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PDXCON 2018: Die Highlights der Paradox-Messe

Aus Schweden kommt mehr als Ikea und Abba.

Mehr als 1.000 zahlende Besucher und dutzende Redakteure, wo noch vor fünf Jahren eine Handvoll Hardcore-Fans mit ihren Ikonen durch die Bars Stockholms zog: Die als halbprivates Treffen gestartete PDXCON ist seit 2013 ebenso gewachsen wie Paradox selbst. Der schwedische Publisher hat den Kiez der Ikea-Hauptstadt längst gegen eine schmucke Event-Location getauscht, in der erst am vergangenen Wochenende von Pressekonferenzen über Lan-Partys bis hin zu Live-Musik so ziemlich alles aufgefahren wurde, was man von einer Messe idealerweise erwarten kann.

Damit dieser Wachstumstrend auch in den kommenden Jahren anhält, rollte Paradox auf seiner Haus- und Hofmesse zudem das folgende, überraschend proppere Line-up für das kommende Jahr aus.


Imperator: Rome

Wenn sogar Paradox selbst von einem "Hardcore-Paradox-Spiel" spricht, hat das durchaus Gewicht. Was im Vorfeld unter vorgehaltener Hand noch oft für Victoria 3 gehalten wurde, entpuppte sich auf der PDXCON 2018 schließlich als Imperator: Rome, ein Grand-Strategy-Game, das den Schweden wie auf den Leib geschneidert ist und die über viele Jahre und Spiele hinweg angesammelten Stärken innerhalb dieses Genres in sich vereinen soll.

Das geschieht passenderweise unter der Ägide von Johan Andersson, der 43-jährigen Personifizierung von allem, was Paradox ausmacht. Der eher distanzierte Entwickler war unter anderem an Hearts of Iron 3, Crusader Kings 2, Europa Universalis 4 und Stellaris beteiligt. Oder anders: Der Mann weiß, was er tut.

Imperator: Rome soll gewissermaßen ein Best-of-Paradox werden. Nur zu, go for it.

"Es ist Rome 2, ohne Rome 2 zu sein“, eröffnete er seine knappe Präsentation, in der aus Zeitgründen lediglich die grundlegenden Eckpfeiler des Spiels abgefrühstückt wurden. Demnach müssen Spieler auf der "größten Karte eines Paradox-Spiels überhaupt" ihr diplomatisches Geschick unter Beweis stellen. Die eurem Imperium nach und nach einverleibten Städte werden in verzweigten Menüs verwaltet, sei es durch die Wahl des richtigen Oberhauptes (die zur Auswahl stehenden Charaktere besitzen individuelle, im Laufe der Zeit veränderbare Eigenschaften) oder das gleichzeitige Jonglieren mit den vier Bevölkerungsgruppen Bürger, "Freeman", Stammesangehörige und Sklaven. Erst wenn diese in einem sensiblen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehenden Klassen ideal austariert sind, kann das eigene Reich florieren.

Weil sich aber kein expandierendes Reich ausschließlich auf Altruismus stützt, stehen militärische Operation ebenso auf dem Tagesplan eines Herrschers. Während dieser Schlachten kommt Anderssons Credo, möglichst "glaubhafte Welten" zu schaffen, besonders zum Tragen. Die Schlagkraft einer Armee wird nämlich nicht ausschließlich von ihrer Mannstärke, der Ausrüstung und wissenschaftlichem Fortschritt bestimmt. Jedes Heer ist zugleich immer auch ein Spiegelbild seiner regionalen Kultur, kämpft beispielsweise mit einzigartigen Einheiten, Fähigkeiten und Boni, die ausschließlich in diesem Teil der Welt heimisch sind.

Entwickler/Publisher: Paradox Interactive Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: Frühjahr 2019


Europa Universalis 4: Dharma

Das Problem von Europa Universalis 4 ist keinesfalls mangelnde Qualität - es ist vielmehr der Umstand, nach fünf Jahren und einem Dutzend (!) Erweiterungen zu viel davon angesammelt zu haben. Auch andere Studios lassen ihre Spiele längst nicht mehr wie heiße Kartoffeln fallen, kaum dass sie zwischen zwei Plastikdeckel gepresst in die Elektronikläden dieser Welt wandern. Paradox allerdings hat sein Grand-Strategy-Epos längst an eine Beatmungsmaschine angeschlossen und sukzessive einen immer ausschweifenderen DLC-Strauß aufgefächert, für den in seiner (fairerweise außerordentlich üppigen) Gesamtheit derzeit mehr als 200 Euro auf Steam fällig werden. 250 Euro um genau zu sein. Zweihundertfünfzig.

Die auf der PDX-Con 2018 angekündigte Dharma-Erweiterung ändert an dieser Veröffentlichungsstrategie genau gar nichts. Sie wirft vielmehr erneut zahlreiche bereits etablierte Mechaniken über den Haufen und mit ihrem expliziten Indien-Fokus zudem die Frage auf, wie genau man das "Europa" im Titel eines inzwischen weltumspannenden Spiels überhaupt noch nehmen kann. Gut ein Dutzend neuer Nationen schiebt sich hiermit auf die Weltkarte, außerdem rund 100 weitere Regionen sowie zahlreiche Änderungen am bereits bestehenden südasiatischen Raum.

