Papst und Publisher in gemeinsamer Mission?
Vatikan dialogbereit und Papst Franziskus selbst begeisterter Computerspieler
Offenbar denkt der Vatikan darüber nach, in Zukunft Computerspiele für die Eigenwerbung zu nutzen, und sucht daher den Kontakt zu großen Publishern. Dies geht aus dem Entwurf eines apostolischen Schreibens hervor, das kurzzeitig auf den Servern des Vatikan abrufbar gewesen sein soll. Darin outet sich auch der neue Papst Franziskus I. als aktiver Computerspieler.
Ein anonymer Nutzer hatte das Schreiben in lateinischer Sprache beim Stöbern auf der offiziellen Seite des neu gewählten Papstes gefunden, die Bedeutung des Textes aber nicht gleich erkannt. Die Seite des Vatikan wurde in den letzten Tagen mehrfach aktualisiert - zum Teil aufgrund der Osterfeierlichkeiten, doch hauptsächlich wegen der Papstneuwahl vor 19 Tagen. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass es beim Upload der Dateien auf den Server zu einer unbeabsichtigten Veröffentlichung gekommen sein könnte. Sogenannte 'Nachsynodale Apostolische Schreiben' werden von Päpsten häufig für schriftliche Verlautbarungen genutzt. In seiner Amtszeit veröffentlichte Papst Benedikt XVI. über 130 solcher Schreiben zu verschiedenen Anlässen.
Das Dokument wurde in kürzester Zeit wieder spurlos von den Servern entfernt. Auf der Indexseite der apostolischen Schreiben von Papst Franziskus I. ist aktuell kein Eintrag verzeichnet. Eine vollständige Kopie des Textes war im Netz bislang nicht zu finden. Basierend auf einem Bildschirmfoto, das in einem italienischen Internetcafe gemacht worden sein soll, sowie aus verstreuten Forenberichten, lässt sich aber immerhin die Kernaussage des Schreibens rekonstruieren:
Glauben und Moderne
In dem Dokument mit dem Titel: "Glauben und Moderne" (aus dem Lateinischen übersetzt) heißt es, die Katholische Kirche wolle neue Wege finden, um das Evangelium zu verbreiten und die Jugendlichen weltweit anzusprechen. Hierbei komme Computerspielen eine besondere Bedeutung zu, weshalb man sich an die Publisher dieser Spiele wenden werde.
Zwar habe sich der Vatikan in der Vergangenheit kritisch zu der Rolle der Computerspiele-Industrie geäußert und beharre auf seinem Standpunkt, dass die Entwickler ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden müssten und sich zum Beispiel beim Einsatz satanistischer Symbole zurückhalten sollten (im Bild werden Diablo von Blizzard und Dante's Inferno von EA aufgezählt; später sollen zudem Clive Barkers Jericho, Painkiller und das zweite Assassin's Creed namentlich genannt werden). Allerdings glaube man auch, dass eine Zusammenarbeit zwischen katholischer Kirche und Spiele-Branche viel Gutes bewirken könne.
Im weiteren Verlauf des Dokuments sollen nicht nur konkrete Beispiele für eine derartige Kooperation aufgezählt werden (beratende Tätigkeiten, Zugang zu Archiven oder Bauplänen von Kirchen, im Austausch gegen Mitsprache bei der Konzeption, technische Unterstützung bei eigenen Projekten oder gemeinsamer PR), der neue Papst soll sich auch konkret über seine eigenen Lieblingsspiele geäußert haben.
Papst mag Mario?
So sei Papst Franziskus I. schon lange ein großer Fan von "Mario Kart", "Die Sims" und "Tetris" und habe sich zudem während seiner Zeit als Bischof in Argentinien sehr für Echtzeitstrategiespiele begeistert (damals noch unter seinem bürgerlichen Namen Jorge Mario Bergoglio). Eher ablehnend stehe er - wenig überraschend - Gewaltspielen und Werken gegenüber, die Hexerei, moralischen Verfall oder Verbrechen glorifizieren (genannt wird, laut Forenberichten, die GTA-Reihe und die Versoftungen von Harry Potter).
Ins Bild passt in diesem Zusammenhang eine unbestätigte Meldung, wonach sich der Pontifex am vergangenen Gründonnerstag nach der Fußwaschung in einem italienischen Jugendgefängnis mit den Insassen über Videospiele unterhalten habe. Ein weiterer "Tabubruch" bei dieser Gelegenheit war die Waschung der Füße zweier Frauen, obwohl die Liturgie ausdrücklich vorschreibe, dass nur Männern die Füße gewaschen werden dürfen.
Das apostolische Schreiben wäre somit nur das jüngste Beispiel einer ganzen Reihe von Vorfällen, durch die der neue Papst die konservativen Kräfte in der katholischen Kirche und seine Kritiker gleichermaßen überrascht. Zudem markiert das Schreiben eine interessante Wende beim allgemeinen Umgang des Klerus mit der Computerspiele-Industrie. So kritisierte Papst Benedikt XVI. am 20.Mai 2007 noch die Hersteller von Computerspielen in seinem apostolischen Schreiben anlässlich des 41. Welttags der sozialen Kommunikationsmittel:
"Jeder Trend, Programme - einschließlich Filme und Video-Spiele - zu produzieren, die im Namen der Unterhaltung Gewalt verherrlichen und antisoziales Verhalten oder die Banalisierung menschlicher Sexualität darstellen, ist eine Perversion - um so abstoßender, wenn diese Programme für Kinder oder Jugendliche gemacht werden. Wie kann man diese "Unterhaltung" den zahllosen jungen Menschen erklären, die unter Gewalt, Ausbeutung und Mißbrauch leiden?"
...
"Ich appelliere erneut an die Verantwortlichen der Medien-Wirtschaft, die Produzenten anzuleiten und zu ermutigen, das Gemeinwohl zu schützen, die Wahrheit zu bekräftigen, die Menschenwürde jedes einzelnen zu verteidigen und die Achtung vor den Bedürfnissen der Familie zu fördern."
Ein Statement der genannten Publisher war kurzfristig nicht mehr zu bekommen. Von den Presse-Stellen des Vatikan oder der Deutschen Bischofskonferenz gab es weder eine Bestätigung noch ein Dementi bezüglich der Authentizität des Textes. Wir halten euch auf dem Laufenden.