Outcast: Second Contact: Wie Appeal die Marke wiederbeleben und heutige Spieler ansprechen will
Game Director Yves Grolet über die Entwicklung des Remakes und die Zukunft.
Das Remake von Outcast hat einen langen Weg hinter sich. Und der verlief nicht immer auf gerader Linie. Das frankobelgische Studio Appeal, das 1999 bereits für das Original verantwortlich zeichnete und 2015 neu gestartet wurde, musste mitunter auch Rückschläge einstecken. Eine Kickstarter-Kampagne für die auf Namen Outcast: Second Contact getaufte Neuauflage verfehlte ihr Ziel zum Beispiel deutlich.
Für die Entwickler war das jedoch kein Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen. Ganz im Gegenteil: Seitdem hat man hart am Spiel gearbeitet und zwischenzeitlich mit Bigben einen Publisher gefunden, der bei der Realisierung hilft. Mit Game Director Yves Grolet unterhielt ich mich unter anderem darüber, wie es überhaupt zu dem Remake kam und wie Outcast die heutigen Spieler ansprechen soll.
"In den Besitz der Rechte zu gelangen, war ein wirklich großer Erfolg für das Team. Diese erfreuliche Geschichte beginnt aber tatsächlich schon zehn Jahre früher und ist eigentlich eher traurig. Nach dem Release des Originals vereinbarten wir Ende 1999 eine Zusammenarbeit mit Infogrames für eine Fortsetzung: Outcast 2: The Lost Paradise. Sie war für 2002 geplant und sollte für PS2 und PC erscheinen. Wir arbeiteten rund anderthalb Jahre an dem Projekt und nichts war uns zu groß. Unsere Ambitionen waren gewaltig, wir mussten den Erwartungen gerecht werden, die Outcast geschürt hatte", sagt Grolet im Gespräch mit Eurogamer.de.
"Kurz gesagt: 2002 gab es bei Infogrames (das bald zu Atari werden sollte) infolge der Internet- und IT-Blase eine kleine finanzielle Krise, weswegen sie sich für einen Entwicklungsstopp entschieden. Wir mussten bekannt geben, dass das Spiel auf einen 'nicht näher benannten Termin verschoben wurde'. Appeal meldete kurz darauf Insolvenz an. Es war für alle enttäuschend, aber das Kernteam von Appeal hatte eine starke Bindung und eine gemeinsame Liebe für das Outcast-Universum entwickelt. Das führte dazu, dass wir 2013 die Rechte von Atari zurückkauften. Ja, es war ein langfristiges Ziel, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir dafür nicht die nötigen Mittel."
Im Jahr 2014 startete man dann wiederum eine Kickstarter-Kampagne zum Outcast-Remake, die ihr Ziel jedoch deutlich verfehlte. Am Ende kamen nur rund 268.000 der angestrebten 600.000 Dollar zusammen. Anschließend schaute man sich im Detail an und analysierte, was währenddessen schiefgelaufen war. Ebenso gesteht er ein, dass man "zu selbstsicher" gewesen sei.
"Wir waren unvorbereitet und haben nahezu nichts getan, um neue Unterstützer anzusprechen - diejenigen, die das Original nicht gespielt haben. So merkwürdig das klingen mag, aber sobald sich der Staub gelegt hatte, verschafften uns diese Misserfolge tatsächlich neuen Mut und wir dachten nun positiv: Outcast braucht ein vernünftiges Remake. Nach rund einer Woche Selbstreflexion machten wir uns alle wieder an die Arbeit. Wir setzen uns zum Ziel, uns auf einen frühen Prototyp zu konzentrieren, der uns dabei helfen sollte, eine Finanzierung für das Projekt zu sichern", erklärt er.
