Parkasaurus - das bessere Jurassic World Evolution
Das Zwei-Mann-Projekt sprüht vor Liebe, Charme und Individualismus.
Würde ich heute früh Feierabend machen wollen, würde ich es bei einem Satz belassen: Stand heute, Tag zwei des Early Access dieses Zwei-Mann-Projekts, ist Parkasaurus auf bestem Wege, das bessere Jurassic World Evolution zu werden. Mehr müsst ihr eigentlich nicht wissen und doch gibt es so viel darüber zu sagen.
Zum Beispiel, dass Parkasaurus gewissermaßen alles gelingt, woran Frontier in seinem Lizenzspiel auf ordentlichem, aber letztlich ein wenig langweiligem Level scheiterte. Was das im Einzelnen war, das lest ihr am besten in unserem Jurassic World Evolution Test, aber im Kern haperte es am stets sehr gleichförmigen Ablauf, in dem man wegen der linearen Progression gefühlt immer den gleichen, sterilen Park baute und sich durch allgemein sehr oberflächliche Management-Aspekte klickte.
Selbst die Dinosaurier, der große Glanzpunkt der filmbegleitenden Park-Sim, erweckt Parkasaurus auf eine dermaßen charmante und ureigene Art zum Leben, dass man hier mindestens ein Unentschieden ausrufen muss. Das Parkmanagement-Spiel des Duos Washbear sieht auf den ersten Blick aus wie eine Frontalkollision der Jurassic-World-Urzeitbestien mit Rares legendärer, aber glückloser Viva-Pinata-Reihe, erhält durch den Low-Poly-Look und den pastellenen Anstrich aber ein ganz eigenes Flair.
Zugegeben, architektonisch errichtet man seine Parks wie auf Karopapier, ganz ohne Diagonalen. Zäune treffen immer rechtwinklig aufeinander und ausgehobene Gewässer oder aufgetürmte Hügel bestehen ebenfalls immer aus vierseitigen Grundeinheiten. Aber das gereicht dem Spiel nicht zum Nachteil. Im Gegenteil, die Struktur macht alles besser planbar und hilft dabei, sich kreativ richtig auszutoben. Die farbenfrohe, stilsichere Gestaltung und endlose Einrichtungsgegenstände verleihen euch unendlich viel Freiheit, einen höchst individuellen Dinosaurierzoo zu erstellen, in dem ihr euch selbst gerne aufhalten würdet.
Wie wäre es zum Beispiel, eure Gehege ringsum einen zentralen Food Court zu arrangieren, den ihr mit Lichterketten, Pavillons, Sitzbank-Gruppen und ungezählten Blumenkübelvariationen zu einer Erholungsoase macht, anstatt wie sonst nur die Wege entlang der Gehege mit Fressbuden zu pflastern? Torbögen, Stonehenge-Felsen, Steinwände, diverse Büsche, Bäume für unterschiedliche Biotoptypen - scrollt man so durch den Freischalt-Baum im Forschungsmenü, kann einem ob der Möglichkeiten schon schwindelig werden. Wie viele Leute arbeiten hieran nochmal?
Aber natürlich steht und fällt am Ende alles mit den tierischen Bewohnern und auch hier hat Parkasaurus so viel zu bieten, an das Jurassic World Evolution nicht auch nur ansatzweise dachte. Die Urzeittiere stellen deutlich mehr und unterschiedlichere Anforderungen an ihr Gehege. Neben der Größe ist es vor allem das Biom, das den Unterschied macht. Das zu erstellen, dafür nutzt das Spiel ein interessantes, wunderbar analoges System.
Jedes Biom ist eine Kombination aus Untergrund, Menge des vorhandenen Wassers und Bergen. Grasland ist zunächst einmal die Basis für ein Waldbiom. Viele Wasserflächen machen daraus einen Regenwald, viele Berge ergeben Taiga. Sand als Untergrund ergibt zunächst Wüste. Wird diese feuchter, wird eine Savanne (wenig Hügel) beziehungsweise Grasland (hügeliger) daraus. Und wer Schlamm als Untergrund wählt, hat ab einem gewissen Schwellenwert an Hügeln entweder eine Tundra (weniger feucht) oder ein alpines Gehege (feuchter) geschaffen. Die Art des Bioms bestimmt auch, welche Bäume, Büsche und Felsen ihr platzieren könnt, woraus wiederum die Güte der Biodiversität errechnet wird. Erst wenn die optimal ist, ist der Wohlbefinden-Balken des Bewohners in Bezug auf sein Zuhause im grünen Bereich.
