Pikmin 4 ist eines der schönsten Nintendo-Spiele für die Switch
So profitiert Teil vier von Epics Unreal Engine.
Direkt im Anschluss an die HD-Remaster von Pikmin 1 und Pikmin 2 auf der Switch gibt es einen komplett neuen Serienableger namens Pikmin 4. Nach einer zehnjährigen Wartezeit hat Nintendo seine hauseigene Engine zugunsten der Unreal Engine 4 verworfen, die die bisher beeindruckendsten visuellen Effekte auf der Switch bietet. Doch wie groß ist der grafische Sprung im Vergleich zur Wii-U-Version von Pikmin 3, welche neuen visuellen Features wurden hinzugefügt und wie steht es um die Performance?
Die Neuerfindung von Pikmin 4 geht natürlich über die Grafik hinaus. Neben hochauflösenderen Grafiken wurden auch Mechaniken, Benutzeroberfläche und Quality-of-Life-Features grundlegend überarbeitet. Der Cursor verfügt nun über eine Lock-on-Funktion, und es gibt eine Rückspulfunktion, falls alle eure Pikmin sterben. Zusätzlich zu den bekannten Elementen des Kampfes, Ressourcensammelns und Rätsellösens gibt es in Pikmin 4 auch den Oatchi, einen Hunde-Begleiter aus dem Weltraum. Dieser fotogene Hund kann springen, schwimmen und Hindernisse durchbrechen und bringt somit mehr Abwechslung in das gewohnte Gameplay von Pikmin. Die Risikobereitschaft zahlt sich aus, und für diejenigen, die noch nie ein Pikmin-Spiel gespielt haben, war es noch nie so einfach, einzusteigen - das Spiel ist so zugänglich wie nie zuvor.
Technisch gesehen profitiert Pikmin 4 enorm von der Nutzung der Unreal Engine. Zuvor hat Nintendo bereits Epics Middleware-Technologie in Spielen wie Yoshi's Crafted World auf der Switch verwendet. Während hauseigene Engines in der heutigen Zeit etwas Besonderes sind, ermöglicht die Unreal Engine den Entwicklern zumindest einen einfachen Zugang zu hochwertigen Rendering-Features. Dennoch fühlt sich Pikmin 4 im Kern immer noch wie Pikmin an, mit der gleichen DNA und Designphilosophie, nur mit einer deutlichen Verbesserung in der Präsentation.
Es lohnt sich, einen Blick auf Pikmin 3 auf der Wii U zu werfen, um einen Vergleich zu ziehen. Dieses Spiel hatte bereits deutlich bessere Grafiken als die beiden GameCube-Originale und bot eine native 720p-Auflösung (jedoch ohne Anti-Aliasing) mit höher aufgelösten Texturen und verbesserten Modellen für Pikmin, Feinde und Piloten. Effekte wie Tiefenunschärfe und Screen-Space-Reflexionen auf dem Wasser wurden ebenfalls implementiert. Obwohl es ursprünglich für die Wii entwickelt wurde, nutzte das Spiel die Möglichkeiten der Wii U als HD-Konsole optimal aus und sah für eine Veröffentlichung im Jahr 2013 hervorragend aus.
Verglichen damit ist Pikmin 4 auf der Switch in mehreren Aspekten eine deutliche Verbesserung. Die Auflösung liegt bei dynamischen 900p im TV-Modus (normalerweise 810p bei Außenbereichen) und dynamischen 720p im Handheld-Modus (normalerweise 600p). Die dynamische Auflösungsanpassung als Reaktion auf die GPU-Belastung war in Nintendos hauseigener Engine nicht möglich, daher erlaubt der Wechsel zur Unreal Engine eine bessere Balance zwischen Performance und Auflösung, als es eine feste Auflösung ermöglichen würde. Als zusätzlichen Bonus nutzt Nintendo hier zum ersten Mal in der Seriengeschichte Anti-Aliasing, eine Luxusfunktion, die selbst in den jüngsten HD-Remasters von Pikmin 1 und 2 auf der Switch nicht vorhanden war.
Die Unreal Engine bringt viele Vorteile mit sich, doch es gibt auch einige Einschränkungen. Pikmin 4 profitiert zwar von verbesserten Tiefenschärfeeffekten mit einem Bokeh-Muster in Bereichen außerhalb des Fokus, aber es gibt auch sichtbares Pixel-Flimmern, Aliasing und visuelles Rauschen. Ein Teil davon ist auf die dynamische Auflösungseinstellung zurückzuführen, die die Pixelstruktur während des Spielens anpasst. Man kann sehen, wie die Pixel am Horizont verschoben werden, insbesondere in großen offenen Gebieten wie Sun Speckled Terrace, während der Bokeh-Tiefenschärfeneffekt mit einer niedrigeren Auflösung als das Hauptbild läuft, was sichtbares Aliasing verursacht, wenn ein Hintergrundelement auf ein scharfes Vordergrundelement trifft. Obwohl Pikmin 4 eine große Verbesserung gegenüber dem 720p-Bild von Pikmin 3 ohne Anti-Aliasing darstellt, gibt es immer noch offensichtliche Grenzen für das Endergebnis auf der Switch.
