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Overlord

It's good to be bad?

Preisfrage: Was passiert, wenn ein Haufen irrer Holländer seine wilden Machtphantasien auslebt? Richtig, die UNO würde eingreifen, ab sofort den legalen Verkauf getrockneter Grünpflanzen verbieten und aus Sicherheitsgründen gleichzeitig alle Käsevorräte vernichten – man weiß ja schließlich nie. Soweit kommt es aber zum Glück nicht! Der im niederländischen Delft ansässige Entwickler Triumph hat seinen Machthunger ganz spielerisch mit Overlord für die Xbox 360 gestillt, dem interaktiven Leitfaden zur Übernahme der Weltherrschaft.

Eine prima Sache, denn wer wollte nicht schon immer mal den bösen Dispoten spielen, seinen Untergebenen fröhlich in den Arsch treten und sich am Ende selbstgefällig die Krone aufsetzen? Es scheint, als würden mit Overlord nicht nur die Herrschaftsphantasien der Holländer, sondern auch rücksichtsloser Spieler wahr, die sich die Frage stellen müssen: Darf ich böse sein? Oder noch viel interessanter: Wie böse darf ich überhaupt sein?

Theoretisch dürft Ihr richtig den Fiesling raus lassen - Overlord kennt keine moralischen Grenzen und der Begriff „gut“ ist in der Fantasywelt von Spree im Laufe der Jahre sowieso relativ geworden. Die einstigen Helden kamen zwar in guter Absicht, verfielen aber der Fresssucht, der Habgier oder der Trägheit und ließen ihre Untertanen im Stich. Wer zufällig aus reiner Neugier öfter im Katechismus der Katholischen Kirche blättert oder wer einfach nur den Film „Sieben“ gesehen hat, wird hier schnell die Todsünden wiedererkennen, die für die gefallenen Helden Pate standen.

Bei Overlord ausdrücklich erlaubt: Zwerge im Dutzend abfackeln!

Damit wieder Zucht und Respekt in das heruntergekommene Königreich einzieht, befreit Ihr in Overlord als tyrannischer Herrscher das märchenhafte Land von den alten Helden und baut nebenbei Euren Turm der Dunkelheit wieder auf. Nur leider liegen die Einzelteile überall im Königreich verstreut, und Eure Ressourcen und Fähigkeiten sind zu Beginn noch begrenzt – doch auch dieses Problem lässt sich lösen, wie sich später zeigt.

Wer in seiner heimischen Bibliothek Softwareklassiker wie Dungeon Keeper, Gobliin Commander und Pikmin stehen hat, darf sich auf Overlord freuen. Triumph schmeißt alle Zutaten der legendären Vorbilder in einen Topf und kocht daraus ein leckeres Fantasy-Süppchen, das ein bisschen nach Rollenspiel duftet, aber nach Strategiepos schmeckt und mit einer guten Prise Action-Adventure abgerundet wurde. Klingt nach einem delikaten Mahl, aber wie verdaulich ist der bunte Eintopf wirklich? Nun, das kommt ganz darauf an, wie Ihr Overlord spielt.

Aus diesen Quellen entspringen die Schergen.

Hantiert Ihr mit der Steuerung wie in einem regulären Third-Person-Titel, was aufgrund des prall gefüllten Genre-Mixes nicht von ungefähr kommt, kann sich die Steuerung durchaus als Stolperstein erweisen. Eine Vorgehensweise á la Pikmin ist hier eher angebracht, und dann überrascht Overlord auch sehr positiv. Mit den beiden Ministicks steuert Ihr simultan Euren damönischen Höllenfürsten und die wuselige Bande untergebener Diener, die so genannten Schergen. Die armen Kreaturen, eine hässliche Mischung aus Gremlin und Goblin mit einem Schuss Gollum obendrauf – nicht schön, aber dafür treu und doof - sind zu jeder Schandtat bereit. Binnen Sekundenschnelle heißt es „Auf in den Kampf“, ertönt Eurerseits ein Befehl.

Da die Ministicks belegt sind, wird Euch auf der Xbox 360 allerdings jegliche Möglichkeit der manuellen Kamerajustierung genommen; per Knopfdruck rutscht der Blickwinkel lediglich hinter den Höllenfürsten. Ein Problem, das sich im hektischen Kampfgeschehen durchaus negativ bemerkbar macht, da die Übersicht minimal leidet. Von diesem kleinen Patzer abgesehen, geht die Steuerung des Overlords und der Schergen für ein überwiegendes Echtzeit-Strategiespiel auf einer Heim-Konsole erstaunlich intuitiv von der Hand, und das Plündern und Brandschatzen kann beginnen, um reichlich Gold für den Wiederaufbau des Turms zu beschaffen. Genau das, was einem fiesen Herrscher und seiner Gefolgschaft Freude bereitet.