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Oculus Touch - Test

Endlich frei.

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Haptisch hervorragender, immersiver und vielseitiger Virtual Reality Controller, der Standards setzen dürfte.

So gut der Xbox One Controller auch ist: In VR war er irgendwie ein großer Bremser. Klar, in entsprechenden Spielen, wie Edge of Nowhere oder dem tollen Chronos, leistete er tolle Dienste, aber wenn man einmal in Pool Nation VR, The Lab oder etwa Out of Ammo die Freuden direkter Eins-zu-eins-Interaktion erlebt hatte, wurde man das Gefühl nicht los, dass man in Palmer Luckeys virtuelle Realität immer irgendwie nur den Kopf hineinstecken durfte.

Gut, das wusste Oculus auch selbst, die Touch Controller hatte man ja bereits früh vorgestellt. Jetzt, gut ein Dreivierteljahr nach der Verkaufsversion des Headsets, folgen euch also auch eure Hände in den virtuellen Raum. Und nach fast zwanzig Stunden mit dem fertigen Produkt bin ich froh, dass sich die Firma so viel Zeit nahm, ihre Vorstellung eines VR-Eingabegeräts zu perfektionieren. Die Touch Controller stellen sich als immersive, ungemein vielseitige und schön verarbeitete Steuerknochen heraus.

Man kann eigentlich nicht genug betonen, wie sehr diese neuen Eingabegeräte an das schöne Gefühl erinnern, das einst eigentlich jeder neue Controller einer frischen Konsolengeneration vermittelte. Damals, bevor sich sowohl Microsoft als auch Sony auf einen Standard einigten, der mit jeder neuen Generation nur in Nuancen verändert werden sollte. Ich hatte dieses Gefühl vermisst und nach dem Vive Anfang des Jahres schenkte es mir nun auch Oculus Touch nach einer langen Phase der Standardisierung wieder. Wobei Touch mit seinen Analogsticks und traditionellen Fronttasten noch näher an einem klassischen Gaming-Controller ist.

Was besonders auffällt, ist die perfekte Gewichtsverteilung der überraschend kurz ausgefallenen Hörnern. Ergonomisch gesehen ist das ganz große Klasse, mehr eine natürliche Erweiterung der Hände. Wie hier ein Großteil des Gewichts auf den Wurzeln von Zeige- und Mittelfinger liegt, das ist einhändig optimal und ohne Ermüdungserscheinungen zu halten. Für jeden der beiden "Tragefinger" gibt es einen Trigger, den man niemals zufällig drückt. Vorne neben den jeweiligen Sticks noch je ein Start- und Select-Äquivalent sowie A- und B-Tasten rechts, X und Y links. Das war's, soweit, so übersichtlich und fast schon knapp im Vergleich zu klassischen Controllern. Aber damit ist das Portfolio an Möglichkeiten noch nicht erschöpft, doch dazu später.

Zunächst wollen wir uns an den Aufbau machen. Mit in der rund 200 Euro teuren Kiste ist ein zweiter Tisch-Sensor, wie er schon benutzt wird, um die Brille zu erfassen. Diese werden in einem Abstand von ein bis zwei Metern voneinander aufgestellt. Das Setup-Programm gleicht dem des Steam-VR für Roomscale-Spiele, wenngleich man hier nicht damit rechnen sollte, mit zwei Sensoren ein Feld von mehr als zwei mal zwei Metern zu bespielen. Mit zusätzlichen Sensoren soll aber mehr möglich sein. Wie dem auch sei, insgesamt fand ich das Setup eine kleine Idee fummeliger als bei Steam VR, weil in der eher näher aufgestellten Konfiguration natürlich noch ein bisschen genauer geschaut werden muss, ob die Sensoren wirklich das komplette Spielfeld abdecken. Auf meinem Schreibtisch stehend, war es teilweise auch etwas knifflig, Bewegungen unterhalb der Tischkante zu erfassen. Mittlerweile steht der Sensor aber auf einem Regal an der Wand hinter dem Schreibtisch, der Winkel ist nun deutlich besser.

Eingearbeitet in die "Hörner" sind die Batteriefächer, die unter einer nett zuschnappenden magnetischen Lade verborgen sind und je eine AA-Batterie. Die mitgelieferten machen auch nach all der Testzeit noch keine Anstalten, den Geist aufzugeben. Die Software weist ihnen einen Ladestand von zwei von drei möglichen Balken aus. Schön!

Inhärenter, aber sich mit etwas Übung schnell relativierender Nachteil ist natürlich, dass beide Sensoren tendenziell vor einem und noch dazu nicht so hoch wie beim Vive stehen. Daher kommt es öfter vor, dass man mit seinem Körper einen oder beide Controller verdeckt. Das interpolieren die verbauten Sensoren in den Steuerknochen ganz ordentlich, aber man sollte sich schon darauf besinnen, wo beim Spielfeld vorne ist. Ein wenig Einarbeitungszeit ist da wohl doch vonnöten und ich habe mich mittlerweile ziemlich gut darauf eingestellt. Eine weitere kleine Macke liegt im Guardian System, das im Grunde Oculus' Chaperone Gegenstück ist und verhindert, dass man seine schöne Hardware (oder seine Möbel) zertrümmert. Die ist nämlich an die relative Position zum Sensor gebunden und wer den bewegt, verschiebt auch die virtuellen Wände seines Spielbereiches, was ein erneutes Setup nach sich zieht. Wer den zweiten Sensor öfters wegräumt, sollte sich gut merken wo und wie er stand.

