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Ninety-Nine Nights

Mängelware

Heute mal ein kleines Ratespiel. Ich gebe ein paar Begriffe vor und Ihr müsst erraten, von welchem Spiel die Rede ist. Also los: Ein Kriegsgebiet. Schwer bewaffnete Charaktere. Eine Bildschirm füllende Übermacht. Kombos. Special Attacks. Bosskämpfe. Na, klingelt es schon? Falsch, nicht Dynasty Warriors. Aber schon nicht schlecht. Kingdom Under Fire? Stimmt auch nicht, obwohl es möglich wäre. Nein, die Lösung ist Ninety-Nine Nights. War aber auch wirklich eine schwere Nummer. Schließlich nutzt Triple N ein ähnliches Konzept. Innovation sieht anders aus. Spaß macht der Titel trotzdem.

In der Third-Person-Schlachtplatte des Entwicklerduos Q Entertainment und Phantagram ist die hübsche Inphyy aller Gemetzel Anfang, also der Startcharakter. Im späteren Verlauf gesellen sich noch sechs weitere Protagonisten hinzu. So zum Beispiel ihr Bruder Aspharr. Die Bande verfrachtet es in ein Allerwelts-Fantasieland, in der sie den Kampf gegen Trolle, Zwerge und andere Bösewichte aufnehmen. Natürlich nicht ganz ohne Hintergrund. Inphyy etwa ist auf Rache aus und will den Mördern ihres Vaters an den Kragen, einem fiesen Kobold mitsamt seiner Brut. Das Problem bei der Sache: Es gibt viele Kobolde, verdammt viele sogar. Ein schwieriges Unterfangen für eine Solokünstlerin. Also verpflichtet Miss Inphyy ein paar Helfershelfer, die ihr im Kampf zur Seite stehen sollen. Wohlgemerkt "sollen". Die Burschen reagieren zum Teil extrem resistent auf Befehle wie "Angreifen", "Verteidigen" oder "Stellung halten". Sonderlich hilfreich sind sie im Kampf auch nicht gerade. Zahlen wir etwa zu schlecht? Sprechen wir undeutlich? Oder - und viel wahrscheinlicher - haben die Programmierer hier etwas geschlampt?

Gib Dir die Kugel

Trotz theoretischer Unterstützung sind wir also in erster Linie auf uns alleine angewiesen. Per Druck auf die Tasten "X" und "Y" lösen wir auf den Schlachtfeldern normale Angriffe und Kombos aus. Inphyy beispielsweise zieht Troll und Co. vorzugsweise mit ihrem mächtigen Schwert einen Scheitel. Oder macht Gebrauch von ihrer immensen Sprungkraft und setzt aus luftigen Höhen zu besonders effektiven Massenvernichtungen an. Bei all diesen Aktionen gewinnt der jeweilige Charakter Erfahrungspunkte, die in Einklang mit immer mehr Kombovarianten gehen. Tote Kreaturen lösen sich übrigens nicht wie bei vielen anderen Spielen in Wohlgefallen auf, sondern "zieren" als Monumente für die Ewigkeit den jeweiligen Abschnitt. Des weiteren hinterlassen besiegte Feinde nach ihrem Ableben rote Kügelchen, die unsere Power-Up-Leiste aufladen. Ist diese voll, stehen besonders wirksame Spezialattacken wie Wirbelstürme und Blitze zur Verfügung. Und schon löschen wir unsere Gegner gleich im mehrfachen Reihen aus. Die Spitze des Killerbergs ist jedoch noch längst nicht erklommen. Kontrahenten, die während eines solchen Angriffs ihr Leben aushauchen, verlieren ebenfalls Kugeln. Diesmal allerdings in einer blauen Version. Eifrig eingesammelt löst der nächste Angriff eine Art Supernova aus und putzt flächendeckend die Gegend leer.

Protest aus Asien

So weit, so unterhaltsam. Schade, dass nicht alles so buchstäblich umwerfend ist. Die mitunter recht großen Levels wären im Grunde eine feine Sache, gäbe es Rücksetzpunkte. Nicht gerade prickelnd, wenn man 30 Minuten lang einen Abschnitt beackert, kurz vor dem Ende den Löffel abgibt und dann komplett von vorne anfangen muss. Sieht irgendwie schwer nach künstlicher Spielzeitstreckung aus. An Technik und Kameraführung sollten die Entwickler bis zum Erscheinungstermin auch noch etwas feilen. Der Blickwinkel ist zwar justierbar, so richtig optimal ist aber keine der Ansichten. Ganz zu schweigen von den unschönen Clipping-Fehlern, die den schicken Lichteffekten jeglichen Glanz nehmen. Besonders verheerend: Ninety-Nine Nights basiert auf Massenschlachten. Und ein solches Prinzip steht und fällt mit der sauberen Darstellung eben dieser Kämpfe. Bei kleineren Scharmützeln ist alles im grünen Bereich. Quillt der Bildschirm mal so richtig mit Freund und Feind über, findet die Herrlichkeit durch entstehende Slowdowns ein jähes Ende. Das bremst natürlich den Unterhaltungswert erheblich. Bleibt abzuwarten, ob sich für die finale Version noch Besserung einstellt. Vor allem, da die japanische Verkaufsversion mit allen genannten Mängeln daherkommt.

Hack-and-Slay-Puristen dürften ihre Freude an Ninety-Nine Nights haben, wenn die technischen Probleme bis zum Relase beseitigt werden. Das Konzept mit der riesigen Gegnerschar ist zwar schon fast ausgelutscht, macht aber trotzdem Laune. Wird es ein Spiel für die Ewigkeit? Ich bezweifle es stark. Dazu ist das Ganze einen Tick zu simpel gestrickt. Und die Sache mit den fehlenden Rücksetzpunkten nehme ich den Programmierern wirklich übel. Solche "Lass uns die Spielzeit aufblähen"-Tricks müssen nicht sein.

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