Pacific Rim: The Video Game - Test
Statt Robotern oder Monstern würde ich lieber dieses Machwerk im Pazifik versenken.
Guillermo del Toro hat Glück, dass er keinen Film zu Pacific Rim: The Video Game drehen musste. Hätte er sich streng an diese Vorlage gehalten, wäre eine Trilogie draus geworden, in der dieselben drei Roboter (Jäger) und fünf Monster (Kaiju) neun Stunden lang sinnlos aufeinander einprügeln, immer wieder und wieder, bis auch der letzte Kinobesucher aus Verzweiflung drei Euro extra bezahlt, um die Roboter endlich mal in anderen Farben zu sehen. Auf Schauspieler hätte er verzichtet, drei Musikstücke im Wechsel dahinter geknallt und die Story mittels Standbildern und einem halben DIN-A4-Blatt an Untertiteln erzählt. Wer weiß? Vielleicht hätten manche Kritiker ihn für diese Dreistigkeit als Visionär gefeiert.
Aber ernsthaft: Es war ein Fehler, mir extra den Film im Kino anzusehen, bevor ich das Spiel via Xbox Live Arcade saugte. So trat die dürftige Qualität des Prüglers noch deutlicher zutage.
Auf der einen Seite haben wir einen sympathischen Sommer-Blockbuster mit Robotern und Monstern. Ein kurzweiliger Streifen, reduziert auf das Wesentliche (Roboter hauen Monster) und mit einer schlichten Aussage (Teamwork hilft gegen Monster). Hat mich trotz mäßiger Dialoge und flacher Charakterzeichnungen positiv überrascht, weil der Film souverän auf dem schmalen Grat zwischen Michael-Bay-CGI-Verwüstungs-Porno und geradlinigem Popcorn-Kino für Anime-Fans wandelt. Da erwarte ich keinen Hamlet, da dürfen die Schauspieler Durchschnitt und die Moral plakativ bleiben. Visuell überzeugt der Film. Für den lichtscheuen Geek, der grad keinen Bock auf Freibad hat, ist Pacific Rim jedenfalls ein guter Grund, in einem klimatisierten Kinosaal zu sitzen. Wird sogar jüngeren Zuschauern taugen. Wurde ab 12 Jahren freigegeben.
Dem gegenüber steht ein dürftiger Lizenz-Klopper mit Robotern und Monstern. Ein enttäuschendes Machwerk, reduziert auf das Nötigste (Roboter hauen Monster) und von einer kühl kalkulierten Vermarktungslogik durchzogen: Pfeift auf Teamwork! Jeder kämpft gegen jeden! Sonst müssten wir am Ende noch neue Charaktermodelle entwerfen oder eine richtige Story entwickeln, statt zweckfreie Kämpfe aneinanderzureihen. Überrascht hat mich an diesem Machwert besonders, dass mit Yuke's eigentlich ein routiniertes Entwicklerstudio verpflichtet wurde, das zig Wrestling- und UFC-Titel auf dem Kerbholz hat. Mein Rat an jeden lichtscheuen Geek: Bevor ihr euch diesen Titel ladet, geht lieber noch mal ins Kino. Oder doch ins Freibad.
Dreiste Abzocke per Download
'Pacific Rim: The Video Game' ist zwar noch kein 'Weaponlord' oder 'Rise of the Robots', aber unterm Strich kaum mehr als der typische Lizenz-Ramsch, der schnell produziert und noch schneller langweilig wird. Und das, obwohl man jedes Bauteil der Jäger aufrüsten und neu kombinieren darf und sogar als Kaiju in den Ring steigen kann. Doch nicht einmal fanatische Fans im Teenageralter wird das länger als einen Nachmittag motivieren. Selbst der Online-Mehrspieler-Modus für Premiumkunden mit Xbox-Live-Gold-Status hat mich kaum mehr als fünf Minuten auf dem Sitz gehalten. Das Matchmaking war, vermutlich mangels Spieler, meist unausgewogen oder brach die Suche erfolglos ab. Ein lokales Versus-Spiel wollte ich keinem meiner Bekannten zumuten. So gemein bin ich dann doch nicht.
Besonders frech finde ich jedoch, dass man zusätzlich zu den 10 Euro Kaufpreis (800 Microsoft Points) nochmals drei Euro (240 Points) hinlegen muss, um seinen individuellen Jäger-Roboter dauerhaft farblich anzupassen. 320 Points kostet es, wenn man zwei weitere Stages für die Mehrspieler-Gefechte freischalten will - insgesamt gibt es vier Szenarien. Noch mal 320 Punkte werden jeweils für die drei Kaijus fällig, die nicht mittels Erfahrungspunkten freigespielt werden können.