Im Sommer 2016 kündigte Bigben dann schließlich Outcast: Second Contact an und das Projekt erschien plötzlich nach langer Pause, in der viele wohl schon die Hoffnung aufgegeben hatten, wieder auf der Bildfläche. In der Zeit, in der nichts vom dem Projekt zu hören war, wurde unterdessen fleißig gearbeitet: "Wir arbeiteten hart und ein Misserfolg war keine Option. Wir hatten einfach keine andere Wahl, als irgendjemanden davon zu überzeugen, dass es das wert war. All unsere Ersparnisse standen auf dem Spiel!", verrät er.
Bigben Interactive war eines der Unternehmen, an das man sich wandte. Das mittelgroße Unternehmen ist nicht weit von den Entwicklern entfernt ansässig, außerdem teile man die Vision der Entwickler im Hinblick auf das Spiel, sagt Grolet. Zudem wusste das Team, dass sie sich nach mutigen Projekten umschauen und am Ende konnten sich beide Seiten recht schnell einigen. Outcast: Second Contact war gerettet.
Schaut ihr euch Videos oder Screenshots zu dem Projekt an, springen euch die deutlichen technischen Verbesserungen direkt ins Auge. Es wurde wirklich umfassend daran gearbeitet, das Original zu verbessern, was die Entwickler wiederum vor einige Herausforderungen stellte.
"Es stimmt, dass das Spiel im Vergleich zum Original deutlich anders ausseht. Aber es ist nichtsdestotrotz ein originalgetreues Remake. Wir verwenden eine verbesserte Version des Original-Quellcodes in C++, der innerhalb unserer neuen Spielengine Unity läuft. Unity kommuniziert ständig mit dem Quellcode und zentralen Spielkomponenten wie dem Level-Design, dem Quest-System und der KI. Wenn man das Spiel gespielt hat, fühlt man sich nicht verloren", erklärt Grolet.
"Aber es ist keine leichte Aufgabe, 18 Jahre voller technologischer Verbesserungen aufzuholen und das gleiche, Ehrfurcht einflößende Spielerlebnis zu bieten wie damals. Wir konzentrierten uns primär darauf, die Grafik zu überarbeiten und das Gameplay dynamischer zu machen, um moderne Spieler zufriedenzustellen. Alle Umgebungen und Modelle wurden vollständig von Hand neu erstellt und wir haben sie um viele Details ergänzt. Mit Unity konnten wir die Physik und das Interface ebenfalls nachbauen und verbessern. An der Beleuchtung und den Wettereffekten haben wir gleichermaßen viel gearbeitet. Sie sind neu für Outcast und helfen uns dabei, die ursprüngliche und einzigartige Atmosphäre jeder Region von Adelpha zu vermitteln."
Die größte technische Herausforderung war Grolet zufolge, die technischen Limitierungen des Originals zu überwinden. Damals dauerte die Entwicklung des Spiels vier Jahre und es wurden viele Technologien verwendet, für die es heutzutage kein passendes Gegenstück gibt. Mit seiner Technik war Outcast damals ein revolutionäres Spiel. Aber heutzutage gibt es natürlich viele Open-World-Spiele. Da stellt sich die Frage: Wie will man mit dem Spiel das Interesse bei der modernen Spielerschaft wecken? Das sehen die Entwickler auch selbst als schwierige Aufgabe, denn etwas so Mutiges und Innovatives wie damals mit Outcast in der heutigen Zeit umzusetzen, sei eine gänzlich andere Sache.
"Ich kann den Mut von Hello Games und anderen, die dieses Risiko eingehen, nur loben. Ehrlich gesagt würde ich es nicht noch mal tun (oder vielleicht doch?). Outcast benötigte einen sehr leistungsstarken PC, als es veröffentlicht wurde. Grafikkarten waren zu der Zeit noch nicht so ein großes Thema, also brauchte man schon einen speziellen PC zum Spielen. Hinzu kam, dass es keine Bezeichnungen gab, um Open-World-/Action-Adventure-Spiele angemessen zu beschreiben. Und manchmal erscheint eine sehr immersive Erzählung eher kryptisch. Man könnte fast sagen, dass Outcast eine Art elitäres Spiel war", sagt er.