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Mit durchgeboxten Reformen und ähnlichen diplomatischen Kniffen können die Regierungen dieser Länder künftig weit stärker individualisiert werden, eine "riesige Änderungen fürs Spiel" sei das, so Paradox. Überhaupt fühlt sich Dharma primär pazifistischen Optionen verpflichtet, überarbeitet unter anderem die in der Cossacks-Erweiterung eingeführten Estates bzw. Ländereien (die nun frei für alle Spieler verfügbar sind - auch jene ohne die entsprechende Erweiterung) sowie die bislang eher inflexiblen Policies. Hinter letztere machte man bislang buchstäblich nur alle paar Stunden einen Haken und strafte das entsprechende Menü anschließend mit Missachtung. Nach dem Großreinemachen sind sie nun in administrative, militärische sowie diplomatische Policies unterteilt und überhaupt deutlich komplexer. Außerdem könnt ihr demnächst Unternehmen chartern, aufmüpfige Rebellen gezielt unterdrücken - und Elefanten reiten.

Entwickler/Publisher: Paradox Interactive Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: 2018


Hearts of Iron 4: Man the Guns

"Da wir uns mit der aktuellen Erweiterung noch in einem sehr frühen Stadium befinden, kann ich ihnen leider keine Spielszenen präsentieren", erklärt der Entwickler beim Starten seiner Power-Point-Präsentation. Nun könnte man augenzwinkernd fragen, ob dieser Unterschied bei einem primär aus Textboxen, Schaltflächen und weiteren Textboxen bestehendem Spiel überhaupt jemandem aufgefallen wäre. Die Präsentation gleicht Hearts of Iron 4 tatsächlich, allerdings auf einer sehr viel strukturelleren Ebene: Wie das Spiel ist sie pragmatisch, voller relevanter Informationen - und leicht zu unterschätzen.

Nachdem die vorherigen Erweiterungen den Boden- und Luftraum erkundeten, konzentriert sich Man the Guns auf die nautische Kriegskunst. Ihr designt eure Meereskreuzer, erforscht neue (Waffen-)Systeme und rüstet sie beliebig aus, klöppelt etwa ein Glaskanonen-Schiff oder eine gepanzerte Festung zusammen. Die Kähne schippern im Anschluss über die verschiedenen Weltmeere, von denen jedes seine ganz eigenen Tücken birgt, euch mal das Vorankommen erschwert oder wenig Schutz bietet. Das sichere Hindurchnavigieren obliegt den mit neuen Fähigkeiten und Eigenschaften versehenen Admirälen, deren Skills ihr ebenso bunt mischen dürft wie die Bewaffnung eurer Nussschalen. Eure individuell zusammengestellten Truppen organisiert ihr künftig innerhalb der neuen "Task Forces", ein filigraneres Gruppierungsystem, mit den Flotten weit spezifischere, detaillierte Aufgaben als bislang angehen können sollen.

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Nur: Ohne ausreichend Benzin kann euch all das herzlich wumpe sein - und zwar selbst dann, wenn ihr Man the Guns nicht besitzt. Im Rahmen der DLC-Veröffentlichungen rollt Paradox nämlich zugleich den für alle Spieler verfügbaren, üppigen Patch 1.6 "Ironclad" an die Startlinie. Der mit Abstand wichtigste Punkt dessen voraussichtlich wieder kilometerlanger Patch-Notes ist dabei die Einführung von Sprit, einer Ressource, die ihr künftig für nahezu alle Kriegsgeräte benötigt. Fortan nützt euch auch die größte Panzerdivision unmittelbar vor den feindlichen Linien nichts, wenn ihr an der logistischen Herausforderung scheitert, diese mit kontinuierlichem Benzinnachschub zu versorgen. Die dadurch verursachten Balancing-Verschiebungen sollen sich wie ein roter Faden durch weite Teile des Spiels ziehen und werden zusätzlich dadurch erschwert, dass ihr den Treibstoff nicht unbegrenzt horten könnt.

Eine Erfahrung, die ihr künftig auch verstärkt gegen andere Spieler macht, wenn es nach Paradox geht. "Unsere Mehrspieler-Szene ist überraschend klein", gestehen die Schweden während der PDXCON und wollen euch das Organisieren von gemeinsamen Runden künftig mit "neuen Tools" erleichtern.

