PES 2011
"Jede Seite hat zwei Medaillen"
Seit der 2009er-Ausgabe der beiden großen Fußballspiele sehe ich mich als glühender PESler mit mehreren tausend Matches pro Ausgabe einem Problem ausgesetzt, das eigentlich keines sein dürfte: Mit dem Erstarken von EAs FIFA-Reihe hatte ich auf einmal zwei mehr als passable Fußballspiele zur Verfügung. Schön und gut, nur wurde dadurch zuletzt – zumindest bei mir – irgendein psychologischer Effekt ausgelöst, der bestimmt einen schlauen Namen hat, den ich noch nicht kenne (und falls er noch keinen hat: erinnert euch, wo ihr zuerst davon gelesen habt!).
Dieser bewirkt, dass beide Spiele im Direktvergleich hauptsächlich die Verfehlungen des Konkurrenzproduktes hervorheben, sie sogar überproportional aufblasen, anstatt für sich selbst zu glänzen. Ein echter Pressschlag im Zweikampf um meine Gunst: FIFA versaute mir PES und PES versaute mir FIFA. Letzten Endes habe ich in der Folge 2010 trotz zweier vollauf okayer, ja, sogar sehr guter Titel weniger Videospiel-Fußball konsumiert als je zuvor.
Dabei ist es nicht so, dass von meiner Seite aus kein Bedarf mehr bestünde, an dem Rundum-Glücklich-Fußballspiel. Ganz im Gegenteil. Ich will es, nur hatten beide Simulationen in meinen Augen bisher ihre liebe Mühe, im Forte des Widersachers in dem Maße zu punkten, dass man getrost auf das jeweils andere Spiel verzichten könnte.
PES 2011 gelingt es allerdings endlich, in einer wichtigen Kernkompetenz von FIFA mit dem EA-Produkt gleichzuziehen. Die nun stufenlose Steuerung und das vollkommen überarbeitete Passsystem sorgen zusammen mit den bekannten Tugenden der Serie für ein zeitgemäßes, fließendes Spielgefühl, das vermutlich nicht nur mich wieder dauerhaft zurück vor die Konsole holt.
Wo im letzten Jahr lediglich Zwischenschritte bei den Animationen während des „Im-Kreis-Laufens" vorgaukelten, die Spieler vollführten stufenlose 360-Grad Drehungen, hat Konami nun in einem Umfang nachgebessert, der mich bei meinem Erstkontakt beinahe überraschte. Es mag nicht immer so offensichtlich sein – immerhin rollt das Leder zwischen zwei Fußberührungen immer ein Stück auf einer geraden Linie –, die feinen Kurskorrekturen kommen aber dank des gedrosselten Spieltempos (Anm.: Ist aber in fünf Stufen zu variieren, ich nutze "-1") wirklich gut zur Geltung und machen die Navigation der Truppe über das Grün zu einer echten Freude.
Im Vergleich zur Vorschauversion sind nun auch die gelegentlich stotternden Übergänge zwischen gewissen Ballannahmen und dem Verarbeiten der Kulle Geschichte. Endlich können Xbox-User PES ohne Abstriche spielen und das Verbrechen von einem Steuerkreuz für Sinnvolleres nutzen, etwa als Klebefläche für dekorative Sticker. Dies ist die Innovation (sofern man analoge Steuerung Ende 2010 noch so nennen möchte), auf die wir Serienjunkies jahrelang gewartet haben. Es ist schlicht etwas, aus dem man sofort, ganz ohne große Übung, Kapital schlägt und das das eigene Spiel wie von selbst bereichert.
Da mag man schon fast gar nicht mehr die Nase darüber rümpfen, dass das Tempo der Spieler weiterhin eine komplett digitale Angelegenheit ist: Ihr lauft, ganz digital, entweder im normalen Jogg, sprintet mit einer der Schultertasten rechts und drosselt mit der anderen das Tempo. Durch einen Minimalausschlag des Sticks gemütlich das Spielgerät vor sich her zu stubsen, ist noch immer etwas, das man nur bei FIFA findet. Laut Jon Murphy, den wir auf der gamescom zur Rede stellten, sind dies die "letzten Auswüchse" der Probleme, die PES dorthin gebracht haben, wo sie heute sind: auf der Herausforderer-Position.
Dem Spielgeschehen tut dies keinen Abbruch, immerhin nimmt auch FIFA die Tasten für schnelle und gefühlvolle Dribblings zur Hilfe, und mit einem vollständig analogen Bewegungssystem hätte man den Puls des Spiels vielleicht auch in einem nicht ganz ungefährlichen Maße verändert.