Outcast: Second Contact soll daher eine größere Zielgruppe ansprechen. Die Entwickler optimieren das Spiel für Konsolen, es gibt mehr erkennbares Feedback und Anhaltspunkte und Bigben bemüht sich darum, der Marke eine Frischzellenkur zu verpassen. Damit möchte man erreichen, dass nicht nur die Kenner des Originals, sondern ebenso die heutigen Spieler einen Abstecher nach Adelpha machen, Cutter und Co. kennenlernen und das Gefühl bekommen, dass dies nur der Auftakt einer Reise ist.
Der Auftakt einer Reise? Das klingt danach, als ob man sich vorstellen könnte, die Pläne für eine Fortsetzung nochmals aufzugreifen. Grolet dazu: "Natürlich gibt es sehr viel mehr Abenteuer, die Cutter erleben könnte. Wir konzentrieren uns derzeit aber nur darauf, aus Outcast das bestmögliche Remake zu machen. Sowohl für die Spieler als auch für uns ist dieser Teil ein wichtiger Meilenstein. Es ist der erste Teil der Saga, die wir im Kopf haben, und das erste Mal, dass viele Spieler Cutter kennenlernen und nach Adelpha reisen. Wir lernen aufgrund von Gesprächen mit der Community und dem erhaltenen Feedback immer weiter dazu. Wir haben viele Ideen für die Zukunft und hoffen, dass ein erfolgreiches Outcast: Second Contact den Weg für künftige Projekte ebnet."
Im Remake wird abseits der Technik auch noch das ein oder andere mehr verändert, zum Beispiel bekommt Cutter neue Moves und es gibt ein neues Interface. Vor allem will man die ganzen Feinheiten des Originals zum ersten Mal richtig sichtbar machen. All eure Aktionen haben im Spiel Auswirkungen auf Balance der Spielwelt. Wie genau, will man durch visuelle Hinweise veranschaulichen. Ebenso könnt ihr mit Cutter nun etwa eine Ausweichrolle vollführen, womit man auf das dynamischere Gameplay und die schnellen Schusswechsel reagiert.
"Was die Welt selbst betrifft: Wir haben zwei neue Locations erschaffen - keine Welten, sondern kleinere Innenbereiche -, um einige Fragen zu beantworten, die die Fans schon lange stellen, und vermutlich auch, um einen Grundstein für die Fortsetzung der Geschichte zu legen...", fügt er hinzu.
In den letzten Jahren haben wir jedenfalls schon viele Remakes von unterschiedlicher Qualität gesehen - manche stark verbessert, andere nur ein wenig. Wie sieht Grolet diesen Trend? "Als Entwickler, der am Remake seines eigenen Spiels arbeitet, zerrte das Ganze ziemlich an meinen Nerven! Sollten wir uns so nah an der Vorlage wie nur möglich orientieren oder alles modernisieren? Es ist schwierig, die richtige Balance zwischen Nostalgie und Fortschritt zu finden. Ich kann diese Frage nicht gänzlich beantworten, aber unser Ziel bestand darin, das gleiche Spielerlebnis nachzubilden, selbst für die Spieler, bei denen die Standards aus Triple-A-Spielen in den Köpfen verankert sind."
Veröffentlicht wird Outcast: Second Contact für PC, PlayStation 4 und Xbox One. In Bezug auf die Switch gibt Grolet an, dass sich Nintendos Konsole definitiv für solche Spiele wie Outcast eignet, bei denen es immer etwas zu tun gibt und mit denen man zwischendurch stets ein bisschen Zeit verbringen kann.
"Es gab Gespräche, aber bestätigt wurde nichts", sagt er dazu. Zumindest macht sich Appeal Gedanken über eine Umsetzung. Ob diese letzten Endes aber kommt, bleibt abzuwarten.