Picard Season 3 Folge 4 ist kitschig und klischeehaft, aber spannend. Endlich wieder Teamwork und Trek-Gefühl
Aber was kommt als Nächstes?
Spoiler zur vierten Folge von Star Trek Picard
Ohne Kitsch ging es auch diese Folge nicht. Doch abgesehen von einer Serie an arg bequemen Erzählhandgriffen gefiel mir Episode vier von Picard Staffel drei tatsächlich ganz gut. Einmal mehr kann ich nicht sagen, ob das wirklich Qualität ist, was ich in der dritten Staffel dieser Serie verzeichne, oder ob sie mich mittlerweile einfach weichgekocht hat.
Oder es ist Tor Nummer drei: Die expositorischen Brech- und Biegearbeiten, die nötig waren, damit diese neue Geschichte passieren kann, sind abgeschlossen. Die Zahl der doofen Zufälle und konstruierten Möglichmacher schrumpft weiter in sich zusammen, weshalb man Folge vier als das nehmen kann, was sie ist: Ein schönes Stück Teamwork-Trek, bei dem sich die ganze Crew aus einem Problem herausdenken darf und man ihr anschließend bei der Ausführung eines mit schönen Effekten visualisierten Plans zuschaut. Außerdem muss ich gestehen, dass ich eine Schwäche für die USS Titan habe. Muss an der Untertassensektion liegen, die schön nach Constitution-Klasse aussieht.
Aber das hier wäre nicht Star Trek Picard, wenn ich nicht immer noch einen Katalog voller Problemchen damit gehabt hätte, die den Eindruck erwecken, dass das alles immer noch mit heißer Nadel gestrickt worden ist. Zum Beispiel liegt über allem immer noch eine sirupsüße Sentimentalität, die wohl als kumpelnder Schulterschluss mit den Fans gedacht ist, aber vor allem dem abgekochtem Diplomatenphilosophen Picard nicht besonders gut steht. Er war nie ein Mann emotionaler Ansprachen, die Kalendersprüche, mit denen er den Glauben in die Crew, das Vertrauen ineinander und nie erlischende Hoffnung in einer Rückblende besingt, sind eines Denkergeistes wie dem seinen nicht würdig. Sie kontrastieren allerdings zunächst nicht ungeschickt die Geschehnisse auf der A-Erzählebene, um sie gen Schluss doch schließlich zu komplementieren, insofern verstehe ich, worauf die Macher hinauswollten. Trotzdem schade, Picard schien selbst in schwächeren TNG-Episoden geistreicher als hier.
Was noch? Nun, die Wackelkamera selbst in ruhigen Szenen irritiert. Dass Seven aufhört zu schießen, um dem kollektivistischen Schleimer beim Verkriechen hinter der Tapete zuzugucken, war schwierig mitanzusehen. Die Holodeck-Ausrede mit dem Notfallaggregat konnte ich beinahe so schwer glauben, wie die Tatsache, dass sich nach und nach so viele Leute dort eingefunden haben, um vor ihrem Schicksal zu resignieren. Das war ein bisschen schräg. Außerdem könnte ich so langsam mal darauf verzichten, dass Picard regelmäßig seine Assimilierung durch die Borg vorgeworfen wird. Das wirkt mittlerweile arg gekünstelt, auch wenn ich Shaw und den Schauspieler, der ihn spielt, immer noch sehr mag. Und dass beim Abschalten der Lebenserhaltung direkt der versammelten Mannschaft der Hals eng wird, ist auch nicht gerade konform mit der “Science” dieser speziellen “Fiction” – oder der Realität. Die Luft wird nicht unmittelbar toxisch, sobald sie nicht mehr aktiv aufbereitet wird.
Aber es ist nun mal für das Drama des Finales wichtig, dass mehrere Beats zugleich passieren: Die immer heftigeren “Kontraktionen” aus der “Gravity Well”, die das Schiff eher früher als später zerstören werden, die Sabotage bei der Reparatur in letzter Sekunde, der Ritt auf der Welle bei gleichzeitiger drohender Erstickung, die Shrike, die natürlich ausgerechnet genau vor der Titan auftaucht, um sich einen Asteroiden zu fangen und das erlösende Aufatmen zur parallelen Geburt einer Millionenschaft an Weltraum-Cthulhus. Es passt zu gut zusammen, weil es am Reißbrett entworfenes Serienfernsehen ohne Spielraum für Zufälle oder einen natürlichen Lauf der Dinge ist. Alles muss am Ende irgendwie zusammenkommen. Was natürlich bedeutet, dass Jack auch in der Rückblende zugegen ist, als der Grundgedanke der Ansprache (Vertrauen der Crew ineinander) den Grund für die Entfremdung des Sohnes von seinem unwissenden Erzeuger herhalten muss. Wie gesagt: Reißbrett. Es wirkt unnatürlich und die emotionalen Beats daher auch nicht verdient. Aber funktionieren tut’s trotzdem irgendwie.
Wie schon letzte Woche gilt deshalb: So doof es bisweilen war, es hat Spaß gemacht, als jeder einen Wert und eine Aufgabe hatte, Technik und Umwelt im Zusammenspiel die Lösung waren und am Ende sogar eine neue Lebensform - wenn auch nicht ohne Zuckerguss - entdeckt wird. Einsatz und Grundgedanke dieser Folge stimmten, Spannung war auch nicht zu knapp vorhanden und die Crew eine fähige Einheit. Für Shaw hat man auch endlich eine Verwendung gefunden, als er die technischen Kniffe beherrscht, die der Titan ermöglichen, die Energie der Welle zu nutzen. Riker und Picard beerdigen ihren Zwist vom Ende der letzten Folge wie zwei alte Freunde und Profis in dem, was sie tun. Frakes spielt in dieser, unter seiner Regie verfilmten Folge auch ziemlich gut, und hievt Riker auf Augenhöhe mit seinem alten Vorgesetzten.
Jetzt mache ich mir allerdings ein wenig Sorgen mit Blick auf das, was kommt. Folgen eins bis vier waren die in sich abgeschlossene klassische Katastrophen-Trek-Geschichte, wie sie so oft einfach wie von selbst funktioniert. Jetzt geht es wieder ans “bigger picture” und das ist die Stelle, an der die bisherigen Picard-Staffeln arg überfordert schienen. Bei der Wahl von Sinn und Ziel dieser Reisen haben sich die Macher bisher immer verhoben. Hoffen wir, sie beweisen diesmal ein besseres Händchen.