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PlayStation Home

Brave New World. Jetzt mit VISA.

Die Kommunikation an sich – abgesehen von der Pad-Chatterei - stellt also kein Problem dar, die Nutzung ihrer offenbar schon. Das hat nichts mit der wirklich soliden Technik von Home zu tun, sondern damit, dass die Leute sich nicht viel zu sagen haben. Während unserer Home-Zeit sah man gelegentlich mal ein Grüppchen herumstehen, das sich an den Gesten erfreute. Die Kontaktaufnahme scheiterte aber stets daran, dass sprachliche Barrieren – mein Portugiesisch ist nicht so gut - jede Form von Unterhaltung im Keim erstickten. Und der surrealste von einigen Momenten dieser Art war es wohl, als eine Skater-Gestalt wie von der Tarantel gestochen im Kreis herum rannte und immer wieder „You Fags!“ brüllte. Solltet Ihr also keine Freunde mitbringen, mit denen Ihr wirklich einen Plausch führen wollt, erwartet Euch auf dem Home Plaza Dr. Zeus fröhliches Emporium der Infantilität.

Außer natürlich, Ihr setzt Euch an einen Schachtisch. Hier zeigt sich endlich ein erster Hauch des Potentials. Schach ist sicher nur der erste Anfang und vielleicht nicht jedermanns Sache, aber sich einfach an einen der Tische zu setzen und mit einem anderen, zufällig heran spazierten Spieler eine Runde zu absolvieren, hat schon etwas. Es ist zwar nichts, was ein entsprechendes Programm Euch nicht auch und spielerisch kompetenter bieten könnte, aber der Casual-Reiz von „Jetzt ist mir mal danach“ sollte hier nicht unterschätzt werden.

Sollte Euch gerade nicht danach sein, führt der Weg vielleicht zur Bowlinghalle mit ihren gratis zu nutzenden Bahnen, Billardtischen und einer halben Handvoll Arcademaschinen. Keine dieser „Vergnügungen“ präsentiert sich als wirklich großartiges Spiel, trotzdem birgt das Ungezwungene der Möglichkeiten einen gewissen Charme. Sobald mehr Spiele folgen, dürfte dieser noch steigen, derzeit reduziert es sich aber darauf und schon bald werdet Ihr ins Kino weiterziehen.

Schön zu wissen, wie Werbung eines Tages aussehen wird.

Hier macht sich im nett gestalteten Foyer schnell Ernüchterung breit. Statt kompletter und möglichst aktueller Filme erwartet Euch im Augenblick lediglich eine Auswahl an Trailern in bescheidener, aber dafür schnell ladender Qualität. Zwar nicht in Vollbild oder HD, aber immerhin. Die grundsätzliche Idee eines virtuellen Kinos, in dem Ihr Euch für einen Streifen entscheidet, die Kreditkarte belastet und den Weg in die Videothek spart, scheint hier ein wenig durch, fertig gestellt wurde noch nicht viel.

Der Shoppinglust sollt Ihr allerdings schon jetzt freien Lauf lassen, sobald Ihr als Abschluss der Tour die Mall betretet. Hier gibt es nichts, was es wirklich gibt, dafür aber jede Menge virtuelle Kleidung und Möbel. Zumindest in der Zukunft, denn aktuell wirkt das Angebot arg mager, der Accessoire-Shop wagt es gar zu erzählen, das noch gar nichts in den digitalen Lagern wartet. Die paar neuen Kleidungstücke oder erste Möbel für das eigene Apartment wollen allerdings teuer und sehr real bezahlt werden.

Eine neue Jacke bringt es auf 79 Cent, ein alternativer Ikea-Sessel schon auf 99 Cent und für einen sonnigen Zweitwohnsitz im Grünen müsst Ihr gar 4,99 Euro berappen. Und wer weiß, was die in Zukunft herein purzelnden Fashion-Konzerne verlangen werden? Wer schließlich schon so viel für eine generische Sony-Hose zahlt, ist bestimmt bereit, einen ganzen Euro oder mehr für „echte“ Quicksilvers hinzulegen. Ich könnte mich jetzt lange darüber ergehen, was ich von diesem Konzept halte, aber jeder muss schon selbst wissen, ob ihm seine virtuelle Eitelkeit diesen Preis wert ist.

Bis hierhin hattet Ihr vielleicht schon ein Telefonat mit Visa.

Endgültig surreal dürfte es bei den Clubs werden, für deren Einrichtung ebenfalls 5 Euro aus Eurem Portemonnaie purzeln und die im monatlichen Unterhalt eine noch nicht genannte Summe kosten sollen. Es gibt zumindest in Berlin noch ein paar reale Clubs, die kaum mehr Eintritt verlangen. Weder in Home noch in diesen Etablissements sind die Getränke inklusive und der Anblick realer Menschen erfreut normalerweise mehr als ein paar generische Figuren im glatt geschliffenen Wiewunderland.

Seit ich 1989 das erste Mal William Gibsons Neuromancer las, faszinierte mich die Idee des Cyberspace. Eine Welt neben der Welt, in der man echt coole Sachen machen kann, wildes Zeugs sieht und tolle Abenteuer erlebt. Die Realität dieser Fiktion stellte sich bisher stets als nüchtern und funktional heraus – das Internet – oder setzte einen hübschen, aber letztlich kaum Mehrwert bietenden Überbau darüber. In Home werdet Ihr nichts tun, was über eine strukturierte Menüführung nicht weit einfacher ablaufen würde. Kleine Downloadgames, Filmtrailer und ähnliches findet sich weit geschickter arrangiert im PlayStation-Store. Und die tollen Red Bull und Gran Turismo–Räume gibt es derzeit leider noch nicht.

Bleibt also der soziale Aspekt. Trefft neue Menschen, erfahrt meist nie, wie sie heißen oder aussehen und redet mit ihnen über Gott und die Welt. Oder nennt sie wild „Fags“ und versucht, sie mit Euren 99 Cent-Möbeln in digitalen Appartements zu beeindrucken. Vielleicht geht Ihr auch eine Runde Bowlen oder Schachspielen. Und dann wartet Ihr darauf, ob in Home etwas folgt, was über diese bereits bekannten und erprobten Konzepte hinausgeht und den durchschnittlichen Second Life-User aus seinem angestammten Terrain herauslockt. Wir sind ja erst in der Beta.

Die PlayStation Home-Beta können Internet-angebundene PS3-Nutzer ab sofort und kostenlos herunterladen. Aber Achtung, vieles in Home ist alles andere als kostenlos.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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