PlayStation 4 Pro am eigenen Leib erfahren: Das bringt das "Pro" in PS4 Pro
4K und HDR für ein Hallelujah?
Am Ende bleibt es Kazunori Yamauchi überlassen, auf Sonys PS4 Pro Showcase am letzten Donnerstag in London die Vorzüge der neuen Konsole und vor allem von HDR anschaulich zu machen. Alles zuvor waren nur Worte. Worte davon, dass sich zwar die Auflösung von Fernsehern verbessert hätte, aber nicht wirklich die darstellbare Helligkeit. Superlative über den "größten Sprung in Sachen Bildqualität" und das Versprechen, "das hier ist kein kurzer Trend, der bald wieder verschwindet, sondern die Zukunft". Auch Yamauchi hält sich technisch. Er zeigt Diagramme vom ehemals darstellbaren, mickrigen Farbraum im Vergleich zu dem, was unser menschliches Auge tatsächlich sehen kann und dann den Bereich, den HDR mit seinem größeren Farb- und Helligkeitsspektrum ermöglicht. Und dann sagt er den Satz, der hängen bleibt.
"Das Rot eines Ferrari konnten wir mit der bisherigen TV-Technologie nicht korrekt wiedergeben." Kurz darauf der visuelle A-Ha-Moment der Show. Hinter Yamauchi zwei gigantische, topaktuelle Sony-Fernseher, auf denen GT Sport in Dauerschleife und 4K lief und dabei schon ziemlich zucker aussah. Keine Frage, ein deutliches Upgrade über dasselbe Spiel in 1080p. "Ihr habt jetzt schon eine Weile darauf gestarrt, dann schalten wir mal das HDR dazu." Dieser freche Winkelzug ringt dem Publikum zunächst ein Schmunzeln ab, dann ein Raunen, als das vorher schon schöne Gegenlicht der tief stehenden Sonne über dem Nürburgring förmlich aus dem Fernseher herausexplodiert. Danke Sony, dass du mir meinen Fernseher ruiniert hast.
Der Unterschied ist beachtlich und beinahe physisch spürbar. Reflexartig möchte man fast die Augen zukneifen als sich die Sonne auf den gewienerten Kurven der PS-Monster spiegelt. Wird mein Gesicht gerade warm vom Licht? Sicher nicht. Aber die Bilder suggerieren meinem Hirn beinahe überzeugend, dass ich gerade tatsächlich angestrahlt werde. Farb- und Helligkeitsspektrum auf diesen Fernsehern erzeugen zusammen mit der Auflösung - 4K mittels Schachbrett-Ansatz (bestens erklärt von Digital Foundry) - ein Bild mit feineren Farbverläufen und letzten Endes mehr sichtbaren Details. Helle Bereiche werden heller dargestellt, dunkle noch dunkler, ohne dabei Farbnuancen zu verschlucken. Im Schatten liegende Objekte, die in einem SDR-Bild schlicht verschwunden wären, sind hier immer noch sichtbar. Details am Himmel - etwa feine Wolken, die Sonnenlicht ansonsten restlos überstrahlt hätte, sind immer noch da. Man sieht einfach mehr und besser.
Beispiele dafür gab es dann unten auf dem Showfloor mehr als genug. Wenn man als Nathan Drake an einem sonnendurchfluteten Strand steht und in eine finstere Höhe hineinblickt, sieht man in SDR im Innern nur schwarz. In HDR erkennt man jetzt stellenweise noch Felsen, weil ein wenig Restlicht von Außen auf sie trifft. Gleichermaßen wirkt das glasklare Wasser nun noch tiefer, das Funkeln der Sonnenspiegelungen auf den Wellenkämmen noch intensiver. Als Eloy sich in Horizon während der Dämmerung an einen gigantischen Langhals heranpirscht, lässt die PS4 Pro vor allem in den vielen Halbschatten des Urwalds ihre Muskeln spielen. Dunkelfelder, in die man sonst ein wenig angestrengt hineinstieren würde, um letzten Endes doch nichts zu erkennen, sehen nun überzeugend finster-schattig aus, ohne aber die unter ihnen liegenden Details zu verschlucken. Sony hatte nicht geflunkert, dass HDR mindestens eine genau so große Bedeutung für die Bildqualität hätte wie 4K. Aber zusammen - auch die normale PS4 unterstützt seit neuestem HDR, nur eben bei 1080p - treten einfach noch mal mehr Facetten zu Tage.
