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Project CARS 2 - Rallycross. Weil es Spaß macht, im Dreck zu wühlen.

Lenkrad schon aufgebaut?

Über einen gravierenden Rennspielmangel kann man ja dieses Jahr eigentlich nicht klagen, stehen doch mit DiRT 4 und GT Sport zwei Boliden bereits in den Startlöchern und eine offizielle Ankündigung von Forza Motorsport 7 dürfte auch bald erfolgen. Wer es lieber noch arcadiger auf vier Reifen mag, dem wird mit EAs Need for Speed und Gravel aus den italienischen Milestone-Studios geholfen. Und da reden wir nur über die Neuzugänge. Wie platziert sich in dem Reigen der großen Namen die Rennsimulation Project CARS 2 der britischen Slightly Mad Studios? Ich würde behaupten, als ein Rundumsorglos-Paket für Motorsport-Enthusiasten und echter Allrounder, was die Anzahl der Strecken und Motorsport-Disziplinen sowie den üppigen Fuhrpark von über 170 lizenzierten Wagen betrifft. Neben den neuen Eisstrecken, wird mit Rallycross eine weitere Raser-Option geboten, bei dem ihr eure PS-starken Offroad-Wagen im Wechsel über Asphalt und Schotter treibt.

Rallycross ist ein echt dreckiges Geschäft: Der VW Polo RX Supercar wird nicht lange aussehen, wie frisch aus dem Werk abgeholt.

Bei einem Lokaltermin in den Räumen des Publishers Bandai Namco, konnte ich ein paar individuelle Fahrstunden Rallycross nehmen und einige bekannte Strecken, wie den Daytona International Speedway oder Lånkebanen in Norwegen, ausgiebig ausprobieren. Und das mit einem Equipment, das ich am liebsten gleich mitgenommen hätte: High-End-PC, 4K-Bildschirm der Goliath-Klasse, ein saubequemer Playseat und ein Thrustmaster T300 RS-Lenkrad mit Pedalen. Obschon eine Pad-Steuerung mit ordentlichem Einstellungs-Feintuning durchaus zu gefallen weiß, ist dieses Ensemble einfach eine ganz andere Welt, aber das brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Also reingequetscht in den Rennsessel und rauf auf die erste Piste: Daytona in Florida. Als Bolide steht mir ein Olsberg MSE RX Supercar Lite mit vergleichsweise mageren 315 PS für die ersten Proberunden zur Verfügung. Aber auch die bekomme ich in meinen ersten Versuchen nicht wirklich gut gebändigt. Der schnelle Wechsel zwischen Asphalt, Sand und Schotter, erfordert ein Maximum an Aufmerksamkeit. Einmal Entfernung und Geschwindigkeit falsch abgeschätzt, sorgt dafür, dass ich nach einer langen Geraden auf Asphalt viel zu spät beim Pistenbelagsübergang auf rutschigem Schotter in die Eisen gehe und den Wagen kaum noch unter Kontrolle bekomme. So schlingere ich wie kräftig angetrunken durch die Gegend und fahre daraufhin den auch auf unteren Einstellungen beängstigend clever agierenden KI-Gegnern nur noch hoffnungslos hinterher. Es dauerte schon eine ganze Weile, bis ich meinen virtuellen Sportwagen so im Griff hatte, dass mir auch ein eleganter Drift um eine Kurve gelang, ohne in der Bande zu landen.

So spielt man Project CARS 2: Im Playseat mit Thrustmaster-Lenkrad und vor einem riesigen 4K-Bildschirm.

