Philips 298P4QJEB und 298X4QJAB - 21:9 Monitore - Test
Taugt das Format überhaupt was für Spiele?
Zwei Dinge fallen mir sofort ein, die ich loswerden möchte, bevor ich mich hier in Brot und Butter des Tests stürze. Erstens: Es gibt rechts an der Seite einen kleinen Power-Kippschalter. Den muss man erst mal finden. Oder ins Handbuch gucken, aber dieses lag meinem Testmuster leider nicht bei. Oder das Handbuch herunterladen, aber dazu kommen wir gleich noch. Also, es gibt einen kleinen, nicht ganz leicht zu findenden Kippschalter. Und so habe ich ihn gefunden: „Hallo, Support, das Testmuster läuft nicht." „Oh, das ist ja doof. Egal, wir stellen ein neues bereit, kein Problem, dann gucken wir in der Zwischenzeit, was los ist." „Cool, danke." „Eine Frage noch vorher, mag blöd klingen... aber haben Sie den Power-Kippschalter betätigt?" „Den... Power-Kippschalter...?" „Ja." „Äh... eine Sekunde... Oh Mist. Okay, läuft, alles klar, danke für die Hilfe." So, das war mein Moment der Hardware-Schande.
Jetzt zu Philips' Epos der Schande: ihre gesamte Website, von vorn bis hinten, was für eine absolute Vollkatastrophe. Jung und naiv gehe ich auf philips.de, um den Monitor einfach so herauszupicken. 520 Monitore, einer davon mag es sein. Da ich ihn unter Auswahlkriterien wie „Büro-Großbildschirm" oder ähnlich willkürlichem Blödsinn nicht finde, normale Kriterien wie Bildschirmgröße gibt es partiell, aber nicht mit 29 Zoll, versuche ich es mit dem wie immer aussagekräftigen Namen 298P4QJEB. Zwei seltsame FAQ-Einträge, keine Produktseite, kein Handbuch, kein gar nichts. Also, Google, mein Freund, zu Hilfe bitte. Handbuch gefunden, aber auf der englischen Philips-Seite. Fair enough, jetzt bitte die Produktseite auf Deutsch umschalten und... nein, gibt es nicht. Kein deutsches Handbuch, keine Produktseite, keine Software. Whatever, nehme ich halt das englische Handbuch, her mit der Software. Gibt es nicht. Zwei Treiber, die man nicht braucht - sind die Windows-Standardtreiber -, aber nicht die Philips SmartControl Software. Huch, was ist das? Auf dieser Supportseite kann ich jetzt doch ein deutsches Handbuch runterladen, das zwar diesen Monitor beschreibt, auf dem Cover aber einen anderen zeigt. Was auch immer, zurück zu Google, Software gefunden, auf den Link geklickt... Warum zur Hölle grinst mich schon wieder der Typ im Raumanzug von der deutschen Startseite an?! Rasier Dich endlich fertig und gibt mir meine Software!
Die Odyssee ging noch weiter, die Software habe ich am Ende nie gefunden und ich muss sagen, für Kunden eines Monitors, der immerhin 450 bis 500 Euro kostet, also in dem Bereich durchaus schon nicht so wenig, ist diese Website eine grausige Zumutung. Ich verlange nicht viel, aber Handbuch und Software sollten heutzutage mit drei Klicks zu finden sein. Schlimm.
Und schade, denn das Produkt an sich hat weit mehr verdient als das. Wie man dem Namen 298P4QJEB nicht so leicht entnehmen kann, ist der Philips ein 29-Zoll-Monitor im 21:9-Format, also ungefähr dem 2,35:1-Format, das bei vielen Filmen dafür sorgt, dass ihr auch bei einem 16:9-TV immer noch beim Hobbit schwarze Balken oben und unten habt. Um diese Balken loszuwerden, wäre es natürlich nett, einen TV in diesem Format zu haben oder eben so einen Monitor. Auch zum Surfen hat das seine Vorteile. Mit einer Auflösung von 2560*1080 bietet er etwas mehr in der Breite als der übliche Monitor. Drei Dokumente oder Browser-Fenster, eine wilde Anordnung von Photoshop-Fenstern oder andere Anwendungen, wo etwas mehr Platz einfach nett wäre, sind also prädestiniert. Ob sich das Format auch für Spiele auszeichnet, dazu gleich mehr, erst mal die Technik.
