eben jetzt.
Also, Nvidia hat erkannt, dass ihr erster Controller für die Shield - die wahrscheinlich schnellste und teuerste Android-Konsole der Welt - okay, aber eben doch nicht das Gelbe vom Ei war. Außer natürlich man liebt den allerersten Xbox-Controller, weil der so schön abartig groß war. Die zweite Generation nahm sich ein anderes Vorbild. In gewisser Weise kreuzt sie einen 360-Controller mit einem Kampfhubschrauber aus Deus Ex. Die zahlreichen, unterschiedlich großen Dreiecke, die die Oberfläche zieren, deuten jedenfalls so etwas an und es ist erstaunlich, wie bequem sich der Shield 2017 - einen eigenen Namen hat er nicht, nicht mal eine "2" - auch nach Stunden noch hält.
Die Oberfläche der Dreiecke besteht aus stabilem Hartplastik ohne Beschichtung. Das ist jetzt nicht edel, macht aber einen weitestgehend unverwüstlichen Eindruck. Das Gewicht liegt auf den Mittelfingern solide auf, die Hörnchen lassen sich gut greifen, die Zeigefinger ruhen natürlich auf den Triggern und die Daumen wie von selbst auf Steuerkreuz und Fronttasten. Die Bewegung zu den Sticks nach innen geht ohne Verbiegungen und auf ergonomischen Wegen vonstatten und auch dort fühlen sich die Daumen wohl. Die Schultertasten sind vielleicht ein klitzekleines bisschen zu hoch, aber noch immer absolut im Rahmen alles Tolerablen für ein Pad mit herausragenden Ambitionen.
Auch hat Nvidia sich entschlossen, zu vergessen, dass sie fehlgeleitete Ideen hatten, als sie beim ersten Pad die Start- und Select-Taste nicht als Taste verbauten, sondern als unnötig umständliche, berührungssensitive Oberfläche. Jetzt sind es zwei Tasten unterhalb der Sticks und da sind sie gut erreichbar aufgehoben. Zwischen ihnen liegt eine ebenfalls gut erreichbare Extra-Taste, die mit dem Play-Pfeil markiert ist - was ihre Funktion am Shield-Gerät erklärt - und der grüne Nvidia-Knopf ist wirklich ein Knopf, der euch auf einer Shield zurück ins Hauptmenü bringt.
Alle Tasten sind also ergonomisch auch nach Stunden noch tadellos zu finden. Was genauso wichtig ist: Sind sie gefunden, macht es Spaß sie zu drücken. Für 60 Euro gibt es natürlich auch ein paar Erwartungen an die Haptik der Tasten und Sticks und in den meisten Punkten ist der Shield 2017 ein Gewinner. Die Analogsticks haben eine solide gummierte Oberfläche, die genug Halt bieten, um bei der Überwindung des etwas höheren Widerstands nicht wegzurutschen. Die Trigger sind im Vergleich eher Durchschnitt im Widerstand - ähnlich denen des 360 - aber größer und (noch) bequemer. Der Weg hat einen linearen Widerstand und nur das Klacken beim Anschlag hätte gern abgepolstert werden dürfen. Die Schultertasten haben ein sehr angenehmes und wertiges Mikroschalter-Klacken, wie auch die Stick-, Start-, Select- und Play-Tasten.
Seltsamerweise fühlen sich ausgerechnet die vier Fronttasten etwas weniger wertig an. Nicht billig, nicht schlecht aber eher durchschnittlich, leicht schwammig vielleicht. Nicht, dass es beim Spielen wirklich stören würde, aber hier endete wohl die Liebe der Designer ein wenig. Das Steuerkreuz macht im ersten Moment einen fantastischen Eindruck: Es ist erst mal ein klassisches Kreuz, wenn auch mit einer leichten Mulde in der Mitte. Darunter liegen vier Mikroschalter, was einen sehr angenehmen Klack-Widerstand bedeutet und sich hervorragend anfühlt. Bis man es denn benutzt. Es gibt weit schlimmere Steuerkreuze, aber die glatte, etwas zu rutschfeste Oberfläche verdirbt einen ein wenig die fließenden Street-Fighter-Moves. Vielleicht wenn man den Daumen ein wenig eincremt oder -buttert geht es besser, aber das ist erstens widerlich, wenn die Butter dann in das Pad läuft und zweitens etwas umständlich, nur um einen Feuerball zu werfen. Leider mal wieder nicht das beste Retro-Kreuz, aber um in einem modernen Shooter die Waffen durchzuschalten, funktioniert es tadellos.
