Path of Exile 2 hat im Early Access schon fast alles, worauf ich gehofft hatte
Wer die Wahl hat…
Hui, wie hier die Post abgeht! Mit Schwung stürzen sich die untoten „Vasallen“ meiner Witch in eine Welle Angreifer, bevor ich eine Feuerwand errichte, Giftpfeile verschieße und noch sich selbst multiplizierenden Chaosschaden auslöse. Dutzende Kreaturen gehen in diesem prachtvollen Farbenmeer diverser Elementarzauber aufeinander los und die meisten freilich darin unter – so macht mir Path of Exile 2 schon im Early Access bedeutend mehr Spaß als jedes andere aktuelle Action-Rollenspiel.
Und ja, damit meine ich auch Diablo 4. Wobei ich, um ehrlich zu sein, noch nie der größte Fan von Blizzards eher nüchternem Dauerklicken war. So wirkt der Genreprimus auf mich jedenfalls im Vergleich zu der Fortsetzung von Path of Exile, die zudem an angenehm plastische Kulissen einer herrlich düsteren Welt entführt und starke Bosskämpfen inszeniert.
Die erinnern nämlich eher an die Höhepunkte eines satten Action-Adventures, was unter anderem daran liegt, dass man sich vor den mächtigen Hieben vieler Gegner mit einer behänden Ausweichrolle in Sicherheit bringen. Timing und Bewegung spielen eine große Rolle und es macht einfach Laune, sich in Path of Exile 2 auszutoben – eben nicht nur wegen des ständigen Beutesammelns, sondern vor allem, weil die Action cool ist.
Nicht zuletzt gefällt mir der Rhythmus aus dem wechselnden Kampf gegen viele größere Gegnergruppen, zu denen gelegentlich auch stärkere Verbündete hinzustoßen, sowie Zwischenbossen, bei denen man sich durchaus vorsehen muss. Das Leveldesign könnte mehr Abwechslung und vor allem deutlich besser versteckte Kisten oder geheime Räume vertragen! Abgesehen davon ist es aber ein Genuss, den verwunschenen Kontinent Wraeclast zu entdecken.
Wobei das natürlich auch daran liegt, dass man sein Alter Ego so detailverliebt zurechtschneiden kann, wie das nur hier der Fall ist. Immerhin wird man im fertigen Spiel aus satten 240 aktiven sowie ganzen 2.000 passiven Fähigkeiten wählen können und mehr als die Hälfte davon steht schon jetzt im Early Access zur Verfügung. Diese Vielfalt war schon im Vorgänger einer der wichtigsten Eckpfeiler, der für Teil zwei entsprechend ausgebaut wird.
Zusätzlich verleiht man den aktiven Fähigkeiten eine Auswahl aus 200 Verstärkern, mit denen man ihre Merkmale zum Teil deutlich verändert. Meine Hexe könnte etwa Skelette beschwören, die deutlich mehr aus- und Feinde damit länger fernhalten, im Gegenzug aber selbst weniger Schaden anrichten. Das sollte alles zueinander passen, da sich manche Fähigkeiten auch ergänzen. Einfachstes Beispiel: Feuert ein Geschoss durch meine Feuerwand, richtet es deutlich mehr Schaden an als ohne Hitzekick.
Nach etwa fünfzehn Stunden habe ich das Potential dieser Synergien selbstverständlich noch lange nicht ansatzweise ausgereizt, aber schon jetzt ist es unheimlich motivierend, zu überlegen, in welche Richtung sich mein Alter Ego entwickeln soll. Wobei ich wohl zunächst mal ein paar Fähigkeiten zurücksetzen und neu verteilen werde.
Oder baue ich doch lieber einen zweiten Charakter auf? Man kann zwar jeder Figur so ziemlich jede Fähigkeit verleihen. Jede Klasse beginnt allerdings an ihrem eigenen Punkt des „Skill-Baums“ und muss daher unterschiedlich lange „Wege“ zu den einzelnen Fähigkeitsknoten zurücklegen. Ach, und zusätzlich werden später noch hochrangige Spezialisierungen hinzukommen, die sowieso jeweils an eine bestimmte Klasse gebunden sind.
Ich wünschte nur, das Portal zurück ins aktuelle Level würde sich nicht automatisch schließen, wenn man mal länger als ein paar Minuten im Inventar herum wühlt oder seine Fähigkeiten in Ruhe sortiert. Gut, und die Geschichte gegen irgendeine böse Sache… Ich muss zugeben, dass ich fast keine Ahnung habe, was genau in Path of Exile 2 eigentlich passiert.
Ab und an geben wichtige Charaktere interessante Einblicke, was zudem durchgehend vertont ist. So wirklich von Belang ist die Geschichte allerdings nicht und ich wünschte, dass Entwickler Grinding Gear Games auch diesem Aspekt ein wenig mehr Farbe verliehen hätte. Auch wenn mir vollkommen klar ist, dass erzählerische Tiefe das Letzte ist, das hier im Vordergrund steht, und dass bisher nur drei der sechs geplanten Akte enthalten sind.
Also: Mit der im Untertitel angedeuteten Qual der Wahl meine ich natürlich nicht die Entscheidung darüber, welches Spiel man spielen soll – denn die fällt mir in diesem Fall verdammt leicht. Sowohl die satte Action als auch die spielerische Tiefe ziehen mich schon im Early Access in ihren Bann, weshalb ich dafür gerne bezahlt habe, obwohl Path of Exile 2 ab Version 1.0 free-to-play, also grundsätzlich kostenlos spielbar sein wird.
Die qualvolle Wahl bezieht sich vielmehr darauf, welchen Charakter man eigentlich wie entwickeln soll. Denn die Möglichkeiten sind dermaßen umfangreich, dass man sich vermutlich etliche Monate darin verlieren kann. Bleibt zum Schluss nur die Frage, ob ich das im Early Access schon tun will oder bis zum endgültigen Release warte. Denn dann verliert man den gemachten Fortschritt zwar nicht, allerdings werden alle bis dahin groß gezogenen Charaktere in eine spezielle Early-Access-Kategorie verschoben, was spätestens im Koop ein Problem sein könnte.
Doch das nur der Vollständigkeit halber. In jedem Fall bin ich sehr froh darüber, endlich mal wieder ein Action-Rollenspiel gefunden zu haben, dass mich anders als Blizzards letzter Hoffnungsträger auch weit über das Klicken und Sammeln hinaus begeistern kann! Das bekommen nämlich nur wenige Spiele dieser Art so überzeugend hin.