Wie zu erwarten bei über 70 Zentimetern Diagonale und einer dem Preis entsprechenden Verarbeitung ist der Philips kein Leichtgewicht. Umso erstaunlicher ist, wie elegant leicht und geräuschlos er sich kippen und drehen lässt. Sowohl seitlich als auch um 180 Grad zu kippen geht mit zwei Fingern. Wer also gelegentlich die Pivot-Funktion nutzen möchte, muss nur für genügend Platz sorgen, ein Kraftakt ist es sicher nicht. Das Design setzt klar auf schlichte Eleganz. Etwas dunkles Aluminiumplastik unten, ein schmaler Rahmen, wenn überhaupt, dann fällt der Monitor nur durch seine schiere Größe auf. Keine Dauer-Standby-Leuchte stört mit intensiven Farben, keine sinnlosen Zierelemente verschandeln irgendwas. Nur die OSD-Tasten hätten gerne dezent angeleuchtet sein dürfen, ich hasse es, Licht zu machen, um die Helligkeit meines Monitors zu regeln.
Die Ausstattung ist ehrlich gesagt für einen Monitor, auch in dieser Preisklasse, erstklassig. Ihr habt einen DVI-Eingang, zwei HDMIs, einen Display Port, einen Display-Port-Ausgang, über den ihr bis zu vier Monitore in Reihe schalten könnt, dazu gibt es einen USB 3.0 Hub mit nicht weniger als vier Ausgängen an der linken Seite. Er hat ein paar Boxen verbaut - die man wie immer nur dann nutzt, wenn es wirklich nichts anderes zur Soundausgabe gibt - und sogar einen Klinken-Kopfhörerausgang unten links, um den Sound durchzuschleifen und an bessere Hardware weiterzureichen. Viel mehr kann man nicht verlangen.
Die vier Steuertasten unten rechts führen durch ein halbwegs aufgeräumtes OSD-Menü, das sogar halbwegs augenfreundlich aussieht. Ganz im Gegensatz zu der Tastenbeschriftung, die das Konzept des „Dezent" aufrechterhält, indem sie dunkelgrau auf dunkelgrau aufgedruckt wurde. Meh. Egal, dafür hat man ja die im Netz unauffindbare SmartControl-Steuer-Software. Verliert bloß nicht die CD. Diese Software ist auch ein echter Segen, denn es gibt eine Menge Optionen zum Herumspielen. Alle möglichen Einstellungen für Kontrast, Farbwerte, Pre-Sets und so weiter. Das Einzige, was vergessen wurde, ist leider Smart-Response, das die 5 Millisekunden etwas aufbessert. Warum ihr das nur im OSD selbst einstellen könnt, dürft ihr gerne raten, ich habe keine Ahnung.
Auf zu dem, was am Ende nach all den Einstellungen herauskommen sollte: gute Bildqualität. Der Philips enttäuscht nicht. Der Preis ist hoch, aber das AH-IPS-Display (Advanced High Performance In-Plane-Switching, falls ihr euch auch fragen solltet) hat einen hervorragenden Betrachtungswinkel. Farben und Bildschärfe bleiben auch bei extremen Winkeln nahezu perfekt erhalten. Der Schwarzwert ist bei einem IPS-Panel erwartungsgemäß hervorragend, schwarz ist schwarz und nicht grau. Die Farbechtheit ist nahezu tadellos für alle, bei denen es nicht auf die letzte Präzision ankommt - diese Leute kaufen eh EIZO -, aber die für Film oder Spiel Wert auf eine satte, getreue Farbwiedergabe legen. Ich würde sagen, dass der Philips 298P4QJEB es mit der Grünsättigung leicht übertreibt, aber nah dran am Ideal ist er allemal. So großartige IPS-Panels für genau diese Dinge sind - und der 298P4QJEB enttäuscht in keiner Weise -, die 5 Millisekunden Reaktionszeit sind heute bei Spielen nicht mehr ganz zeitgemäß. Mich persönlich stört es nicht, aber sehen tue ich das leichte, wirklich ganz leichte Ghosting bei CoD Advanced Warfare und Crysis 3 doch, wenn ich darauf achte. Es ist da und auch wenn die Smart-Response-Funktion es noch weiter reduziert, ganz weg ist es halt nicht. Aber wie gesagt, und das ist meine persönliche Meinung: Man muss es auch schon sehen wollen. Und selbst dann sieht das Display immer noch hervorragend aus.
