Owlboy: Der Moment der Veröffentlichung "war das erste Mal, dass unser gesamtes Team zur gleichen Zeit weinte"
Im Gespräch mit Owlboy-Schöpfer Simon Stafsnes Andersen.
Als Owlboy im November 2016 erschien, war es nahezu zehn Jahre in Arbeit. 2007 angekündigt, zogen neun Jahre ins Land, bis die Spieler in den Genuss dieses Titels kamen. Es brauchte Zeit, um zu reifen. Und es ist gut gereift, wie ihr bei einem Blick in Martins Owlboy-Test feststellt. Es war eine lange, erschöpfende Reise für die Entwickler von D-Pad Studio. Und eine, die sich gelohnt hat.
Als "anstrengend, emotional und letzten Endes lohnend" bezeichnet Owlboy-Schöpfer und Game Director Simon Stafsnes Andersen den Weg bis zur Veröffentlichung des Spiels im Gespräch mit Eurogamer.de. "Wenn sich die Entwicklung dem Ende zuneigt, fühlt es sich so an, als laufe alles schief. Zusammen mit dem Druck, der durch ein Jahrzehnt voller Versprechungen entsteht, ist das sehr beängstigend. An dem Tag, an dem wir den Launch-Button auf Steam drückten, fühlte ich die größte Erleichterung in meinem ganzen Leben."
Es ist nicht leicht, über all die Jahre hinweg motiviert und zuversichtlich zu bleiben. Wie er angibt, hatte das gesamte Team Zweifel. "Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass wir alle an das Projekt glaubten und es den Leuten unbedingt zeigen wollten. Unsere Fans waren ehrlich gesagt die größte Motivation. Es war fantastisch, Conventions zu besuchen und die Leute spielen zu sehen. Eine Reise zu unternehmen, um unser Spiel zu vermarkten, spornte in gewisser Weise unsere Moral an."
Während die Jahre ins Land zogen, startete die Entwicklung in Teilen mehrfach von vorne. Aufgehört haben die Entwickler nie. Wie er erklärt, verbesserten sich die Fähigkeiten des Teams mit der Zeit und sie erkannten, dass sich durch die neu erlangten Kenntnisse Spielbereiche verbessern ließen. Das öffentlich gezeigte Material steigerte die Erwartungshaltung der Spieler, wodurch sie sich verpflichtet fühlten, diese nicht zu enttäuschen. Ein Perfektionist ist keiner bei D-Pad Studio. Das Ziel war, "ein Spiel abzuliefern, das jeder spielen möchte".
Die Idee für Owlboy entstand zu einer Zeit, als Nintendo die Wii ankündigte und 3D-Gaming sich etabliert hatte. 2D- und Pixel-Art-Spiele hatten den Ruf, nicht mehr modern zu sein, anstatt als alternative Kunstform zu gelten. Daraus entstand der Gedanke, ein Projekt zu erschaffen, das die Stärken von Pixel-Art veranschaulicht und es wieder relevant macht.
"Gleichzeitig war das Konzept ein auf Super Mario 3 und den Flugmechaniken von Kid Icarus basierendes Gedankenexperiment. Die Idee war, dass ihr Dinge wie fliegende Inseln mit Leuten erreicht, die eine andere Sprache sprechen als ihr, wenn ihr frei durch die Gegend fliegt. Das war die Inspiration dafür, dass der Protagonist stumm ist. Für den Hauptcharakter gab es viele verschiedene Variationen, am Ende entschieden wir uns für eine Eule", erläutert er.
"Ich zog viele unterschiedliche Tiere für den Hauptcharakter in Betracht, bis meine damalige Freundin und heutige Frau eine Eule vorschlug. Das führte zu ersten Skizzen der fünf Hauptcharaktere. Daraus entstanden all die Hauptkonzepte des Spiels."
Wie Andersen anmerkt, gelten Eulen in der westlichen Welt als Vogel der Weisheit. Dies griffen die Entwickler auf und entwickelten es weiter. Oftmals erstellte er die Skizze für einen Hintergrund oder ein Gebiet und fügte dann zufällige Strukturen und Symbole hinzu. "Diese Symbole interpretierte ich, um die Hintergrundgeschichte dieser Welt auszuarbeiten. Eines der wichtigsten Story-Elemente resultiert aus der Interpretation eines Symbols, das ich von Beginn der Entwicklung an zeichnete."