Ist man mit den Touch-Controllern erst einmal in VR, kommt der erste große A-Ha-Moment: Alle möglichen Auflageflächen sind kapazitiv, die Geräte wissen also, ob und wo eure Finger liegen. Das ermöglicht Gestensteuerung weit jenseits von Wischbewegungen. Die normale Fingerhaltung des Touch wird in VR durch eine entspannte, halb offene Hand visualisiert. Zieht beide Trigger und ihr formt eine Faust. Hebt den Daumen vom Stick oder den vorderen Tasten und ihr macht das "Daumen-hoch"-Zeichen. Liegt der Daumen wieder auf und lasst ihr den oberen Trigger los, zeigt ihr mit ausgestrecktem Finger. Schon nach kurzer Eingewöhnungszeit vollführt man diese Gesten sehr intuitiv und ohne nachzudenken, schlicht weil nichts anderes als eine identische Bewegung erfordert wird. Natürlich ist auch eine Pointer-Funktion gegeben, was den vergleichsweise schmalen Button-Umfang endgültig wieder wettmacht.

Das Tracking ist absolut fehlerfrei, wenn man erst einmal raushat, wie der Sensor für die Controller den maximalen Bewegungsbereich abdeckt. Wie oben bereits angerissen, steht meiner nun fast an der Wand und erfasst die Controller auch, wenn ich meine Arme senkrecht in die Luft strecke. Wer in einem sehr schmalen Zimmer feststeckt, könnte mit allzu raumumfassenden Bewegungen aber Probleme bekommen. Dann wiederum: 2,20 Meter ist mein Büro nur breit und seit der Sensor mehr oder weniger an der Wand steht, kann ich auch in Sitzposition am Tisch die Hände zum Himmel zeigen lassen.

Enthalten im Lieferumfang ist die Western-Schießbude Dead and Buried, das wundervolle Malprogramm Quill und das ebenfalls sehr kreative Modellier-Tool Medium.

In der Praxis entsteht ein Räumlichkeits- und Interaktivitätsgefühl, das dem der Vive absolut ebenbürtig ist, allerdings in handlicherem und wegen der Sticks und Buttons potenziell vielseitigerem Format. Dazu passt, dass die Controller perfekt von Steam VR erfasst werden. Sogar die Button- und Stick-Bewegungen werden visualisiert und Testläufe in The Lab, The Blu und Accounting verließen ziemlich reibungslos und mit nur kleinen Macken, so konnte man Luftballons in The Lab zwar aufblasen, aber nicht steigen lassen. In Pool Nation VR wurden die Menütasten einfach nicht auf die entsprechenden Gegenstücke des neuen Controllers belegt, obwohl alles andere perfekt funktionierte. Das sind die Sorte Macken, die nur einen kleinen Patch davon entfernt sind restlos aus der Welt geräumt zu werden. Ansonsten scheinen wir nicht mehr allzu weit davon weg, dass zumindest Oculus von Steam fast gleichwertig wie die Vive unterstützt wird. Es wäre schön, wenn wir umgekehrt bald das Gleiche behaupten könnten.

Oculus hat mit den Touch Controllern vermutlich den neuen Standard vorgelegt. Ich würde mich sehr wundern, wenn eine kommende Revision der Vive Controller weiter auf die Touchpads und den kopflastigeren "Keil"-Entwurf setzte. Gerade die kapazitiven Tasten eröffnen ganz neue und feinere Möglichkeiten für Gesten und wortlose Kommunikation im virtuellen Raum. Aufbau uns Setup verliefen beneidenswert problemlos, wenngleich die "beweglichen" Spielraumgrenzen nicht ganz optimal sind. Dafür ist Oculus samt Zubehör leichter wieder restlos vom Tisch verschwunden. Es hat alles seine Vor- und Nachteile.

Was letzten Endes zählt, ist das Erlebnis und das räumt den einen zentralen Makel des VR-Pioniers aus. Endlich beherrscht auch Oculus eine eingeschränkte, aber gut umgesetzte freie Bewegung und übersetzt die Hände des Users direkter und lebensechter in die Spielwelt als je zuvor. Vor allem aber freut mich, dass wir dem einen unifizierten VR-Standard hiermit ein Stückchen näher gekommen sind und zukünftig mehr Spiele für alle drei Plattformen erscheinen können.


Entwickler/Publisher: Oculus - Erscheint für: PC - Preis: ca. 200 Euro - Erscheint am: Erhältlich

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