Pathway: Von Tintin Tactics zum "gutgelaunten Ritt durch die Genre-Konventionen"
Was die Entwickler inspirierte und was sie verbessern möchten.
Pathway sieht nach einem Spiel gewordenen Indiana Jones aus, das diesen Titel allein aus lizenzrechtlichen Gründen nicht trägt. "Natürlich war Indiana Jones eine wichtige Inspiration, vor allem die Teile 1 und 3 sind zeitlose Klassiker", verrät Game Designer und Autor Stephan Naujoks vom deutschen Entwicklerstudio Robotality im Gespräch mit Eurogamer.de. Prägend für die Entwickler war zugleich das Adventure Indiana Jones and the Fate of Atlantis aus dem Jahr 1992, wenngleich es spielerisch nichts mit dem zu tun hat, was Pathway als prozedural generiertes Wüstenabenteuer zu bieten hat.
Als weitere filmische Inspirationsquelle nennt er Die Mumie von 1999 im Zusammenspiel mit H.P. Lovecraft, was die übersinnlichen Aspekte des Spiels betrifft. Pate standen des Weiteren klassische Abenteuerfilme wie Lawrence of Arabia und Play Dirty mit Michael Caine, der darin den Anführer eines Sabotagetrupps an der Nordafrikafront spielt.
"Neben Computerspielen wie dem sträflich unterschätzten Saboteur von 2009 war es aber vor allen Dingen die Comic-Lektüre unserer Kindheit und Jugend, die uns inspiriert hat", ergänzt er. "Tim und Struppi von Hergé, Lee Falks Phantom oder Hugo Pratts ausufernde Comic-Epen um seinen augenzwinkernd-melancholischen Weltenbummler Corto Maltese. Unser interner 'Elevator-Pitch' war de facto kurz und bündig: Tintin Tactics, nach dem Originalnamen von Tim & Struppi."
Die Popkultur diente dabei nicht allein als Referenz, hinzu kommen "haufenweise" echte Nachforschungen. "Ich habe eine Schwäche für die Lektüre entlegener Monografien und Memoiren, vor allem solche aus der Zwischenkriegszeit, also der Jahre zwischen 1918 und 1939", erklärt er. "Das, was wir landläufig den Orient nennen, hat seit zwei, drei Jahrhunderten nicht allein westliche Forschungsreisende, Diplomaten oder Schriftsteller in seinen Bann gezogen, sondern auch Abenteurer, Randständige und Entwurzelte aller Art."
Einen nachhaltigen Einfluss auf die Geschichten des Spiels hatte diese Lektüre nicht, am Ende ließ Naujoks weitestgehend seiner Fantasie freien Lauf. Das Ziel: So weit es geht, unterhaltsame Story-Episoden und ein kunterbuntes Ensemble an Charakteren erschaffen, das zu dieser Epoche passt.
In der ein oder anderen Form wirkten ihm zufolge zum Beispiel die Bücher Die sieben Säulen der Weisheit von T. E. Lawrence und Der Weg nach Mekka nach. In Letzterem schildert der jüdische Orientalist und spätere Konvertit Leopold Weiss seine physischen und spirituellen Reisen durch den Nahen und Mittleren Osten in den 20er Jahren.
Unter anderem bekommt ihr es im Spiel mit Nazis zu tun, die das Spiel korrekt benennt. An zugehöriger Symbolik mangelt es dem Spiel, was nach Angaben von Naujoks eine ästhetische Entscheidung war. Eine, mit der das Team rückblickend "recht zufrieden" sei, wenngleich die USK ihre Richtlinien in letzter Zeit gelockert hat. Die Nazis im Spiel seien "keine historischen Nazis", vielmehr bezeichnet er sie als "Sammelsurium populärer Zerrbilder und Klischees, mit denen wir bewusst spielen".
"Pathway war von Beginn an als gutgelaunter Ritt durch die Genre-Konventionen angelegt: Haarsträubende Gefahren, unerschrockene Helden, Rettungen in letzter Sekunde", führt er aus. "Wir wollten ja nie eine bierernste Geschichtssimulation schaffen, sondern einen vergnüglichen Anekdoten-Generator, der sich nicht zu ernst nimmt."
Insgesamt arbeitete das Team vier Jahre, bis Pathway fertiggestellt war. Eine lange und streckenweise harte Zeit, da sie dies überwiegend in Eigenfinanzierung taten. Von den Planungen am Reißbrett über frühe Prototypen bis hin zum finalen Spiel habe sich das Projekt in mehreren Schüben verändert und neue Formen angenommen. Durch seinen zufallsgenerierten Aufbau bietet Pathway eine Menge Wiederspielwert. Eine bewusste Design-Entscheidung, "bei der wir die Vorzüge des einen Ansatzes gegen die des anderen sorgfältig abgewägt haben und dann unserem Bauchgefühl gefolgt sind", erklärt er.