Unten habt ihr einen 3,5mm-Klinkenanschluss, um Headsets und Kopfhörer bis 32 Ohm - danach passiert nicht mehr viel - direkt und problemlos anzuknüpfen. Der Lade- und generelle Anschluss ist Micro-USB und damit habt fast garantiert zwei bis 28 Kabel und Ladegeräte zuhause herumliegen. Treiber sind am PC mit Windows 10 nicht nötig, der Shield 2017 wird sofort richtig erkannt und tut alles, was er soll. Die Akkulaufzeit wird mit bis zu 50 Stunden angegeben, was ich für eine mythische Legende halte, aber die hier oft und real erreichten 20+ Stunden sind absolut nicht zu beanstanden und ehrlich gesagt mit Ausnahme des Switch-Pro-Controllers mit an der Spitze kabelloser Pads. Also, auch hier eine tadellose Leistung.
Leider ist diese schöne kabellose Laufzeit nur an einem Shield-Gerät relevant: Der Shield 2017 ist leider kein Bluetooth-Controller, auch nicht optional, was ich persönlich sehr schade finde. WiFi hat natürlich den Vorteil geringerer Latenz, wenn ihr es an einer Shield benutzt, aber leider gibt es keinen Treiber, Dongle oder sonst etwas, um ihn kabellos an einem PC zu nutzen. Sicher, Micro-USB-Kabel sind auch okay, und damit funktioniert es am PC gut, aber das müsste eigentlich besser gehen. Vor allem, weil auf Linux ein findiger User des Shield-Forums das Ganze mit einem gemoddeten Treiber wohl zum Laufen brachte. Es liegt also am Hersteller und nicht der Technik, wie wir uns das die ganze Zeit schon dachten. Konsolenspieler können den Shield 2017 übrigens komplett vergessen: Beim Anschluss per Kabel gibt es ein kurzes Brummen des Rumble, der Controller wird also geladen, aber sonst passierte auch nach zig Versuchen mit verschiedenen Kabeln rein gar nichts. Keine Überraschung, aber einen Versuch war es wohl wert.
Damit ist der Shield 2017 nicht nur eine echte und wirklich markante Verbesserung des ersten Versuchs. Er ist insgesamt eine hervorragende Alternative zu den übrigen Controllern, bewegt sich mit 60 Euro eigentlich in einem wirklich fairen Rahmen angesichts der insgesamt sehr guten Haptik und Verarbeitung und die Akkulaufzeit ist sehr beachtlich. Wenn, ja wenn er denn nur von mehr Menschen nutzbar wäre oder zumindest besser in ihren Nutzer-Alltag passen würde. 60 Euro für einen Controller, den man nur mit einem Kabel am PC nutzen kann sind dann nicht mehr so preiswert. Sicher, wenn euch das Kabel gelegentlich mal nicht stört und ihr eine Shield habt, an der der 2017er ja tadellos über WiFi läuft, dann auf jeden Fall, holt euch auf jeden Fall den neuen Shield-Controller. So jedoch ist es am Ende einfach nur schade, dass dieses Joypad sich nicht etwas flexibler gibt, um mehr Spieler mit seinen zweifellos vorhanden Qualitäten zu erfreuen, denn ich kehre gerne jetzt mit ihm zu Prey zurück. Leider jedoch nur mit Kabel. Und wie es aussieht, wird sich das wohl auch nicht ändern.
Solltet ihr den Shield 2017 dagegen nur an dem Shield TV benutzen, dürft ihr euch das Silber-Award-Logo gern dazu denken. Für dieses Gerät ist das ein tadelloses Zubehör.