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Pandora's Tower - Test

Aeron betätigt sich in männlichster Manier als Jäger und Sammler: Um seine angebetete Helena vor der ekligen Monster-Mutation zu retten, serviert er ihr pochende Herzen auf dem Silbertablett.

Was tut so ein Spieleheld nicht alles, um seiner angebeten zu helfen? Mario legt sich immer und immer wieder mit Schildkröterich Bowser an, der namenlose Held aus Shadow of the Colossus bringt 17 Giganten zur Strecke und Link reist auch mal durch die Zeit, wenn seine Zelda gerade wieder in der Klemme steckt. Da haben es die geretteten Damen doch ziemlich leicht. Peach hat wahrscheinlich schon ein bezugsfertiges Zimmer in Bowsers Schloss und die Colossus-Lady liegt auch nur faul auf einem steinernen Altar herum, während ihr Held auf den Kolossen herumkraxelt. Bei Pandora´s Tower ist das anders. Da geht Protagonist Aeron zwar auch den klassischen Helden-Aktivitäten wie Monster hauen, Rätsel lösen und Türme erklimmen nach, den unangenehmeren Teil der Aufgabe hat aber seine große Liebe Helena.

Die hat sich einen Fluch der ganz, ganz unangenehmen Sorte eingefangen: Langsam, aber sicher mutiert die aparte Dame zu einer ekligen Tentakelkreatur. Nur pochende, schleimige Monsterherzen können die Verwandlung aufhalten. Und so darf sich die arme, unschuldige und zu allem Überfluss bis zu diesem Punkt auch noch vegetarisch lebende Helena immer wieder die ekligen, kopfgroßen Fleischbrocken einverleiben, die Aeron da stolz aus den Tiefen der dreizehn Türme anschleppt. Na denn: Mahlzeit.

Es ist schon ausgesprochen effektiv, wie Entwickler Ganbarion da immer wieder den Ekel-Holzhammer schwingt. Wenn Helena da zögerlich die Zähne in die zuckenden Brocken schlägt, sich bei jedem Bissen beinahe übergibt und genau weiß, dass sie noch viele, viele weitere Herzen verspeisen muss, bis der Fluch gebrochen ist: Das ist eine wahrhaft kraftvolle Darstellung und stellt eine interessante Variation des klassischen "Rette die Freundin"-Motivs dar. Schon nach kurzer Zeit zieht es euch emotional in die doch überraschend wendungsreiche Geschichte um Aeron, Helena und den fiesen Fluch hinein.

Auch wenn Pandora´s Tower nach Xenoblade Chronicles und The Last Story der dritte Titel im Rahmen der Operation Rainfall-Initiative ist, so haben wir es hier überraschenderweise nicht mit einem Rollenspiel zu tun. Auch wenn Pandora´s Tower mit Level-Ups und einem Crafting-System daherkommt, ist es doch in erster Linie einmal ein klassisches Actionspiel, wie sie in der letzten Generation vor allem auf der PS2 heimisch waren. Aerons Abenteuer orientiert sich spielerisch deutlich an Spielen wie Onimusha, Devil May Cry oder Rygar. Mit fester Kameraführung, einem Fokus auf der bewaffneten Auseinandersetzung und ein paar auflockernden Rätseln folgt es dem alten Erfolgsrezept ziemlich präzise und natürlich auch unterhaltsam.

Ein simpler Abklatsch ist Pandora´s Tower deswegen aber noch lange nicht: Zum einen bringt die ganze Geschichte um Helena und ihren Fluch dem Spieler eine überaus starke Immersion in die Story. Darüber hinaus setzt das Spiel die Eigenheiten der Wii-Steuerung auf angenehm kreative Art und Weise um. Aeron kämpft mit einer auswechsel- und aufrüstbaren Primärwaffe und erhält dazu noch gleich zu beginn des Spiels eine mächtige Kettenpeitsche. Die ist eine echte Allzweckwaffe. Mit ihr legt ihr Schalter um, ihr holt Gegenstände heran und ihr heizt den Monstern ein.