Jede Art hat diesbezüglich natürlich ihre Vorlieben. Ein Triceratops wird im Regenwald glücklich, der artverwandte Styracosaurus mag es aber bergig lieber und wieder andere mögen's trocken. Doch ein angemessenes Gehege ist nicht die einzige Variable, die Auswirkungen auf das Wohlergehen eurer Bewohner hat. Natürlich muss genug Futter bereitstehen (kauft ihr im Laden direkt oder bestellt eine tägliche Lieferung) und ein Veterinär muss sich um das körperliche Wohlbefinden kümmern. Zusätzlich ist es wichtig, das Soziale zu berücksichtigen, denn einige Dinos sind Herdentiere. Je mehr Tiere in einem Gehege leben sollen, desto größer muss es aber auch sein, sonst wird's zu eng.
Gleichzeitig müsst ihr für ausreichend Privatsphäre sorgen. Hohes Gras hilft diesbezüglich ebenso wie vor Blicken geschützte Unterstände, die man erst erforschen muss. Und wenn ihr eine der die Stallungen umgebenden Wände aus massivem Beton errichtet, sind die Biester euch ebenfalls dankbar. Und selbstverständlich sind Dinosaurier auch verspielt, diese hier zumindest. Platziert also Bälle und dergleichen in ihren Ausläufen, mit denen sie dann goldig spielen.
Warum das Glück dieser Dinos so wichtig ist? Nun, glückliche Dinos spendieren euch am Ende eines Tages Herzchen, die neben den Wissenschaftspunkten, die eure niedergelassenen Forscher abwerfen, wichtige Währung für das Freischalten neuer Arten und Gehegetechnologien ist. Dadurch verleiht ihr jedem Park aufs Neue einen eigenen Charakter, was ohnehin ein gutes Stichwort ist. Ihr seht jeden von ihnen zunächst als Ei, dann als Baby aus der Pelle schlüpfen, gebt ihm dann einen Namen und ein paar Tage dauert es dann, bis sie vom Kindesalter bis zur vollen Größe heranwachsen. Dabei entsteht eine deutlich tiefere Bindung zu den Tieren, die sich auch untereinander optisch ein wenig unterscheiden, als bei den immer identischen Instant-Sauriern der Konkurrenz. Und weil ein normaler pinker Triceratops allein ja nicht schon interessant genug ist, dürft ihr ihm auch noch einen Schlapphut oder eine Sonnenbrille aufsetzen.
Im Verlauf der Entwicklung sollen die Dinosaurier sich auch noch paaren können und selbst Nachwuchs auf die Welt bringen. Aktuell kauft ihr Eier gegen unterschiedliche Fossilien - Pfotenabdrücke und Schädel - sowie Edelsteine. An die Fossilien kommt ihr über ein Zeitreiseportal. Warum genau für Fossilien in die Vergangenheit gereist werden muss, ist mir schleierhaft, aber was soll's. Jedenfalls eröffnet das eine Art Minispiel: Eine quadratische Grundfläche sollt ihr nach und nach abtragen und dabei die Fundstücke freilegen. Jeder eurer Wissenschaftler sticht dabei eine andere Form aus dem Boden aus. In der Theorie sollt ihr über cleveres Kombinieren der Formen an das Maximum an Saurierknochen kommen, in der Praxis waren diese "Expeditionen" aber der einzige nennenswerte Schwachpunkt des Erlebnisses bisher. Aber es ist ja noch Early Access.
Ansonsten macht wirklich alles eine sehr gute Figur, auch wenn an der Balance der Finanzen (noch ein Selbstläufer), dem Freischaltbaum (dauert sehr lange), dem Management der Mitarbeiter (machen ihr Ding von selbst zu gut) und den Bedürfnissen der Zuschauer (schnell zufrieden) noch gefeilt werden muss. Genau dafür ist ja Early Access da und ich habe keinen Zweifel, dass der ansonsten schon sehr polierte Titel ab sofort gerade in dieser Hinsicht den gebotenen Feinschliff erhält. Hier steckt schon fast alles drin, was ich mir von Jurassic World erhofft hatte und noch ein bisschen mehr. Ein Titel, der meine ungebrochene Dino-Faszination mit viel Humor, guter Laune und ansprechender Gestaltung und netten Kreativoptionen bedient. Dass das jetzt ausgerechnet zwei Leuten ganz allein gelungen sein soll, ist wirklich allerhand.
Entwickler/Publisher: Washbear - Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: Early Access erhältlich
PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2018 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.