Port Royale 4 ist der Karibikurlaub, den ihr in diesem Jahr nicht bekommt
Segel setzen!
So ein schöner Urlaub in der Karibik wäre jetzt nicht verkehrt, oder? Am besten noch weitab von jedweder Zivilisation, ganz ohne sich Sorgen um Viren, Pandemien und so weiter machen zu müssen. Wieso nicht gleich auf einem alten Segelschiff, wie in den guten alten Zeiten (Vorsicht, was du dir wünschst… So viel zu Segelschiffen in Krisenzeiten (Anm. von Martin)? Okay, so ein altes Schiff nachzubauen, das können sich allein Millionäre leisten. Und dann braucht es ja noch eine Crew ... Dann erfüllt ihr euch diesen Wunsch wenigstens virtuell, wobei es noch eine Weile dauert, bis Port Royale 4 erscheint.
Vor kurzem konnte ich einen ersten kleinen Blick auf den neuen Teil der Reihe werfen - in diesen Zeiten natürlich vom Home Office aus per Videopräsentation -, der aktuell bei Gaming Minds (Railway Empire, Patrizier 4, Port Royale 3) in Gütersloh entsteht. Was euch hier erwartet, ist eine klassische Wirtschafts- beziehungsweise Handelssimulation, die euch in die Karibik des 16. und 17. Jahrhunderts entführt, wo ihr euch entweder als Gouverneur oder auch als Pirat einen Namen macht.
Dabei habt ihr die Wahl zwischen den vier Nationen Spanien, Frankreich, Niederlande und England, für die ihr versucht, in der Karibik die Vorherrschaft zu erringen. Ebenso entscheidet ihr euch zum Spielstart für einen von vier Charakteren mit unterschiedlichen Fähigkeiten und negativen Eigenschaften. Nehmen wir zum Beispiel die Piratin. Andere Piraten attackieren sie nicht und sie verliert durch ihre Piraterie nur die Hälfte an Ruhm, dafür sind ihre Gebäude um 20 Prozent teurer. Oder aber ihr nehmt den Abenteurer, der zu Anfang gleich zwei Kapitäne für Flotten erhält und in Schlachten verlorene Schiffe wieder herrichten kann. Zugleich ist er in Enterkämpfen um 20 Prozent schwächer. Die Qual der Wahl ...
Darüber hinaus legt ihr weitere Spieleinstellungen fest, wie viel Geld es zum Start gibt, wie die Verteilung der Nationen aussieht und so weiter. Und dann steht euch die Karibik offen. Mehr oder weniger, ihr fangt natürlich klein an und arbeitet euch Schritt für Schritt nach oben. Von eurer gewählten Heimatstadt aus brecht ihr auf, um Bares zu verdienen, das ihr im Umkehrschluss in eure Stadt oder in neue Schiffe steckt. Bei den Städten seht ihr schnell, was dort jeweils in Produktion ist (bis zu sieben Waren pro Stadt) und wenn ihr über den Bau von Gebäuden nachdenkt, lohnt es sich definitiv, auf die lokal vorhandenen Rohstoffe zu setzen, um so effektiv wie möglich in der Produktion arbeiten zu können, ohne auf Warenlieferungen von woanders angewiesen zu sein.
Zugleich gilt es dabei zu beachten, wo und wie ihr Gebäude baut. Eine Taverne beeinflusst mit ihrem Bier die angrenzenden Wohnhäuser positiv, während Fabriken eher negative Einflüsse auf die Nachbarschaft haben. Sie schaffen zwar Arbeitsplätze, aber wer hat schon gerne eine laute Fabrik in seiner Nähe? Platziert ihr einzelne Betriebe nebeneinander, entstehen automatisch effektivere Großbetriebe.
Bedenkt dabei, dass Port Royale 4 vor allem eine Handelssimulation ist. Gaming Minds' Daniel Dumont zufolge ist das Handelssystem im Spiel komplett simuliert und regelt somit Angebot und Nachfrage in den einzelnen Städten. Ihr seht, was gerade wo knapp ist und wo ihr somit gutes Geld verdienen könntet, wenn ihr die entsprechenden Waren liefert. Ebenso lässt sich so ausmachen, wo ihr günstig einkauft, um die Sachen woanders teurer loszuwerden. Damit ihr Handel treiben könnt, benötigt ihr für die jeweiligen Städte eine Handelslizenz, die ihr gegen Bares erwerbt.
