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PES 2010

Zurück aus dem Trainingslager

Nun besitzen die Spieler verschiedene Verhaltenskarten, von denen einige passiv sind, andere aber manuell justiert werden können. Ein Diego Militio verfügt etwa über die Karte „Torjäger“. Ist sie deaktiviert, arbeitet der argentinische Mittelstürmer fleißig mit nach hinten und holt sich die Bälle. Ist „Torjäger“ aktiv, lauert er an der Abseitsgrenze auf einen Steilpass, was Abläufe im Angriff unmittelbar verändert. Auch nach vorne drängende Verteidiger zügelt ihr auf diese Weise, während ihr im Umkehrschluss auch einen defensiven Mittelfeldmann Impulse nach vorne setzen lassen könnt.

Im Taktikbildschirm könnt ihr den Charakter der Mannschaft außerdem durch neue Schieberegler ebenfalls recht stark beeinflussen. Breite, Sturm- und Überholfreudigkeit, Kompaktheit und einige andere grundlegende Verhaltensweisen des Teams lassen sich stufenlos auf jede denkbare Strategie des Gegners anpassen. Insgesamt hat PES sein Wesen im Bereich Taktik und (Mit-)Spielfreude der Nebenmänner am meisten verändert - eine Neuerung, die ich ausdrücklich begrüße.

Besonders wertvoll sind die neuen Strategie-Optionen nicht nur im Mehrspieler-Modus (für den Konami vor allem Online endlich Besserung gelobt - was wir leider noch nicht nachprüfen können), sondern vor allem in der generalüberholten Meisterliga. Schließlich beginnen echte PES-Nerds meistens mit nicht eben optimalem Spielermaterial. Die neuen Taktik-Möglichkeiten helfen hier, das Meiste aus dem zur Verfügung stehenden Kader zu machen.

Gegnerkontakt ist der Anfang vom Ende eines Solos.

Ohnehin hat sich das Gesicht des beliebten Management-Modus deutlich zum Positiven geändert. Endlich wird nicht mehr nur in Ligen A, B, C und D gespielt, sondern eben in der englischen, italienischen, spanischen und niederländischen Liga. Und zum Glück sind jetzt auch Europaliga und Champions League mit dem entsprechenden Tam-Tam integriert, was ein echtes Atmosphäre-Plus darstellt.

Ob die Bundesliga - oder zumindest eine „Deutsche Liga“ mit verballhornten Namen - noch folgt, ist derzeit nicht bekannt. Wetten würde ich nicht darauf, doch vielleicht passiert ja noch das eine oder andere in Form exklusiver Abkommen mit einzelnen deutschen Klubs. Unwichtige Spiele gegen Abstiegskandidaten dürft ihr dankenswerter Weise erstmals per Simulation überspringen und auch der wirtschaftliche Aspekt spielt nun eine größere Rolle.

Verschiedene Sponsoren locken unter unterschiedlichen Bedingungen mit Bonuszahlungen, die Spieler wechseln jetzt erstmals gegen echte und nahezu angemessene Euros (und nicht mehr PES-Punkte, wie zuvor) ihre Arbeitgeber und endlich scheint auch die Zufriedenheit des Personals eine Rolle zu spielen. Wer zu wenig verdient oder bei einem schwächeren Club spielt, der wird die Tür aufmachen, wenn Barcelona anklopft. Und zu guter Letzt lassen sich in einer Jugendmannschaft sogar Eigenbrau-Talente rekrutieren und pflegen.

Schön ist auch, dass man auf die Entwicklung dieser und der übrigen Spieler mehr und direkteren Einfluss hat. Ihr legt die Trainingsschwerpunkte fest und dürft ihnen sogar neue Positionen beibringen. Die Qualität der Spieler lässt sich auch durch zusätzliche Karten steigern, wie etwa Grätsche, Passspiel, Decken, Direktspiel und diverse Tricks. Diese wandern gegen (viel) Bares ins Repertoire der Schützlinge, um damit etwa einem defensiven Mittelfeldspieler das Schließen von Räumen beizubringen oder einem Mittelstürmer per 1-gegen-1-Scoring zum noch effizienteren Goalgetter werden zu lassen.

Nicht im Bild: Die erneuerten Elfmeter, die nun endlich auf Timing und Geschick basieren.

Auch hier zielt alles darauf ab, dem Spieler mehr Möglichkeiten zur Gestaltung seines Teams zu geben. Einige Eigenschaften, wie eben erwähnte „Torjäger“-Karte, sind allerdings quasi „angeboren“ und nicht durch Training zu bekommen. Auf diese Weise haben Ausnahme-Talente weiterhin das „gewisse Etwas“.

Tja, so wird aus einem geplanten „kurzen Preview“ über ein Sportspielupdate dann schon mal ein dreiseitiger Artikel. Das zeigt aber nur, dass sich Seabass und seine Mannen wirklich sehr viel Mühe gegeben haben, um die Fans nach den Jahren der Stagnation auf gehobenem Niveau, zu versöhnen. Es gibt immer noch einige Fragezeichen. Da wären zum Beispiel die teilweise arg lange Reaktionszeit der Spieler, einige rätselhafte Ping-Pong-Einlagen des Balls und gemeinschaftliche Mitspieler-KI-Aussetzer der Marke „Nimm du ihn, ich hab ihn sicher“. Aber das Spiel ist ja auch noch nicht fertig.

Entscheidend ist doch, dass PES sich scheinbar gut erholt hat von der (meiner Meinung nach in der Höhe nicht vollends verdienten) Klatsche des letzten Jahres. PES 2010 ist wieder mehr Simulation und fühlt sich nicht mehr an wie ein abgeschlagener, weil satter Altmeister. Es sieht alles danach aus, dass PES zumindest wieder eine echte Alternative ist. Ob es für mehr reicht, wird die Testversion zeigen.

PES 2010 erscheint am 23.10. Gebt ihm eine Chance.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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