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Tomb Raider: Anniversary

Hand auf die Brust

Mit Remakes ist das ja immer so eine Sache. Nehmen wir Die Siedler 2 oder Resident Evil: Nur ganz wenige würden bestreiten, dass diese Teile einfach die besten ihrer Reihe sind. Was sprach also dagegen, sie nach einer Weile mit ein paar Detailverbesserungen und zeitgemäßer Optik neu auf den Markt zu bringen? Aus Sicht der Fans wahrscheinlich nichts. Ein "normaler" Spieler hingegen mag sich daran stören, dass man ja das meiste schon einmal gesehen hat und einige Gameplay-Elemente noch dazu veraltet wirken.

Eidos und Crystal Dynamics waren sich dieses Problems bei der Entwicklung von Tomb Raider: Anniversary wohl bewusst und haben deshalb versucht, das Beste von gestern mit dem Standard von heute zu kombinieren: Die Story, die Locations und die Gegner des originalen Tomb Raiders gepaart mit Features, die erst kürzlich in Tomb Raider: Legend eingeführt wurden.

Systematik

Neues Wunder der Technologie: Beheizbarer BH für die kalten Regionen.

Bedeutet konkret, dass Ihr Euch in der Neuauflage ein weiteres Mal auf die Suche nach dem Scion begebt, einem mysteriösen Artefakt. Im Zuge der im Vergleich zum Vorbild deutlich besser präsentierten Story besucht Ihr Peru, Griechenland, Ägypten und zum Schluss sogar Atlantis, selbstredend überwiegend in Form dunkler Höhlen und Jahrhunderte alter Ruinen. Sämtliche Schauplätze des ersten Teils sind enthalten, die allerdings umgebaut wurden, über etliche neue Geheimgänge und Nischen verfügen und so deutlich größere Ausmaße als damals haben. Dennoch konnten wir beim Anspielen der Preview-Version etliche Parallelen sofort erkennen; signifikante Punkte wie den Wasserfall oder die Überreste eines Dorfes im Dschungel Perus etwa. Sogar Croft Manor dürft Ihr abseits des Spielverlaufs einen Besuch abstatten. Wer will, kann sich hier an Laras Schmökern genüsslich tun, Kisten verschieben, an Mauerstücken und Gerüsten hochkraxeln und spezielle Extras freischalten. Letzteres gelingt allerdings nur, sofern man bereits über die notwendigen Moves und Ausrüstungsutensilien aus dem Hauptspiel verfügt.

Aber es gibt auch Wiedersehen der unschöneren Art, denn bekannte Gegner kehren ebenfalls auf den Bildschirm zurück: Wölfe, Fledermäuse, Bären, Raptoren, Krokodile, Panther und der T-Rex beispielsweise, die mit ebenso klassischen Waffen (Pistolen, Shotgun, Uzi) bekämpft werden.

Akrobatik

Dieses Mal gibt’s Lara auch in der Horizontalen.

Lara selbst hat mehr Bewegungen drauf als seinerzeit: Im aufpeppten Remake verwendet sie den aus Tomb Raider: Legend bekannten Haken, um Abgründe zu überqueren oder kurz an Wänden entlang zu laufen. Sie kann an Säulen hochklettern und sogar auf ihnen balancieren, sie schwingt sich à la Prince of Persia auch gerne mit ordentlich Schwung von einer Querstange zur nächsten. Außerdem löst sie etwas anspruchsvollere Rätsel als im Original und sucht nebenbei selbstverständlich auch versteckte Geheimnisse.

Eher unauffällig sind die Veränderungen dagegen beim Kampfsystem: Mit dem linken Schulterbutton beziehungsweise der Y-Taste auf der PC-Tastatur fokussiert Ihr Lara auf einen bestimmten Kontrahenten, mit dem rechten Schulterbutton respektive der Maus wird gefeuert. Schleudert Euch ein Gegner zu Boden, müsst Ihr schnell die X-Taste drücken, um wieder auf die Beine zu kommen. Außerdem könnt Ihr besonders aggressiven Widersachern ganz knapp ausweichen, um eine Art Bullet-Time zu aktivieren - eine etwas schwächere Variante des aus Legend bekannten Modells.

Problematik

Lara schleicht sich den Wolf.

Leider gestalteten sich die Kämpfe in unserer Preview-Version noch sehr hektisch: Die meisten Gegner stürmen blind auf Lara ein, Ihr nehmt sie nacheinander ins Visier, rennt mehr oder weniger planlos herum und ballert, was das Zeug hält. Klar, die kleinen Gefechte stehen sowieso nicht im Mittelpunkt - doch ein gewisses Maß an Taktik und Anspruch wäre nicht fehl am Platz. Ebenso benötigt die Kamera noch Arbeit, die nicht immer das zeigt, was man gerne sehen würde und streckenweise sogar den Hinweis auf ein Weiterkommen verdeckt.

Grafisch holt Tomb Raider: Anniversary dafür eine ganze Menge aus der PlayStation 2 heraus: Insbesondere die Größe der Levels ist aller Ehren wert und auch die geschmeidigen und vielfältigen Animationen von Lara fordern einen näheren Blick. Sicherlich nicht so ansprechend wie ein God of War2 oder die optische Darstellung der PC-Fassung, aber trotzdem recht ordentlich. Dass es keine Musik gibt, trägt übrigens überraschenderweise wirklich zur Atmosphäre bei, weil die Umgebungsgeräusche (oder auch die Stille der Spielwelt) dadurch umso besser zur Geltung kommen.

Mein Fazit fällt heute länger aus, da ich Tomb Raider: Anniversary etwas zwiespältig gegenüber stehe. Auf der einen Seite habe ich mir nach dem desaströsen The Angel of Darkness und dem etwas zu actionreichen Legend eine Rückkehr zu den Wurzeln gewünscht. Insofern macht das Remake alles richtig: Der Schwerpunkt liegt auf dem Erkunden der Locations sowie den Plattform-Passagen - und ich halte das originale Tomb Raider ohnehin für den besten Teil der Reihe.

Auf der anderen Seite trüben die Kampfeinlagen den guten Eindruck. Das stete „Rennen, Schießen, Ausweichen, Schießen“ gestaltet sich zu einem ungemein chaotischen Unterfangen und lässt Abwechslung vermissen. Zudem wirkt Anniversary auf mich einen Tick zu altbacken. Laras neue Moves hin und her, aber vor allem im Vergleich mit einem Prince of Persia ist das Klettern und Hüpfen einfach nicht flüssig genug. Die bislang unglückliche Kamera trägt sicher ihren Teil dazu bei, weshalb es bis zur Vollversion durchaus Hoffnung auf Besserung gibt.

Anders formuliert: Fans von Tomb Raider können sich durchaus auf das Remake freuen. Und wenn die finale Fassung die besagten Probleme in den Griff bekommt, dürfte Laras Jubiläumsauftritt auch Croft-Frischlinge an die Systeme locken.

Tomb Raider: Anniversary erscheint Ende Mai für PC, PlayStation 2 und PSP.

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