Entwickler/Publisher: Paradox Interactive Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: "Bald"


Crusader Kings 2: Holy Fury

Eines großes Sorry an die leidenschaftlichen Paradox-Mitarbeiter, aber sie hätten ihre Crusader-Kings-Präsentation ebenso gut auf Schwedisch halten können - das Gros der anwesenden Redakteure hätte auch nicht mehr oder weniger verstanden. Zwar wirbt zugegebenermaßen jedes im Rahmen der PDXCON vorgestellte Spiel mit seinen verschachtelten Mechaniken und verspielten Systemen. Während Planetfall und Imperator: Rome aber zumindest Neuankündigungen darstellen und die Hearts-of-Iron-Erweiterung ein "erst" seit zwei Jahren bestehendes Spiel erweitert, schickt sich Holy Fury an, dem inzwischen sechs Jahre alten Crusader Kings 2 neue Inhalte hinzuzufügen. Einem Globalstrategie-Monstrum also, das bereits "out of the box" ein Brett war und im Laufe der Zeit sukzessive an Anspruch zu- und Zugänglichkeit abnahm.

Die Holy-Fury-Erweiterung setzt diesen Europa Universalis 4 nicht unähnlichen Werdegang konsequent fort, versteckt aber nicht alle seine Inhalte hinter einer Bezahlschranke. Zeitgleich mit dem DLC erscheint ein kostenloser Patch mit dem Ziel, das Kreuzzug-System grundlegend umzukrempeln. Solch eine Tortur war bislang nur für jene mit unbedingten Siegeswillen relevant, gab anderen Spielern aber wenig Veranlassung, an den religiösen Kriegen teilzunehmen. Mit mannigfaltigen Belohnungen des Papstes sollen nun künftig genug Anreize für eine Teilnahme geschaffen werden, selbst wenn euer Beitrag zum Feldzug verschwindend gering ausfällt. Einige damit verbundene Neuerungen wie Kinderkreuzzüge bleiben allerdings Holy-Fury-Käufern vorbehalten.

Genauso wenig wie Kreuzzüge könnt ihr künftig den katholischen Klerus sowie den Papst höchstselbst ignorieren. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll weniger maulfaul werden und seine Erwartungen an euch im Zuge des "Forderungensystems" transparenter artikulieren. Wenn ihr Glück habt, erwartet der Kuttenträger lediglich, dass ihr eure Kinder als Mönche ins Kloster schickt. Ist er weniger gut aufgelegt, müsst ihr ihn schon mal durch das Abtreten eines Landes besänftigen. Amen.

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Gute Gründe, unter die Heiden zu gehen, laut Paradox einem Lieblings-Feature der Fans, das ebenfalls kräftig überarbeitet wird. Neu ist hingegen das dynamische Reformationssystem sowie die Art und Weise, wie ihr es zum Zusammenstellen völlig neuer Religionen nutzen könnt. Und um das mittelalterliche Europa anschließend von den Lehren des Fliegenden Spaghettimonsters zu überzeugen, könnt ihr praktischerweise direkt vom neuen Massenkonvertierungssystem Gebrauch machen.

Der letzte relevante systemische Einschnitt liegt im Umgang mit Freunden und Rivalen. Waren deren Meinungen bislang nur schwer zu beeinflussen, ändert sich das künftig mit der "persönlichen Diplomatie". Ihr könnt eure Buddys einladen, als Vertrauensbeweis euer Wissen mit ihnen teilen, sie anderweitig überzeugen - oder aber gezielt vor den Kopf stoßen. Ihr wisst schon, wie in Game of Thrones. Nur ohne Drachen. Und ohne Sex.

Entwickler/Publisher: Paradox Interactive Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: 2018


Brettspiele zu Cities Skylines, Crusader Kings 2, Hearts of Iron und Europa Universalis

Ein großes Spielbrett, 70 Plastikfiguren, fast 300 Karten und ein Regelwerk vom Umfang eines Telefonbuchs - das war es also, was Paradox unter einem "etwas anderen Anspieltermin" verstand. Es war tatsächlich das einzige Hands-on der Messe, aber kaum weniger theoriebezogen als die anderen Präsentationen. Kein Wunder, immerhin sprechen wir hier von Brettspielumsetzungen zu Europa Universalis, Hearts of Iron, Cities Skylines sowie Crusader Kings 2, bei denen peinlich genau darauf geachtet werden soll, den Geist der Vorlage möglichst originalgetreu einzufangen.

Dafür hat Paradox ihre Lizenzen in die erfahrenen Hände der Brettspiel-Entwickler von Free League Publishing gelegt und gemessen an einer kurzen Einführungsrunde mit Crusader Kings 2 war das eine verdammt gute Wahl. Die Adaption des Echtzeit-Globalstrategiespiels macht mit ihrer kürzlich gestarteten (und bereits finanzierten) Kickstarter-Kampagne den Anfang der vier Gemeinschaftsspiele und soll mit einer Spielzeit von zwei bis drei Stunden irgendwo zwischen dem eher einsteigerfreundlichen Fokus von Cities Skylines und dem mit fünf bis sechs Stunden abendfüllenden Programm eines Hearts of Iron liegen. Unsere schmalen 30 Minuten reichten lediglich für eine kurze Einführungsrunde, sorgten aber bereits für zahlreiche Intrigen, Überwürfnisse und Gelächter - all das also, wofür man überhaupt erst ein paar Freunde für einen Brettspielabend zusammentrommelt.


Und dann haben wir euch noch einen Artikel zu Age of Wonders: Planetfall von der PDXCON 2018 mitgebracht.

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