Apropos: Erfahrungspunkte gibt es ebenfalls für Microsoft-Punkte zu kaufen. Bis zu 280000 XP für 800 Points. Ein Sündenfall, denn damit kann man seinen eigenen Kämpfer mit passiven Stats gehörig aufmöbeln und im Mehrspieler-Part einiges anrichten. Fairerweise sei festgehalten, dass ich trotzdem niemandem einen Vorwurf draus mache, wenn er sich das elendige Grinden im Einzelspielermodus ersparen will. Immer wieder die gleichen zwölf "Story-Missionen" (Euphemismus!) zu spielen, um an die nötigen Erfahrungspunkte für bessere Statuswerte, Bauteile und Moves zu kommen, ist furchtbar eintönig. Die Survival-Einsätze sind nicht viel besser. Hier bekommen die Feinde bloß ein paar zusätzliche Boni verpasst und man wird zwischen den Runden nicht geheilt.
Mach langsaaaaaaaaaaaaaaaaam!
Dabei haben die Entwickler durchaus ein paar kluge Einfälle gehabt, um das Kampfsystem an die Filmvorlage anzupassen. Da die Jäger nur mit zwei Pilotenhirnen an Bord funktionieren, hat jeder Roboter zwei Lebensleisten. Eine für rechts und eine für links. Wird eine Seite des Roboters zu oft getroffen, geht die Verbindung der beiden Piloten flöten und ihr könnt nur noch die Attacken der intakten Hälfte ausführen. Das bedeutet freilich auch, dass sich mal eben eure fünf verfügbaren Angriffe halbieren. Yeah! Noch weniger Wahlmöglichkeiten! Tolle Idee! Da kann ich ja gleich den Indie-Prügler 'Divekick' zocken.
Wenn 2500 Tonnen gepanzerter Roboterstahl und außerirdisches Echsenfleisch aufeinander krachen, verlangt die kolossale Wucht solcher Titanen nach langsamen Bewegungen.
Außerdem haben Spiel und Film das Motiv der "Entschleunigung" gemeinsam: Wenn 2500 Tonnen gepanzerter Roboterstahl und außerirdisches Echsenfleisch aufeinander krachen, verlangt die kolossale Wucht solcher Titanen nach langsamen Bewegungen, um die Masse und Größe der beiden Gegner widerzuspiegeln. Den Filmemachern gelingt das Kunststück hervorragend. Das Spiel hingegen versucht, den einzelnen Schlägen über ein Energie-System Gewicht zu verleihen - und das geht gründlich schief. Jeder Schlag und jedes Manöver kostet Energie, die sich nur langsam wieder aufbaut. Geht ein Hieb ins Leere, ist auch die Energie futsch. Steht die Power-Leiste auf 100 Prozent, könnt ihr den Kontrahenten mit einem ultimativen Vernichtungsschlag zu Boden schicken.
Was theoretisch taktisches Vorgehen fördern könnte, lässt in der Praxis jede Dynamik zwischen den Kontrahenten verpuffen. Irgendwann hat man das Timing raus und dann spielt sich Pacific Rim ungefähr so: "X drücken. Blocken und warten. Warten. Warten. Block loslassen. Ausweichen. Block halten. Warten. Warten. Warten. Warten. Warten. X drücken. Mist! Zu spät geblockt. Jetzt Tasten spammen zum Aufstehen. Blocken. Warten. Warten. Warten. Y drücken. Blocken. Warten. Warten. Warten."
Beschleunigen lässt sich das Trauerspiel gegen die KI allenfalls, indem man die Plasmakanone als Arm-Waffe auswählt und die Angriffsgeschwindigkeit via Roboter-Anpassung nach oben schraubt. Dann kann man die dämlichen Computergegner mit Hadokens, Verzeihung, Plasmakugeln zuspammen. Im Kampf gegen menschliche Gegner fehlt es hingegen an Moves, um taktisch vorzugehen. Man verlegt sich auf's (langsame) Buttonmashing.
Darüber hinaus sorgt die Kameraperspektive dafür, dass die Kämpfe verglichen mit der Kinofassung enttäuschend mickrig rüberkommen - die prügelspieltypische Totale versagt, sobald die Größe der Kontrahenten für den Zuschauer erfahrbar sein soll. Daran ändern auch die eingestreuten Nahaufnahmen bei harten Treffern und kleine Umgebungsdetails wie Hubschrauber, Autos oder Gebäude nichts. Und das ausgerechnet beim Spiel zu einem Film, dessen Protagonisten jeden Wolkenkratzer in den Schatten stellen. Traurig.
Ich kann nicht einmal den Fans des Films guten Gewissens empfehlen, dieses Spiel zu kaufen. Bevor ich jetzt herumphilosophiere, was man mit den zehn Euro Besseres anfangen könnte, rate ich schlicht: behalten! Ein paar Ideen in diesem Lizenzramsch-Prügler fand ich ganz nett, wie die zweigeteilte Energieleiste oder die individuelle Anpassung der Roboter. Aber sonst? Kampfsystem zu träge, nur eine Handvoll Moves und Kämpfer, Wiederholungen ohne Ende, null Story, dürftiger Mehrspieler-Modus, Erfahrungspunkte-Grinding und eine dreiste Download-Shop-Abzocke. Guillermo del Toro hatte den Film für sich und seine Kinder gedreht, wie er in einem Interview erzählte. Das Spiel zum Film könnte er prima als pädagogische Bestrafung für seinen Nachwuchs einsetzen. Finger weg!