Aber auch das ist schon an und für sich ein Segen, wie ihr letzte Woche schon in meinem aufopferungsvollen Selbstversuch in Sachen Gaming mit hohen Auflösungen und Bildraten am PC lesen konntet. Denkt daran: Um in den Genuss guten HDRs zu kommen, müsst ihr schon investieren. Ordentliche Einsteiger-TVs mit 4K und HDR beginnen bei um die 1000 Euro, will man vom größeren Farb- und Helligkeitsspektrum auch etwas sehen. "Normales" 4K ist dagegen schon der aktuelle TV-Standard und für schmalere Portemonnaies erschwinglich. Auf solchen Endgeräten punktet die PS4 Pro mit feinerer Bilddarstellung, weniger Kantenflimmern und deutlicher hervortretende feinere Details. Auch in der Tiefe des Raumes verlieren weiter entfernte Gebilde und Figuren nichts von ihrer Definition (abgesehen von den Details, die je nach Spiel im Rahmen des LOD zum Ressourcensparen verschwinden) und verschwimmen nicht mehr mit der Umgebung.
Und was, wenn ihr nicht einmal daran denkt, einen neuen Fernseher zu kaufen und bei 1080p bleiben wollt? Nun, dann stehen den Spieleentwicklern verschiedene Wege offen. Im Vorfeld wurde ja bereits bekannt, dass einige Spiele - Rise of the Tomb Raider zum Beispiel - neben dem 4K@30FPS-Modus noch weitere Alternativen bieten wollen. Ein 1080p-Modus mit 60FPS ist ebenso vorhanden, wie die Möglichkeit, den Titel in 1080p und 30FPS mit verbesserter Grafik zu spielen. For Honor verzichtet leider auf einen 60FPS-Modus, damit im Multiplayer Spielern auf alten PS4s kein Nachteil erwächst. Nun denn, Downsampling von 4K sieht auch gut aus. Damit hält es auch Uncharted: A Thief's End. Auch hier sorgt das für ein feineres, schärferes Bild, auch wenn ich mich mehr darauf gefreut hatte, dieses Spiel in 60 Bildern pro Sekunde zu erleben. Einem Naughty-Dog-Mitarbeiter zufolge entschied man sich gegen einen solchen Modus, weil Animationen und Motion Capture des Titels auf 30 FPS ausgerichtet seien. Unterm Strich wird man also auch in 1080p einen Unterschied sehen. Bei manchen Spielen mehr, bei manchen weniger.
Und dann ist da noch VR, das von den zusätzlichen Pferdestärken der PS4 Pro profitieren wird. Cryteks Robinson: The Journey rechnete etwa mit der 1,4-fachen Auflösung und wird dann vom Headset herunterskaliert. Das Bild wirkte bestechend scharf, zusammen mit den hohen Produktionswerten des Spiels ergab sich eine Bildqualität, die man in der Form eher vom Oculus Rift oder HTC Vive erwartet hätte. Beeindruckend. Fast noch mehr als Farpoint, das sich in der kurzen Demo als spaßige, aber vielleicht ein wenig flache Schießbude präsentierte. Wir werden sehen, ob es am Ende größere Erkundungsanteile und ein wenig mehr Substanz bietet. Mit der PlayStation-Aim-Lightgun über einen fremden Planeten zu laufen, war in jedem Fall ein cooles Erlebnis. Von dem Gedanken, dass PSVR das schwache Einsteigergerät wäre, muss man sich auf der PS4 Pro endgültig verabschieden - zumindest, wenn es mit den Titeln so weitergeht.
Nun kommt es auf die Spieleentwickler an, alles aus der Konsole herauszuholen - und auf die User, zu signalisieren, was sie wollen. HDR und 4K waren im Tandem der größte Augenöffner letzten Donnerstag. Dicht gefolgt von VR, das auf der neuen Hardware einen gewaltigen Satz nach vorne machte. Bei entsprechender Unterstützung - mehr 60-FPS-Modi für 1080p-Spiele, bitte - bekommen aber auch Besitzer "alter" Displays ein Upgrade in Sachen Power spendiert. Hoffen wir, Sony und die Studios schrecken nicht davor zurück, diese Power auch zu nutzen.
Die Frage, ob es für die Pro überhaupt einen Markt gibt, stellt sich in meinen Augen hingegen nicht, beerbt sie doch lediglich das alte Modell auf deren einstigem, erprobten Preispunkt (die 1-Terabyte-Version der Slim-Ausgabe ist sogar nur 50 Euro günstiger). Nur die Zahl der Aufrüster und Umsteiger, die hängt direkt damit zusammen, wie gut Sony den Leuten den Unterschied zum alten Gerät klarzumachen in der Lage ist. Jedem potenziellen Käufer Kazunori Yamauchi nach Hause zu schicken, ist vermutlich keine Option, oder?