Kommen wir zu der spannenden Frage, was denn dieses ungewöhnliche Format bringt. Zu diesem Zweck habe ich unter diesen Absatz zwei Galerien mit den gleichen Szenen gepackt, jeweils ein Bild aus dem Avengers-2-Trailer und einer Reihe relativ aktueller Spiele. Die oberen Bilder wurden als Screenshots der Auflösung 2560*1080 aufgenommen, also im 21:9-Format, die unteren stammen von meinem normalen Monitor mit 2560*1440, also 16:9.
Wenn ihr euch durch die Bilder geklickt habt, werdet ihr sehen, dass modernen 3D-Spielen völlig egal ist, welches Format sie vorfinden. Sie sind alle in der Lage, den richtigen Bildausschnitt zu zeigen. Das war vor ein paar Jahren nicht immer so einfach, da wurde dann auch schon mal seltsam gestreckt, diese Sorge müsst ihr also nicht mehr haben. Wie gesagt, zumindest bei jedem halbwegs modernen Spiel. Was dann auffällt: dass dieses Format wirklich mehr zeigt - geht ja nicht anders. Gerade bei dem Tomb-Raider-Shot zum Schluss wird das leicht sichtbar. Ihr habt rechts noch ein ganzes Stück des Flusses und einen Zaun, dieser ist in 16:9 nicht zu sehen. Ihr gewinnt also wirklich mehr Überblick in einem Spiel. Das ist für alle Titel ein echter Gewinn beim Spielen gewesen. In Beyond Earth war mehr von der Karte zu sehen, ihr habt Gegner bei Bioshock schneller im Blick und bei Call of Duty mehr Übersicht. Das ist ein echter, greifbarer und sehr realer Gewinn beim Spielen.
Das Ganze gilt allerdings ausschließlich für den PC. Hier sind die Grafikkarte und die Software offensichtlich in der Lage, wirklich für Auflösungen aller Art den Bildschirmausschnitt richtig zu wählen, Konsolen sind dagegen auf 16:9 festgezurrt. Auf der PS4 gab es keine schwarzen Balken links und rechts - auch wenn ich das bevorzugt hätte -, vielmehr war alles einfach in die Breite gezogen. Ganz offensichtlich nicht Sinn der Sache, nicht für diesen Einsatzzweck zu empfehlen.
Ein 2,35:1-Blockbuster-Film passt natürlich perfekt zu dem Format, füllt den ganzen Bildschirm ohne schwarze Balken aus und sieht phantastisch aus, das ist keine Überraschung. Habt ihr dagegen einen 1,85:1-Film, passt dieser natürlich nicht zum breiten Display, es gibt schwarze Balken links und rechts statt zuvor oben und unten. Bei einem 4:3-Film, einer alten Serie zum Beispiel, werden diese Balken natürlich noch größer und es wirkt so ähnlich wie das Mäusekino, das andersherum damals ein 2,35:1-Film auf einem 4:3-TV produzierte. Es ist also ein gutes Kinoformat, aber eben nicht für jeden Film ganz optimal. Das größte Problem bereiteten mir allerdings die (zu Recht) immer beliebter werdenden Streaming-Filmplattformen wie Netflix, Watchever, Amazon Prime und so weiter. Während ein Videoplayer für DVD oder Blu-ray in der Regel alle Einstelloptionen hat, um das Bild richtig anzupassen, gibt es hier nichts. Die Dinger sind auf 1080p ausgelegt, sie zeigen 1080p und sofern ihr nicht etwas umständlich auf Bildschirm-Zoom-Tools zurückgreift, habt ihr nicht nur schwarze Balken oben und unten, sondern auch links und rechts. Es kommt also darauf an, dass ihr ein Programm benutzt, bei dem ihr das Verhältnis richtig einstellen könnt, dann funktioniert auch alles, ansonsten habt ihr ein wenig Trauer.