In Owlboy steckt dabei viel Persönliches. Wie er betont, ist das bei fast jedem Projekt der Fall. Andersen verfolgte seine eigene Philosophie mit dem Spiel, abseits dessen wirkten sich Ereignisse wie die Zerstörung seines Elternhauses durch einen Brand oder der Verlust von geliebten Menschen innerhalb des Teams auf das Spiel aus. Der Stress der Entwicklung und sein jahrelanger Kampf gegen die Depression färbten ebenfalls ab.
Die nahezu ein Jahrzehnt andauernde Arbeit bezeichnet er als wahrscheinlich größte Herausforderung des Projekts, mal abgesehen von den üblichen Dingen wie der Sicherung der Finanzierung der Entwicklung oder der Vermarktung. "Alle Probleme lassen sich mit ausreichend Enthusiasmus überwinden. Aber wenn sich das, woran du arbeitest, wie ein Antagonist anfühlt, ist das eine gänzlich andere Herausforderung", erklärt er.
Seit langer Zeit beschäftigt sich Andersen mit Pixel-Art. Sein Ziel war, das Medium voranzubringen und zu zeigen, wie man es richtig macht. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, dass er kein Interesse an 3D hat. Er glaubt, dass es zahlreiche Leute gibt, die in diesem Bereich wundervolle Arbeit leisten. Als Inspiration für den Grafikstil von Owlboy nennt er keine konkreten Spiele, sondern bleibt allgemeiner: Nintendos Spiele und Capcoms Arcade-Titel beeinflussten maßgeblich die Gestaltung von Owlboy.
Was er gerne im Spiel untergebracht hätte, aber nicht konnte? "Große Eulen-Mechs, gewaltige Rätsel-Türme, mehrere Extra-Dungeons, ein vernetzter Knotenpunkt für verschiedene Pfade und die Antworten auf einige tiefe Geheimnisse. Ich glaube, zu den meisten dieser Dinge gibt es auf die eine oder andere Weise Andeutungen im Spiel", sagt er.
"Einmal arbeiteten wir von einer Wohnung in Austin, Texas, aus und unser Programmierer Jo-Remi beschäftigte sich mit einem besonders frustrierenden Teil des Spiels, während der Rest mit der Lösung eigener Probleme beschäftigt war. Wir hörten, wie er 'Spring. Spring, Otus' vor sich hin murmelte. Daraus entstand ein häufig verwendeter Running-Gag. Es ging so weit, dass unser Komponist diesen Satz von Jo aufnahm und im Logo-Bildschirm unterbrachte. Wir liebten es so sehr, dass wir daran festhielten."
Ein Bug sorgte einmal dafür, dass einer der dramatischsten Momente des Spiels zu einer Lachnummer verkam. Der Hauptwidersacher sagte in dieser Szene nicht, was ursprünglich geplant war, sondern gab nur den Soundeffekt "BONK" von sich, erläutert Andersen. Die Portierung auf die Konsolen war ihm zufolge "überraschend einfach", wenn man bedenkt, wie alt der Code ist, den das Spiel nutzt. "Wie bei allem gab es massive Herausforderungen. Die Anstrengen haben sich mehr als ausgezahlt, wenn man das Endresultat betrachtet und den Leuten dabei zusieht, wie sie es auf einer Konsole spielen."
Als Owlboy nach den vielen Jahren Entwicklungszeit endlich erschien, war das für ihn und seine Kollegen und Kolleginnen ein ungewisser und zugleich befreiender Moment.
"Am Tag der Veröffentlichung betätigten wir den Launch-Button. Da es auf all unseren PCs vorinstalliert war, wussten wir nicht, ob es tatsächlich zum Kauf verfügbar ist", erzählt er. "Wir suchten einen unserer alten Computer, installierten Steam darauf und luden das Spiel runter, um sicherzugehen. Das war das erste Mal, dass unser gesamtes Team zur gleichen Zeit weinte. Zu sagen, es war eine Befreiung, ist eine Untertreibung. Dass die Leute das Spiel so sehr liebten, war nicht nur überraschend. Es bedeutete, dass wir mehr erreichten, als wir uns je erträumt hätten."
Ideen für die Zeit nach Owlboy hat das Entwicklerteam viele. Andersen zufolge gibt es 20 Konzepte, über die sich D-Pad Studio Gedanken macht. "Wir müssen uns nur über eines davon einig werden", sagt er.
Wie viel Zeit sie sich dafür lassen, ist ungewiss. Bis zuletzt waren die Entwickler weiter mit Owlboy beschäftigt, das ab heute für PlayStation 4 und Xbox One erhältlich ist.