Wenn wir uns die Modellqualität der Pikmin im Laufe der Jahre, von den Ursprüngen bis hin zu Pikmin 4, ansehen, ist nicht viel notwendig, um die Detailstufe weiter nach oben zu verschieben. Die Geometriedetails wurden erhöht und die Beleuchtung der Materialien wurde mit der Unreal Engine verbessert, aber das Geniale hier liegt im einfachen und effektiven Design der Pikmin, und das von Anfang an. Dadurch konnte selbst bescheidene Hardware wie der GameCube die Pikmin in großer Anzahl darstellen und sie aus der Ferne als Schwarm betrachten, ein Konzept, das Nintendo erstmals mit der Super-Mario-128-Demo verwirklichte.
Die größte Verbesserung gegenüber Pikmin 3 betrifft jedoch die Detailfülle der Spielwelt. Vom Tutorial im Haus bis hin zu blühenden Gartenbereichen füllt Nintendo das Pikmin-Universum mit schönen Details. Sofort fallen neue dekorative Elemente wie fallende Blütenblätter und volumetrischer Nebel am Horizont auf. Beides verleiht der Luft ein Gefühl von Gewicht und Energie, das in früheren Spielen fehlte. In Kombination mit dem Tageszeiten-System des Spiels und den dynamischen Schatten, die seit dem GameCube-Original zur grafischen Gestaltung des Spiels gehören, entsteht jetzt ein echtes Gefühl einer belebten Gartenumgebung.
Beleuchtung und Geometrie von Pikmin 4 stellen definitiv eine enorme Verbesserung gegenüber dem dar, was wir zuletzt gesehen haben. Die Materialvielfalt wird durch das Toolset der Unreal Engine verstärkt. Insbesondere bei Oatchi gibt es ein flauschiges, fellähnliches Material, das das einfallende Licht streut, während die Helme der Raumanzüge und die Chitinpanzer der Insekten-ähnlichen Feinde wie eine glänzende Porzellanoberfläche aussehen. Das Gelände reagiert ebenfalls wunderschön auf das Licht, sei es das moosige Unterholz des anfänglichen Gartens oder die Felsen in den Unterebenen. Es gibt sogar einen überzeugenden reflektierenden Glanz auf zerkratzten Metallen und Schätzen. Ein besonderes Highlight ist, die Details jenseits des Gartens zu sehen. Selbst durch den Bokeh-Tiefenschärfe-Effekt erkennen wir nun das Haus und die ausrangierten Reifen im Hintergrund. All dies trägt dazu bei, dass sich Pikmin 4 wie eine Miniatur-Welt anfühlt.
Zuletzt bleibt noch die Performance zu erwähnen, glücklicherweise läuft das Spiel durchgängig mit stabilen 30 fps, egal ob im TV- oder Handheld-Modus gespielt wird. Vereinzelt geht ein Frame verloren, wenn man die Kamera im Garten schnell dreht, aber diese Abweichungen treten wahrscheinlich gleichzeitig mit der dynamischen Auflösungsanpassung auf. Im Allgemeinen sind sie nicht allzu störend und stellen einen leichten Rückschritt im Vergleich den absolut festen 30 fps dar, die wir in den anderen Pikmin-Spielen sahen. Als Nebeneffekt kommt es auch zu vorübergehenden Momenten mit reduzierter Bildrate, wenn transparente Elemente den Bildschirm ausfüllen. Ansonsten ist es eine absolut solides Erlebnis mit einer stabilen Bildrate von 30fps.
Pikmin 4 stellt zweifellos den größten grafischen Sprung in der Serie dar und für Nintendo ist es ein visuelles Meisterwerk auf der Switch. Einige Teile sehen fast wie eine CG-Animation aus, insbesondere die Beleuchtung und die Charaktermodelle, die von einem einfachen, aber effektiven Design profitieren. Andere Aspekte, wie die rauschige Bildqualität, zeigen jedoch die Grenzen der Switch in Bezug auf höhere Auflösungen. Angesichts all der Features, die die Switch unterstützt, wie die dynamische Tageszeit, Screen-Space-Reflexionen und die deutlich verbesserte Beleuchtung, Schatten, Materialien und Charaktermodelle, ist es unvermeidlich, dass die Auflösung ein Kompromiss ist.
Alles in allem gehört Pikmin 4 zu den optisch ansprechendsten First-Party-Spielen der Switch. Angesichts der Ergebnisse hoffe ich, dass wir in Zukunft noch mehr von der Zusammenarbeit von Nintendo und der Unreal Engine zu sehen bekommen.
Im englischen Original von Thomas Morgan, Senior Staff Writer, Digital Foundry