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OutRun Online Arcade

Gib Gas, hab Spaß

Manchmal, da scheint es mir so, als hätten Deutschlands Spieler vergessen, worum es bei unser aller Lieblingshobby eigentlich geht. Nicht um Systemkriege Marke „meine PS3 ist viel stärker als deine 360“, nicht um weinerliches Getue im Sinne von „buhu, Nintendo hat uns verlassen“, und nicht um ständigen Ärger wegen einer Zensur hier und einer Lokalisationsänderung da. Nein, in erster Linie geht es noch immer darum, Spaß zu haben, abzuschalten und für eine Weile mal die ganze wirtschaftskriselnde Umwelt, die ganzen betretenen Innenministervisagen, die nervigen Kollegen und den nöhlenden Boss zu vergessen.

Und genau zu diesem Zweck hat SEGAs große Eminenz Yu Suzuki OutRun geschaffen. Denn was gibt es Besseres, als im offenen Ferrari mit einer rassigen Blondine auf dem Beifahrersitz weit, weit weg zu fahren, ohne sich um Rundenzeiten, Platzierungen, Tuning, Bremsverhalten oder drängelnde Konkurrenten zu sorgen?

In Zeiten von Gran Turismo, Forza Motorsport oder Burnout ist OutRun eigentlich ein riesiger Anachronismus. Das Fahrverhalten nicht nur arcadig, es ist sozusagen schon die Definition dessen, was wir als Arcade kennen gelernt haben. Die Auto-Auswahl ist ausgesprochen überschaubar und für eine komplette OutRun-Session braucht man vielleicht fünf Minuten, dann hat man eines der fünf Ziele erreicht und betrachtet mehr oder weniger Stolz seine benötigte Zeit. Aber genau diese Einfachheit ist die große Stärke des Spiels.

An Checkpoints wird das Zeitkonto aufgefüllt.

Denn OutRun entspannt. Klar, so mancher Streckenabschnitt ist schon etwas fordernder und verlangt nach sauberen Drift-Manövern. Aber selbst wenn man dann eben im vierten Abschnitt scheitert, dann startet man einfach von vorne und macht es beim nächsten Anlauf sicher ein ganzes Stück besser. Euer einziges Feind ist der Timer, der immer weiter herunter zählt, nach jedem absolvierten Streckenabschnitt jedoch wieder ein Stück aufgefüllt wird. Hier und da fährt auch ein Wagen mit, der als Rivale gekennzeichnet ist. Aber der bringt Euch beim Überholen eben einfach ein paar Punkte, mehr nicht.

Und habt Ihr nach wenigen Sessions dann das Fahrgefühl verinnerlicht, dann beginnt der wirklich genussvolle Teil des Spiels. Denn auch wenn der Automat, auf dem OutRun Online Arcade basiert, bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hat, und die saubere Grafik rein technisch gesehen natürlich nicht mit modernen Rennspielen mithalten kann, so zeigt die Präsentation doch ihre zeitlosen Qualitäten, vor allem dank des hervorragenden Streckendesigns.

Egal ob Ihr am Strand entlang fahrt, durch eine an San Francisco angelehnte Stadt brettert, an einem rauschenden Wasserfall vorbeikommt oder durch einen staubigen Canyon düst, die insgesamt 15 Streckenabschnitte sind einfach so schön geraten, dass man sich schnell nicht mehr an der einen oder anderen laschen Textur oder gelegentlichen Aliasing-Probleme stört. Es ist das Gesamtbild, das zählt und bei dem OutRun so beeindruckt, sei es ob Ihr einfach nur eine Runde im Arcade-Modus fahrt, im Herzattacken-Modus die Wünsche Eurer Beifahrerin erfüllt, oder im Online-Modus mit ein fünf weiteren Mitspielern gemeinsam um die Wette in den Sonnenuntergang fahrt.

OutRun Online Arcade destilliert in sich die Essenz dessen, was SEGA zu goldenen Arcade-Zeiten so groß gemacht hat. SEGA Rally, Daytona USA, Scud Race – das sind große Namen, die auch heute noch für glänzende Augen bei alten Spielhallen-Hasen sorgen. Und OutRun reiht sich nahtlos in diese Reihe der Arcade-Rennklassiker ein. Man merkt dem Spiel sein extremes Feintuning an. Jede Kurve hat den perfekten Schwung, jeder Baum steht an der richtigen Stelle. Hier waren nicht nur kompetente Designer am Werk, OutRun ist ein Zeugnis der Sorgfalt und Fähigkeit seiner Entwickler und fast schon ein letzter Gruß aus einfacheren Rennspiel-Tagen, als man sich nicht um Schadensmodelle, naturalistisch nachgebaute Originalstrecken oder realitätsnahes Fahrverhalten sorgte.

Schön. Einfach nur schön.

Würde dieser vom britischen Sumo Digital-Team stimmig auf HD-Auflösung aufpolierte Klassiker nun als Vollpreis-Spiel erscheinen, wäre ich als Tester jetzt natürlich in einer gewissen Preis-Leistungs-Zwickmühle. Aber da OutRun Online Arcade für gerade mal 800 MS-Punkte beziehungsweise 10 Euro im PlayStation Network angeboten wird, bleiben mir derartige Schwulitäten erspart und ich sage es gerade heraus: Was SEGA da abliefert, ist ein Pflicht-Download. Jeder Spieler schuldet es sich selbst, zumindest in der kostenlosen Demo einmal für ein paar Kilometer Gas zu geben.

Für Spiele wie OutRun Online Arcade sind die Download-Portale der Konsolenhersteller wie gemacht. SEGA und Sumo Digital offerieren ein kleines, aber ausgesprochen feines Renn-Paket, wie es in der heutigen Zeit zwischen all den hochgezüchteten Renn-Simulationen eigentlich keinen Platz mehr hätte. Mit seinem herrlichen Drift-Verhalten, den bildschönen Strecken, seinem Online-Modus und Bonus-Features ist OutRun Online Arcade das Maximum an Fahrspaß, das Ihr für 10 Euro bekommen könnt.

Deswegen hoffe ich, dass OutRun Online Arcade ein Erfolg wird. Nicht nur, damit SEGA vielleicht neben den 15 OutRun 2 SP-Strecken auch die 15 Strecken der regulären Version nachschiebt und sich ausführliche Gedanken macht, ob es nicht klug wäre, weitere Klassiker wie Daytona USA oder Scud Race in ähnlicher Form zu veröffentlichen. Vor allem hoffe ich für Euch Spieler da draußen, dass Ihr SEGAs Ferrari-Spritztour genauso verfallt wie ich. Denn nirgendwo sind die Straßen so schön, die Drifts so lang und die Himmel so blau wie in OutRun Online Arcade.

OutRun Online Arcade ist ab sofort auf Xbox Live Arcade und im PlayStation Network für schlappe 10 Euro erhältlich.

8 / 10

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