Prof. Kageyamas Mathematik-Training
Gehirn-Jogging - Augen-Training = X
Es ist schwierig, die Grenze zwischen Spiel und Lernsoftware zu ziehen. Nehmen wir Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging als Beispiel: Für viele war das schon Edutainment, schließlich lautete das erklärte Ziel des Programms, die grauen Zellen des Nutzers auf Vordermann zu bringen. Nebenbei musste man zur Bewältigung der gestellten Probleme nachdenken, was in den meisten Genres nicht unbedingt erste Wahl ist, um einen Konflikt zu lösen.
Auf der anderen Seite wies es aber ebenso etliche Merkmale eines typischen Spiels auf. Das schrittweise Freischalten neuer "Missionen" etwa, einen ansteigenden Schwierigkeitsgrad der Aufgaben, das Abspeichern von High Scores und die Belohnung von guten Leistungen in Form des sinkenden Gehirnalters. Alles in allem überwogen diese spielerischen Merkmale schlichtweg das Lehrerhafte, der Spaß den Lerneffekt.
Bei Prof. Kageyamas Mathematik-Training lässt sich das nicht so deutlich feststellen und das ist schade. Denn prinzipiell versucht der Titel durchaus, seinen Inhalt auf unterhaltsame Weise darzustellen - es gelingt ihm nur nicht richtig.
Dabei wird der grundsätzliche Aufbau allen Kennern von Nintendos Trainingsserie natürlich bekannt vorkommen: Neben zahlreichen Übungen, in denen Ihr Eure Fähigkeiten nach Lust und Laune auf die Probe stellen könnt, erwartet Euch ein täglicher Test. In dem gilt es, mehrere vorgegeben Aufgaben zur Zufriedenstellung des Lehrers (also schnell und korrekt) zu lösen. Gelingt Euch das an drei aufeinander folgenden Tagen, steigt Ihr um einen Rang auf.
Das bedeutet zum einen, dass Ihr anschließend andere, schwierigere Aufgaben zu Gesicht bekommt. Das bedeutet aber auch, dass Ihr Euch anfangs mehrere Tage mit viel zu einfachen Aufgaben herumschlagen müsst, selbst wenn Ihr diese perfekt beherrscht.
Was Prof. Kageyamas Mathematik-Training abfragt, ist selbstverständlich sehr naheliegend: In erster Linie die vier Grundrechenarten in verschiedensten Variationen. Mal müsst Ihr einfach nur einen höchst simplen Term schnellstmöglich lösen, mal ganze Zahlenketten addieren. Mal die richtigen Ziffern in eine Lückengleichung eintragen, mal das kleine Einmaleins runterbeten. Besonders lehrreich soll die 100-Zeilen-Methode sein, in der Ihr bis zu zehn mal zehn Zahlen der Reihe nach miteinander addiert, multipliziert oder voneinander subtrahiert.
Was dabei ein bisschen fehlt, ist die Verspieltheit eben jenes Gehirn-Joggings, ein wenig mehr Kreativität und vielleicht eine Prise Alltagstauglichkeit. Wo Ihr bei Kawashima Läufer zählt oder Wechselgeld herausgebt, beschränkt sich sein mathematisches Gegenstück auf die Zahlen an sich, was wahrscheinlich irgendwo sinnvoll ist, aber zugleich das Lernen mehr in den Vordergrund stellt. Darüber hinaus fehlt die Motivation, durch erfolgreiches Rechnen etwas freizuschalten, komplett - nahezu sämtliche Übungen lassen sich von der ersten Sekunde an auswählen.
Eine weitere kleine Schwäche stellt die Eingabe der Zahlen dar, die wieder auf den Touchscreen des Nintendo DS per Hand geschrieben werden. Die funktioniert im Grunde zwar ordentlich, doch macht das Spiel immer eine kleine Pause, bevor es eine falsche Antwort annimmt, während es bei einer richtigen Antwort sofort weiter zu nächsten Aufgabe geht. Auch das ist altbekannt und doch hier noch einen Tick ärgerlicher, weil man Fehler auf diese Weise sofort erkennt und meistens nachträglich korrigieren kann.
Aber, wie schon anfangs erwähnt, ist es im Falle von Prof. Kageyamas Mathematik-Training schwer, zu definieren, ob es nun Spiel oder Lernprogramm ist. Insofern muss man es unter beiden Gesichtspunkten bewerten - und um seine Schnelligkeit im Umgang mit Zahlen aufzufrischen, ist es äußerst erfolgversprechend. Die Übungen decken jeden grundlegenden Bereich ab, der Anspruch ist zum lockeren Training überwiegend angemessen, die Präsentation schlicht, aber zweckgemäß. Es sinkt daher nicht in die Niederungen eines 'Augen-Training' herab, aber kommt eben auch nicht an ein 'Gehirn-Jogging' heran.