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Planetary Annihilation - Fazit und Wertung

Wenn die UdSSR Star Wars gedreht hätte…

Dass es nur eine Bedingung für den Triumph gibt, eben das Ausschalten des Kommandanten, ist zwar eine nicht wegzudiskutierende Limitation, dafür gibt es verschiedene Wege, diesen zu erreichen. Da wäre zum einen die schon angerissene Möglichkeit, einen kleinen oder mittelgroßen Planeten mit der erforderlichen Anzahl an Triebwerken auszustatten, um ihn auf Kollisionskurs mit der Heimatwelt eurer Nemesis zu bringen.

Doch das dauert je nach Umlaufbahn unterschiedlich lange und der gegnerische Commander könnte sich mit einem Rudel Baufahrzeugen aus dem Staub machen und woanders - auf einem anderen Himmelskörper oder auf der abgewandten Seite des erwarteten Einschlags - sein Camp aufschlagen. Eine weitere Chance auf ein schnelles Ende ist der Metallplanet, der leicht an den Todesstern eines gewissen, kleinen Indie-Films erinnert, der demnächst von J.J. Abrams neu aufgelegt wird. Errichtet ihr um seinen Nabel herum fünf Kontrolleinrichtungen, steht euch die Mutter aller Laser zur Verfügung, die ein komplettes Gestirn pulverisiert.

Die KI macht ihren Job gut, bleibt auf 'normal' aber etwas passiv. Gut dass diverse Schwierigkeitsgrade zur Auswahl stehen.

Es ist fordernd nicht bloß im Sinne von "schwierig", sondern beansprucht euren Geist und sogar euren Körper auf eine Weise, wie es nicht mehr viele Spiele wagen. Nach eineinhalb Stunden Mikro-Management, Makro-Management und dutzendfacher um Haaresbreite entgangener nuklearer Auslöschung ist man richtiggehend ausgelaugt und braucht eine Pause. Drei oder mehr Armeen auf ebenso vielen Planeten, ungezählte Basen, Vorposten und Minenoperationen, dazu der zu beschützende Commander und ein Effizienzlevel, der in der Waage zu halten ist, soll die Produktion nicht zum Erliegen kommen, machen dies zu einem Spiel, das nicht weniger als die ungeteilte Aufmerksamkeit von euch verlangt. Aber man gibt sie Planetary Annihilation nur zu gerne. Zu hypnotisch, und ja, auch visuell faszinierend ist dieses Strategie- und Taktik-Kleinod mit seinen brüchigen Miniaturplaneten.

Nicht ganz vollendete Zerstörung

Allerdings darf Uber Entertainment nach der arbeitsreichen Early-Access-Phase noch nicht die Beine hochlegen. Dass der Einzelspielerpart Solospielern nicht die größten Glücksgefühle bescheren dürfte - geschenkt. Aber der Pausemodus in dieser Spielvariante sollte so langsam mal wie angedacht funktionieren. Ich verlor meinen Commander und den kompletten Fortschritt, weil Planetary Annihilation und ich offenbar eine unterschiedliche Auffassung einer Spielunterbrechung haben. Zudem ist es noch zu einfach, die Übersicht zu verlieren, eben weil einem das Gefühl für die Himmelsrichtungen abhanden kommt, wenn man einen kompletten Planeten mit der Maus dreht, wendet und zoomt, als gäbe es kein Morgen. Das feste Arretieren auf die Pole hilft ein bisschen, aber man stößt vom Begreifen her schon ein wenig an seine Grenzen.

Mit dem 'System Designer' erstellt ihr Sonnensysteme nach eigenem Gusto.

Die Performance ist unterdessen bei normalen Matches bis zu sechs Planeten vollkommen in Ordnung, eigentlich sogar besser, als ich befürchtet hatte. Das Generieren größerer Sonnensysteme und das Spiel mit vielen Parteien stellen aber an CPU und Server ab und an Ansprüche, die den Spielgenuss etwas trüben. Auch schade ist, dass das Spiel die lobenswert automatisch gespeicherten und so lehrreichen Replays nicht zuverlässig vom Server herunterlädt. Je länger das Match, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass ihr die Wiederholung nicht abgerufen bekommt. Und dann wären da noch die Bugs. Ein, zwei Mal fiel mir schlicht das User-Interface aus, ein anderes Mal steckte ich beim Wechseln zwischen den Planeten in einer grau-blauen Zwischenwelt fest. Allesamt bei Uber bekannte Probleme, an denen bereits gearbeitet wird.

Planetary Annihilation mag sich noch nicht so fertig anfühlen, wie der Zusatz "Official Launch" auf der Steam-Seite suggeriert, und der Mangel an Siegbedingungen sorgt für einen Ablauf, dem eine Prise weniger Zielstrebigkeit gutgetan hätte. Dennoch ist das Ergebnis dieser Mechanismen ein immer wieder glorreiches Spektakel, wenn Atomraketen durch das Sonnensystem fliegen wie verstrahltes Konfetti. Wenn Planeten mit Absicht oder zufällig (!) ineinanderkrachen und ihre jeweiligen Bewohner am Reibungspunkt ausradieren oder wenn ihr unbemerkt auf der dunklen Seite der Heimatbasis eures Lieblingsfeindes ein Triebwerk installiert, das sein Zuhause in das eures Zweitlieblingsfeindes schießt. Alles, während im Hintergrund das sterbende Sonnensystem einen wundervoll elegischen Tanz aufführt.

So etwas habt ihr noch nie gesehen. Und Uber Entertainments Spiel lässt keine Gelegenheit aus, euch daran zu erinnern.

8 / 10

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