Old School Rally: Für gerade mal zehn Euro kommen nostalgische Gemüter locker auf ihre Kosten – um ein richtig guter Arcade-Racer zu sein, sollte er im Early Access aber noch mal Gas geben!
Alte Schule im Early Access.
Nachdem ich mich lange von Old School Rally ferngehalten hatte, wollte ich jetzt doch mal einen Blick drauf werfen. Schadet ja nichts! Das Jahr fängt gerade erst an und schwergewichtige Veröffentlichungen stehen noch nicht an. Also wühle ich mich weiter durch vor allem Steams Early Access und bin unter anderem bei diesem Arcade-Racer hängengeblieben. Kann der was oder fährt er nur mit unserer Sehnsucht nach der Früher-war-alles-besser-TM spazieren?
Nun, in einem Punkt trifft Old School Rally schon mal voll ins Schwarze: Wabernde Texturen, Scanlines sowie ein rundliches Bild wie auf alten Röhrenfernsehern versetzen mich visuell ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit. Könnt ihr alles abschalten! Hat sich gerade auf dem Steam Deck aber aus irgendeinem Grund erfreulich „richtig“ angefühlt. Überhaupt läuft das Spiel auf Valves Handheld ganz hervorragend – von ganz wenigen unbedeutenden Spitzen mal abgesehen.
Gut, im Gegensatz dazu sind die eintönigen Motorengeräusche wahrlich keine Hinhörer. Außerdem könnten die meisten der Strecken ein paar zusätzliche Details am Fahrbahnrand vertragen. Wobei dieser Eindruck schon deshalb entsteht, weil die Straßen in Old School Rally dermaßen flach sind, dass Mario Barth seine Witze drauf schreiben könnte. Das hiesige Rallye-Fahren bedeutet daher ein recht einfaches hin und her Rutschen, dem gefühlt fast jede Finesse einer Simulation wie Colin McRae Rally fehlt.
Wozu der Vergleich? Na, schaut euch das blaue Fahrzeug vor der altmodischen Kulisse auf vielen zentralen Screenshots nur mal an! Ich beiß‘ in einen Schalthebel, wenn das kein bewusst gewählter Hinweis ist.
Stört ja auch nicht. Ich hatte dann nur erwartet, dass der auf alt gemachte Racer sich stärker an seinem erklärten Vorbild orientieren würde. Stattdessen solltet ihr weder eine für damalige Verhältnisse ausgewachsene Simulation erwarten noch auf ein zeitgenössisch ausgewachsenes Arcade-Vergnügen à la Bleifuss Rally hoffen – was vor allem desahlb bedauerlich ist, weil sich das Fahren als Folge dessen einfach nie so richtig cool anfühlt. Mit flacher Fahrbahn meine ich ja nicht die durchaus vorhandenen Steigungen und Gefälle, sondern das Fehlen von vielen kleinen Unebenheiten, die das Rallyerasen erst interessant machen.
Ach, und ihr wählt auch nicht, mit welchen Reifen der Wagen an den Start geht oder irgendein anderes Detail des Setups. Alle zwei Etappen darf man den Boliden zwar reparieren. Allerdings fährt der auch bei komplett verschrottetem „Gesundheitsbalken“ noch so rund, dass man die Schäden fast vernachlässigen kann.
Weltmeisterambitionen werden daher am ehesten durch den schwankenden Schwierigkeitsgrad eingebremst. Während man einige Checkpunkte nämlich bei einer entspannten Sonntagsfahrt erreicht, muss man andere Abschnitte nahezu perfektionieren, um im geforderten Zeitfenster zu bleiben. Man kämpft ja nicht gegen die Zeiten anderer Kontrahenten, sondern darf im Ziel lediglich dieses eine feste Limit nicht überbieten. Nur wenn das gelingt, erreicht man die nächste Etappe und am Ende der Meisterschaft den einzigen Platz auf dem Siegerpodest. Und das ist selbst im Sinne einer nostalgischen Zeitreise leider ganz schön dünn.
Immerhin schaltet man mit jeder gewonnenen Meisterschaft auf den unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zusätzliche Fahrzeuge frei, während man weitere Strecken im Arcade-Modus erhält. Nur dort fährt man außerdem gegen Spieler, die sich in der weltweiten Rangliste verewigt haben, wodurch das Ganze dann doch noch an Schwung gewinnt.
Überhaupt will ich Old School Rally einen gewissen Charme gar nicht absprechen. Seit ich mich damit abgefunden habe, dass es sich auch im Indie-Bereich um einen eher „kleinen“ Racer handelt, schätze ich zumindest die Herausforderung dieser Online-Tabelle. Für den altmodischen Look gilt das Gleiche und sogar ein Splitscreen-Modus für zwei Spieler steht zur Verfügung.
Es muss ja nicht immer ein hervorragendes Grip, das feine Horizon Chase Turbo oder der denkbar beste WipEout-Vertreter Redout 2 sein, um nur mal im Indie-Bereich zu bleiben. Hin und wieder reichen auch ein paar nostalgische Rallye-Runden, so lange sie schmerzfrei fahrbar und für nicht einmal zehn Euro zu haben sind. Und wer weiß: Vielleicht nutzen die Entwickler die verbleibende Zeit im Early Access sogar, um ihren Retro-Tripp noch ein Stück näher an das Spiel mit dem blauen Flitzer zu rücken, in dem ein gewisser Colin McRae einst Rekorde einfuhr.