"Der satte Ruck an der Kette fühlt sich mit WiiMote und Nunchuk sehr befriedigend und auch angenehm präzise an. "

Oft habt ihr es mit kleinen Gegnergruppen zu tun, die euch von allen Seiten beharken. Da ist es eine gute Idee, einen der Unholde erst einmal mit der Kette zu fesseln und so außer Gefecht zu setzen, während ihr euch um seine Kumpanen kümmert. Außerdem ist die Kette die einzige Art, besiegten Gegnern ihr Fleisch zu entreißen. Visiert den Monster-Kadaver an und zerlegt ihn mit einem kräftigen Ruck an der Kette. Das fühlt sich mit WiiMote und Nunchuk sehr befriedigend und auch angenehm präzise an. Schon nach kurzer Zeit ist es kein Problem, einen Gegner mit Kombos zu bearbeiten, während ihr einen anderen mit der Pointer-Funktion anvisiert. Zwar ist Pandora´s Tower auch mit dem Classic Controller spielbar und mag sich so in den ersten Spielminuten für erfahrene Actionspieler auch etwas vertrauter anfühlen. Der Verlust an Präzision in den Kämpfen ist aber erheblich und spätestens beim Kampf gegen den ersten Bossgegner stößt diese Steuerungsvariante deutlich an ihre Grenzen.

Die Endgegner erinnern unterdessen stark an bereits erwähntes Shadow of the Colossus: Auch die wirken eher wie zwar gefährliche, aber dennoch friedliche Bewohner der Türme. Erst, wenn ihr sie angreift, setzen sich die oft beeindruckend großen Kolosse zur Wehr. Schnell fühlt eher ihr euch wie der böse Aggressor, gleichzeitig wisst ihr aber auch, dass das Fleisch dieser Kreaturen die einzige Möglichkeit darstellt, den Fluch zu brechen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass ihr stets mit einem Zeitlimit zu kämpfen habt. Ihr dürft euch in den Türmen nicht zu viel Zeit lassen: Schreitet Helenas Mutation zu weit fort, dann könnt ihr sie nicht mehr rückgängig machen. Ein grafisches Element am unteren linken Bildschirmrand informiert euch über Helenas Befinden: Wird die Zeit knapp, dann ist es oft klüger, lieber erst einmal den Turm zu verlassen, um den Zustand der Herzensdame mit dem Fleisch eines Standardgegners zu stabilisieren. Und wenn ihr schon einmal zurück in eurem Basiscamp seid, dann könnt ihr gleich noch ein paar weitere Dinge erledigen. Plaudert ein wenig mit Helena oder überreicht ihr ein nettes Geschenk, um ihre Zuneigung zu Aeron zu steigern. Am Schreibtisch sichert ihr euren Spielstand, in einer Kiste verstaut ihr gefundene Gegenstände, um euer begrenztes Inventar zu leeren.

Pandora's Tower - Trailer

Und dann ist da noch die alte, geheimnisvolle Mawda: Sie ist es, die Aeron von der Natur des Fluchs und der Macht des Monsterfleischs erzählt hat, von ihr hat Aeron auch die Kettenpeitsche bekommen. Nun könnt ihr bei ihr gefundene Gegenstände und überflüssiges Monsterfleisch verkaufen, eure Ausrüstung verbessern oder mit gefundenen Rohstoffen neue Klingen erschaffen - eine vielleicht nicht ganz vertrauenerweckende, aber allemal doch praktische Art der Rundumversorgung.

Pandora´s Tower ist ein Spiel, das seinen Charme langsam entfaltet und seine Qualitäten erst nach ein wenig Spielzeit preisgibt. Anfangs wirken die Kämpfe simpel, der Ketteneinsatz umständlich und die Spielstruktur altbacken. Doch mit der Zeit fesselt euch die morbide Atmosphäre des Spiels und nicht zuletzt auch das Schicksal der armen Helena immer stärker, auch die Steuerung offenbart dann endlich ihre Qualitäten. Hier etwas Leveln, da etwas Crafting und nebenbei noch etwas Puzzelei: Diese Mischung ist zwar nicht so wirklich frisch, kann aber auch heute noch gut unterhalten und motivieren.

Die gerade auf großen Fernsehern oft etwas grob wirkende SD-Grafik reißt PS360-verwöhnte Spieler natürlich nicht mehr zu Begeisterungsstürmen hin, gefällt aber immerhin mit gelungenem Umgebungs- und Monsterdesign. Die Musik untermalt die Geschichte angenehm schummrig und die britischen Sprecher liefern saubere Arbeit ab. Den japanischen Originalton oder gar eine deutsche Synchro sucht man aber, wie erwartet, erneut vergebens.

Auch wenn Pandora´s Tower nicht so frisch und motivierend wie The Last Story und Xenoblade Chronicles daher kommt, so kann die dramaturgisch geschickt inszenierte Suche nach dem Monsterfleisch spielerisch doch überzeugen: Habt ihr euch erstmal auf Helenas Rettung eingelassen, dann werdet ihr die auch bis zu einem der zahlreichen verschiedenen Enden durchziehen.

Pandora´s Tower ist als Special Edition mit Art- und Steelbook ab dem 13. April 2012 exklusiv für die Nintendo Wii erhältlich.

8 / 10

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