Odin Sphere
Nordisch by Nature
Schon im Januar habe ich 1126 Worte darüber verloren, wie bemerkenswert schön doch Square Enix‘ Odin Sphere aussieht. Das unterstreicht eigentlich jedes Bild, das man davon im Netz findet nur zu gut. Was Euch die Bilder aber nicht erzählen, ist, dass dieses betörend ätherische Old-School Erlebnis eine furchtbar ungehobelte Zicke sein kann.
Eine, die ab der zehnten Stunde gerne mal ihre guten Manieren vergisst, Euch tritt und piesackt. Eine, die Euch am ausgestreckten Arm verhungern lässt, wenn Ihr nicht einhundert prozentig dabei seid und ihr Eure volle Aufmerksamkeit schenkt. Grafik-Zuckerbrot und Gameplay-Peitsche – hier in unschuldig dreinblickender Spielunion.
Odin Sphere erzählt die Geschichte von Erion in fünf Büchern, die die niedliche Göre Alice zusammen mit ihrem Kater Sokrates auf dem Speicher schmökert. Jedes der nacheinander spielbaren Bücher beleuchtet die Story einer anderen Person in der Geschichte des Landes.
Alles beginnt mit der Walküre Gwendolin, die ihrem Vater, dem bildschirmfüllenden Dämonenfürsten Odin, dabei hilft, den Krieg um den sagenhaften Hexenkessel für sich zu entscheiden. Allerdings ist man sich nicht eben einig darüber, was der überhaupt macht. Fest steht nur, dass er mächtig ist und in den zarten Händen der Feen eine Bedrohung für Odins Reich darstellt.
Die Exposition rund um die ungeliebte Fürsten-Tochter bietet im Verlauf reichlich Nährboden für verschiedene Episoden rund um die Themen Krieg und Frieden, Liebe und Anerkennung, Opferbereitschaft und Gier. Es ist kein Shakespeare, zugegeben. Dank der geschmackvollen Aufmachung, dem (optionalen) tollen japanischen Voice-Acting und der zauberhaften Musik lassen einen die oft minutenlangen Dialoge in Spielgrafik trotzdem häufig an eine Theateraufführung denken. Allerdings eine, die mit bunten Stiften kunstvoll und sehr verspielt zu Papier gebracht wurde.
Der spielbare Part dieses zweidimensionalen Zeichentrick-Schauspiels ist die seitwärts scrollende und Action-betonte Variante eines klassischen Dungeon-Crawlers. Nach und nach durchquert Ihr ein Netz aus ringförmigen Stages, die an klassische Jump’n‘Runs erinnern – minus den Gruben und Plattformen.
Auf dem Weg zum Endboss löst Ihr weder Rätsel, noch habt Ihr große taktische Überlegungen anzustrengen. Stattdessen hat jedes Levelnetz seine eigenen Gegnertypen, die Ihr in bester Seitwärts Klopper-Tradition mit nur einer Angriffs-Taste aus der Spielwelt tilgt.
Für Abwechslung sorgt das eigenwillige Alchemie- und Magie-System. Zaubertränke destilliert Ihr selbst durch das Mischen verschiedener Materie-Fläschchen mit Gemüse, Obst oder anderen Tränken. Das funktioniert nach einem interessanten und eingängigen Wertesystem, ist in der Hitze des Kampfes aber hin und wieder unpraktisch auszuführen.
Das Spiel pausiert beim Mischen nicht vollständig und das neu geschaffene Item dropped immer in die Spielwelt hinein, anstatt in Eurem Inventar zu landen. Ihr müsst es also erst noch aufheben, bevor Ihr erneut ins Menü gehen könnt, um etwa das dringend benötigte Gegengift einnehmen zu können. Das sorgt zwar an für sich für Spannung, geht insgesamt für den hohen Action-Anteil dieses Spiels aber etwas zu ungelenk vonstatten.