"In der Frühzeit unserer Planung stand die Möglichkeit einer handgeschneiderten Story mit charismatischem Protagonisten und liebevoll gebastelten Leveln im Raum, aber wir haben uns zugunsten eines prozeduralen, episodischen Ansatzes dagegen entschieden", fügt Naujoks hinzu. "Das Kriterium der Wiederspielbarkeit stand dabei natürlich im Zentrum dieser Entscheidung."
Kritik erhielt das Spiel unter anderem wegen seines vereinfachten Kampfsystems. Das sah zu Beginn der Entwicklung komplett anders aus als heute. "Ursprünglich haben wir mit einem komplett deterministischen Ansatz herumexperimentiert: Ein Kampf ganz ohne Trefferwahrscheinlichkeiten, in dem allein verschiedene Deckungstypen die taktischen Kosten für einen Treffer bestimmen", erinnert er sich. "Das Ergebnis war ein Spielerlebnis, das viel mehr in Richtung Puzzle ging. Nicht reizlos unterm Strich, aber insgesamt hatten wir das Gefühl, dass wir uns damit zu sehr in eine Nische stellen."
In der Mitte der Produktion fiel dann die Entscheidung für einen Neuanfang. Am Kampfsystem des finalen Spiels arbeitete das Team daher zirka zwei Jahre lang. Ein System, das sich in seinen Grundzügen in die Richtung von Genre-Klassikern wie XCOM und Jagged Alliance bewegt, aber mit kompakteren Kämpfen.
"Wir haben seit dem Release von Pathway Berge an Spieler-Feedback bekommen", sagt Naujoks. "Diese Stimmungsbilder haben wir sorgfältig durchgearbeitet. Wir stehen aktuell in unseren Foren nach wie vor in einem regen Austausch mit unseren Spielern, um deren Kritikpunkte und Vorschläge aufzunehmen."
Ebenso habe das Team zahlreiche eigene Ideen für das Kampfsystem von Pathway. Derzeit läuft diesbezüglich ein Teststadium, um zu sehen, welche davon sich in die bestehende Kampftaktik einfügen lassen. Und das mit dem Ziel, dass diese allgemein eine Aufwertung erfährt.
Eine "echte Herausforderung" für die Entwickler war die Entwicklung einer Technologie, die die Pixelgrafiken mit dynamischen Schattenwürfen und Lichtern versieht. "Auf technischer Ebene war das alles andere als trivial - dementsprechend hat uns das einiges an Kopfzerbrechen bereitet, bis wir das als lauffähiges Feature im Spiel hatten", erklärt Art und Game Designer Simon Bachmann.
Entwickler seien nie zu 100 Prozent zufrieden mit dem, was sie abliefern - es gibt immer was, in das sie gerne mehr Zeit und Budget stecken möchten. "Insgesamt sind wir sehr stolz auf das, was wir als kleines Vier-Mann-Team abgeliefert haben", sagt er. "Wir freuen uns jetzt darauf, das Spiel weiterzuentwickeln mit dem ganzen Feedback, das wir von unserer Community erhalten haben."
"Das Spieler-Feedback hat uns klar gezeigt, dass es in unserem Kampfdesign noch Raum für Verbesserungen gibt", fügt Naujoks hinzu. "Dass wir dazu konkrete Ideen haben, habe ich ja bereits angedeutet." Ein anderer verbesserungsbedürftiger Bereich seien die Events und deren Distribution. "Wir möchten den Wiederspielbarkeitswert unseres Spiels weiter verbessern, Elemente, die sich aktuell repetitiv anfühlen, auf jeden Fall reduzieren."
Und dann wären da noch die Quality-of-Life-Features zur Aufwertung des Spielerlebnisses. Hier komme noch einiges, versichert Naujoks. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die "berechtigte Kritik" der Spieler " nicht ungehört verhallt". Die Entwickler haben ein gutes Bild davon, womit die Spieler die größten Probleme hatten. "Zusammen mit unserer internen Manöverkritik gibt uns das eine klare Perspektive, wohin wir uns mit Pathway in den kommenden Monaten bewegen möchten", sagt er. "Was etwaige kostenpflichtige Add-ons betrifft: Wir möchten uns zum jetzigen Zeitpunkt zuerst um das erwähnte Spieler-Feedback kümmern, das hat definitiv oberste Priorität."
Gegen Mod-Support spreche wenig, wenngleich es keine triviale Angelegenheit sei, dies umzusetzen. "Deswegen ist Modding für uns eine Sache, die wir erst dann in Erwägung ziehen würden, wenn von der Spielerschaft wirklich reges Interesse kommt", erläutert Bachmann.
Und wie sieht es mit anderen Plattformen aus? "In dieser Hinsicht gibt es Pläne und Wünsche", verrät Naujoks. Bis jetzt habe das Team diese nicht derart konkretisiert, dass sie damit an die Öffentlichkeit gehen würden. Angesichts der Aussagen bleibt der Eindruck, dass ihr Pathway in Zukunft nicht allein auf dem PC genießen könnt. Wann das Abenteuer sich auf andere Plattformen erstreckt, bleibt abzuwarten.
Mehr zum Spiel lest ihr hier: Pathway - In bester Indiana-Jones-Manier Nazis verprügeln.