Und damit ihr euch nicht um alles manuell kümmert, etabliert ihr mit der Zeit immer mehr Flottenverbände, legt ihre Routen fest und was sie unter welchen Bedingungen in den Zielhäfen der Route kaufen oder verkaufen. Es ist ein detailliertes System, das euch zum Beispiel festlegen lässt, Waren nur aufzunehmen oder abzuladen, wenn diese günstig zu haben oder teuer zu verkaufen sind, damit ihr maximale Profite einfahrt.
Wichtig ist dabei auch die Route, die der Konvoi nimmt. Die Spielwelt ist nicht einfach nur Deko. Es gibt normale und starke Winde, die die Fahrtgeschwindigkeit beeinflussen. Flaches Wasser ist ungeeignet für Schiffe mit viel Tiefgang und in manchen Bereichen herrscht einfach Flaute, die Schiffe bewegen sich deutlich langsamer. Daher passt ihr die Routen individuell an, legt Wegpunkte fest und umfahrt so gefährliche Stellen, die das Potential haben, eure Schiffe zu beschädigen - kostet ja Geld. Und wenn das vermeidbar ist, umso besser!
Als Kontaktperson zum Heimatland dient der Viezekönig. Bei ihm habt ihr Audienzen, bekommt Hinweise und kauft Konzessionen, damit es euch unter anderem erlaubt ist, Rum zu brennen. Ebenso braucht ihr sie, um mehr Kapitäne für Konvois anzuheuern. Um mehr Städte zu verwalten, ist dort eine Präsenz eurerseits erforderlich, das geschieht unter anderem zum Beispiel durch 500 Arbeiter vor Ort. Zugleich zeigt euch der Vizekönig bekannte Piraten mit Hinweisen auf ihren Aufenthaltsort an, woraufhin ihr euch auf die Jagd nach ihnen begebt. Oder ihr holt euch von ihm einen Kaperbrief, um damit ein wenig Pirat zu spielen, ohne dass euer Ruhm sinkt.
Umfangreiche Änderungen erwarten euch, wenn es zu Seeschlachten kommt. Diese laufen nicht mehr in Echtzeit ab, sondern sind rundenbasiert. Die Kapitäne verfügen über verschiedene Eigenschaften und Manöver, alle Taktiken, Fähigkeiten haben eine Downtime und es gibt Verbrauchsgegenstände, die euch im Kampf helfen. Pro Runde hat ein Schiff verschiedene Bewegungs- und Manöverpunkte, die ihr im Optimalfall clever und effektiv einsetzt. Dreht nach einem Angriff euer Schiff zum Beispiel um 180 Grad, um dem Feind eine weitere Breitseite zu verpassen. Feuerpfeile fackeln gegnerische Segel ab und machen Schiffe bewegungsunfähig, die sich daraufhin in Rauch hüllen können, wodurch sie eine Runde lang nicht angegriffen werden können. Das alles wirkt auf den ersten Blick durchdacht und ihr habt eine ganze Reihe taktischer Optionen. Natürlich habt ihr die Möglichkeit, Kämpfe automatisch austragen zu lassen oder zu fliehen, je nachdem wie die Chancen stehen - auch mitten im Kampf ist eine Prognose möglich, um den Computer dann den Rest erledigen zu lassen.
Am Ende geht es darum, die gesetzten Spielziele zu erreichen und den Sieg zu erringen. Zusätzlich dazu habt ihr weitere optionale Ziele für mehr Ruhm und es gibt verschiedene Siegbedingungen, zum Beispiel wirtschaftlicher Natur - oder einfach gar keine. Wer möchte, hat nach dem Sieg auch die Möglichkeit, einfach weiterzuspielen. Neben dem freien Spielmodus, den mir Dumont zeigte, gibt es darüber hinaus noch eine Kampagne sowie Tutorials, die auch ähnlich wie in Tropico 6 die einzelnen Aspekte des Spiels näher bringen.
In den zirka 30 Minuten, die ich von Port Royale 4 sah, machte das Spiel einen guten Eindruck. Es sieht einladend schön aus, die Spielsysteme wirken durchdacht und gleichzeitig sieht es vertraut aus, wenn ihr euch in der Vergangenheit mit der Reihe beschäftigt habt. Schiffe in Rundengefechten kämpfen zu sehen, wenn ihr eher erwarten würdet, dass diese dynamisch und in Bewegung sind, ist anfangs ungewohnt, aber die Kämpfe versprechen einige taktische Spielereien, um eure Gegner zu bezwingen. Kurzum: Es sieht so aus, als würde hier eine gute Handelssimulation in den Hafen einlaufen. Ob die Lieferung hält, was sie verspricht, sehen wir dann, wenn Port Royale 4 später in diesem Jahr endgültig anlegt.
Entwickler/Publisher: Gaming Minds/Kalypso - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Erscheint: 3. Quartal 2020