Stronghold Legends
Legendär unspektakulär
Was macht eigentlich Vlad der Pfähler, besser bekannt als Graf Dracula, wenn er mal nicht jungen Damen bei der Blutprobe behilflich ist? Er verwaltet sein Anwesen und verteidigt sich gegen seine Gegner. Stronghold Legends orientiert sich weniger an Bram Stokers berühmtem Schmöker um den galanten Reißzahnträger, sondern mehr an der historischen Gestalt des echten Vlad Draculea (wie er richtig hieß), der im 15 Jahrhundert gegen Türken und Ungarn kämpfte.
Am Anfang steht ein simpler Bergfried samt ein paar Bauern, die Dracula nicht als Nahrung, sondern als Arbeiter einsetzt. Rohstoffe, wie Holz, Erz und Stein baut man automatisch in den dafür errichteten Produktionsstätten ab. Das Essen für die Leute kommt aus Käsereien, Apfelplantagen oder Hühnerhöfen. Waffen werden in Schmieden und Pfeilmachereien hergestellt. Gegen Gold, das aus Steuern stammt, rekrutiert man Soldaten, die als Streitmacht gegen die garantiert anrückenden Feinde dienen. Wer jetzt ein Deja-vu-Erlebnis hat: Richtig, das kennt man doch alles schon zur Genüge aus den Vorgängern. Schon beim Spielen der allerersten Partie ist anzumerken, dass sich am Spielkonzept nicht viel, eigentlich sogar gar nichts geändert hat. Wer genügend Nahrung und Rohstoffe besitzt, errichtet Mauern und Verteidigungsanlagen und wartet auf die Gegner.
Wo der Werwolf wütet
So weit, so bekannt. Aber es muss doch etwas Neues geben? Gibt es auch. In jeder Schlacht steht in Stronghold Legends ein Held unter Eurem Kommando. Mit Dracula zieht Ihr nur eine Kampagne lang ins Gefecht. Die beiden anderen Feldzüge begleiten Euch Mittelalter-Promis wie Lanzelot, Dietrich von Bern oder Sir Gareth. Der jeweilige Held verfügt über einen besonders mächtigen Zauberspruch. Dracula etwa ruft Werwölfe herbei. Dietrich von Bern beordert so eine Horde von Schildjungfern aufs Schlachtfeld. Die kämpfen allerdings nur eine kurze Zeit für Euch und dann müsst Ihr sie erneut beschwören. Ganz genreüblich dauert es natürlich immer eine Weile, bevor sich der Zauber wieder auflädt und erneut gewirkt werden kann.
Und natürlich gibt es auch neue Einheiten auf Seiten des Feindes. Neben den Werwölfen – die heulen auch für die Gegner – sind das vor allem Drachen und Riesen, die allesamt eins gemeinsam haben: Sie können Mauern entweder überfliegen, überklettern oder sie gleich ganz einreißen. Das klingt auf dem Papier gut. In der Praxis knabbert das aber heftig am ursprünglichen Spielkonzept von Stronghold. Die Vorgänger zeichnete vor allem der kunstvolle Festungsbau aus. Man errichtete gut gesicherte Anlagen, an denen sich der Gegner die Zähne ausbeißen konnte. Das funktioniert jetzt zumindest in den sechs Szenarien der Preview-Version nicht mehr. Wenn Werwölfe einfach so über die Mauern klettern können, wird selbst der schönste Festungsbau ausgehebelt. Was nützen dicke Wälle gegen die Riesen, die sie binnen Sekunden einreißen? Und Drachen fürchten höchstens die nicht sonderlich effektiven Dachharpunen. Außerdem können die meisten eigenen Truppen den Biestern nichts anhaben. Ein Werwolf erledigt fast im Alleingang eine gesamte Armee. Nach Rücksprache mit Take 2 ist die ungeheure Kraft der Spezial-Gegner aber nicht der Normalfall, sondern liegt am unfertigen Balancing der Version – soll also noch gefixt werden.
Dumm gelaufen
Neben den übermächtigen Sondereinheiten des Feindes, machte mir die recht schwache KI der eigenen Mannen immer wieder einen Strich durch sorgfältige Planungen. Trotz vorgegebener Formation teilen sich Verbände völlig eigenmächtig auf, wenn ihnen Gegner über den Weg laufen. Dadurch kommt oft ein gut geplanter Vorstoß vorzeitig zum Erliegen. Man könnte diesen Makel natürlich der unfertigen Version in die Schuhe schieben. Man könnte aber auch an die beiden Vorgänger denken, die nicht gerade mit brillanter KI strotzen. Welche Annahme sich letztendlich bewahrheitet, kann nur die Testversion beantworten.
Generell erscheint der Schwierigkeitsgrad derzeit zu hoch angesiedelt. Oft greifen die Feinde schon zu Beginn eines Szenarios vehement an, wenn man selbst gerade noch dabei ist, die ersten Sägewerke zu errichten. Ein anderes Mal schliffen nach bereits zehn Minuten drei Riesen meine im Aufbau befindliche Festung.
Die Grafik ist mehr oder weniger identisch zu Stronghold 2. Allerdings waren die simpel texturierten Polygone schon vor eineinhalb Jahren nicht mehr Stand der Technik. Wer sich Schmuckstücke wie Paraworld oder Rise of Legends dagegen anguckt, wird definitiv einer Enttäuschung erliegen. Vor allem die Landschaft ist reichlich dürftig und unbelebt. Man kann zwar frei drehen und zoomen, doch die Animationen der Einheiten sind eher spärlich.
Die Sprachausgabe gibt mir aktuell ein Rätsel auf. Einige Sprecher, wie zum Beispiel im Tutorial, klingen sehr gut. Andere dagegen, vor allem die weiblichen Stimmen, eher unangenehm.
Ehrlich gesagt bin ich von Stronghold Legends bislang ziemlich enttäuscht. Optisch trennen Fireflys Burgenbau Welten von den schmucken Wettbewerbern. Und spielerisch hat sich nur sehr wenig getan. Das was geändert wurde, bringt meines Erachtens nur unnötige Hektik in den Burgenbau. Vor allem Teil 1 zeichnete sich durch ein kunstvolles Festungsdesign aus, wogegen der Feind anstürmte. Die neuen Einheiten wie Drachen und Werwölfe können Mauern aber locker überwinden und machen so die meisten Abwehreinrichtungen überflüssig. Die bislang spielbaren Szenarien waren deshalb extrem nervöse Angelegenheiten. Außerdem ist die KI nicht der hellsten eine. Immer wieder trennt sich ein Verband und läuft teilweise hinter den völlig falschen Gegnern her. Hier muss Firefly unbedingt noch optimieren.
Ab dem 13. Oktober ist Eure eigene Burg bezugsfrei.