Unerwarteterweise galt dies auch für meinen etwa zwei Jahre alten und damals gar nicht mal so billigen Sony-Blu-ray-Player. Der hat zwar im Menü eine Funktion zum Wechsel zwischen 16:9 und 4:3, aber 21:9 ist ihm unbekannt und so war das ein ganz schön in die Breite gegangener Hobbit, der da durchs Bild watschelte. Phillips hat logischerweise Blu-ray-Player im Programm, die 21:9 beherrschen - schließlich hatte Philips auch solche TVs zeitweise im Angebot -, aber sonst ist das ein sehr seltenes Feature. Als kleines Heimkino ist der 298P4 also nur sehr bedingt tauglich. Um nicht zu sagen: in meinem Falle unbrauchbar.
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Aber es ist ja auch ein Monitor und am PC fand ich ihn nicht nur wegen seines leuchtstarken, weitestgehend farbechten Panels mit einem riesigen möglichen Betrachtungswinkel faszinierend, er war auch recht praktisch. Zugegeben, ich würde ihn nicht kaufen, weil ich nach unten hin mehr als die 1080 Pixel haben möchte. Auch da hat Philips seit Kurzem was mit 3440 x 1440 im Angebot, aber leider in einem 34er, der wahrscheinlich jeden Schreibtisch sprengt. Wenn ich diese Auflösung in einem 29er bekomme, dann bin ich bei dem Format auf jeden Fall an Bord. Den Platz brauche ich aber nur zum Arbeiten, für Spiele war der Effekt auch so schon beachtlich und dieses etwas mehr an Blick nach links und rechts macht schon einen ganz schönen Unterschied. Was für einen, das merkt man ganz schnell, wenn es wieder zurück auf 16:9 geht. Es ist ein wenig so wie damals, als man bei einem Freund das erste Mal einen 16:9-TV sah und dann wieder nach Hause zu seinem alten 4:3-Geät zurückkam. Man hat die alte Kiste nie mehr mit den gleichen Augen gesehen, man wusste einfach, dass da mehr gehen kann.
Da Spiele im Gegensatz zu Film-Streaming-Diensten wunderbar in der Lage sind, sich an dieses Format anzupassen, würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass der Philips 298P4QJEB mehr ein Gamer-Monitor als alles andere ist. Sicher, etwas mehr Platz zum Arbeiten und Surfen links und rechts ist nie verkehrt, aber da gibt es Sachen mit höheren Auflösungen. Auch sind 5 Millisekunden sind nicht gerade die Speerspitze der Reaktionszeiten. Aber trotzdem und nach aller Abwägung: Mit der Auflösung, der Bildqualität und zu einem Preis von knapp unter 500 Euro ist das Format und damit der Philips 298P4QJEB für Spieler eine echte Überlegung wert.
Die preiswerte Alternative: Philips 298X4QJAB
500 Euro sind jetzt nicht so wenig in der Kasse manches Spielers und Philips scheint sich dessen bewusst. Das Modell 298X4QJAB ist identisch mit dem 298P4, wenn es um das Panel und die Anschlüsse geht. Das heißt ihr habt all die schicken Anschlussmöglichkeiten, den USB-Hub und vor allem das gleiche glorreiche 21:9-Format beim Spielen. Die beiden Unterschiede sind, dass der 298X4QJAB "nur" um die 400 Euro kostet - Straßenpreis manchmal auch schon 300 -, dafür aber nicht höhenverstellbar und schon gar nicht Pivot-fähig, also um 90-Grad drehbar ist. Auch wirkt der Fuß etwas billiger, stehen tut der Screen damit aber auch fest. Könnt ihr also auf ein paar ergonomische Features verzichten, dann ist der 298X4QJAB fast ein Schnäppchen. Fast.
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