Die Lernkurve ist steil, das bekomme ich auf der Piste von Lånkebanen in Norwegen besonders drastisch zu spüren. Waren die eher friedlichen Kurven von Daytona nach ein paar Runden in Fleisch und Blut übergegangen, lande ich in auf dem stark verwinkelten Kurs gehörig ins Schwitzen. Starre ich verbissen nur nach vorne, verpasse ich der eng abgesteckten und kaum beschilderten Strecke den richtigen Weg und lande immer wieder mal in einer Sackgasse. Bis ich dann den Rückwärtsgang eingelegt und mich mühsam wieder auf die Strecke manövriert hatte, war jeder bisher herausgefahrene Vorsprung zum Fahrerfeld längst wieder Geschichte. Den richtigen Weg zum Erfolg befahre ich nur mit Geduld und Umsicht. Ruhig erst einmal ein paar Runden langsam angehen lassen und das Streckenlayout verinnerlichen, dann langsam das Tempo erhöhen und genau verinnerlichen, wie mein Wagen auf Kurven und unterschiedliche Pistenbeläge reagiert. Es ist schon ein deutlicher Unterschied im Handling zwischen einem Acura NSX GT3 und einem Dallara IR-12 Honda mit satten 740 PS zu spüren. Das soll aber bitte auch so sein bei einer Rennsportsimulation mit den Ansprüchen eines Project CARS.


Die besten Lenkräder für PC, PS4 und Xbox (Eurogamer.de)


Optisch weiß die Simulation durchaus zu begeistern. LiveTrack 3.0 haben die Entwickler ihre Technologie getauft, bei der die Strecken nicht nur penibel mit einem Laser vermessen werden, sondern auch Luftaufnahmen von Drohnen zur virtuellen Umsetzung genutzt werden. Der Vorteil: Auch selbst minimale Höhenunterschiede werden exakt wiedergegeben und jede Bodenunebenheit ist derart authentisch in das Spiel geflossen, dass sich bei einem Regenguss genau an den Stellen Pfützen bilden, an der sich auch in der realen Welt das Wasser sammelt. Keineswegs nur ein Gimmick, denn nasse Strecken und tiefe Pfützen sind deutlich spürbar und verlangen eine sofortige Anpassung des Fahrverhaltens, wenn ein Platzregen auf niederprasselt. Apropos Wetterkapriolen: Über ein eigenes Menü kann ich unter gut zwanzig verschiedenen Wetterbedingungen wählen und die Rennen unter wolkenlosem Himmel oder während eines Blizzards fahren. Oder ich lasse erst einmal die Sonne scheinen, dann einen heftigen Wolkenbruch aufziehen und kröne das Ganze mit einem schicken Schneesturm. Mit Sommerreifen und überhöhter Geschwindigkeit auf Schnee in eine viel zu enge Kurve des Red Bull Rings in Österreich, das ist ein echtes Erlebnis, bei dem mir die Knöchel beim Umklammern des Lenkrads weiß hervortraten. Hat Spaß gemacht.

Wenn ihr die richtigen Reifen aufzieht und Fahrpraxis besitzt, macht euch der Olsberg MSE RX Supercar Lite auch auf einer dichten Schneepiste echte Freude.

Sitzen wie die Pros: Playseat Evolution M Project Cars Edition (Amazon.de)


Dass waghalsiges Fahren auch schon mal mit einem Überschlag endet, beispielsweise wenn ich eine Sprungschanze im falschen Winkel und viel zu schnell anfahre, ist keine Seltenheit. Auch Crashs mit anderen Fahrzeugen oder ein Einschlag in die Bande, wenn es mich aus der Kurve weit von der Ideallinie herausgetragen hat, gehören zum Rallycross dazu. Das Schadensmodell war allerdings noch nicht vollständig implementiert. Zwar waren nach ein paar Runden Dellen, Kratzer und auch eine stark demolierte Stoßstange sichtbar, die unweigerlichen Schäden an Motor, Getriebe und anderen mechanischen Bauteilen hatten allerdings noch keine Auswirkung. Das soll sich noch ändern und zusätzlich deutlich mehr Partikeleffekte hinzukommen, die Schlammspritzer und Dreck auf dem Hochglanzlack der Autos sichtbar machen. Aber auch jetzt schon sorgt der aufspritzende Schotter und Sand von vorausfahrenden Fahrzeugen dafür, dass ich teilweise im Blindflug unterwegs bin. Das macht das Geschehen noch intensiver und beschert ein angenehm flaues Gefühl im Magen, besonders wenn ich in der Cockpit- oder der Helmkamera-Ansicht unterwegs war. Die imposante Ausrüstung hat natürlich einen guten Teil zu meinem Rennfieber beigetragen. Wie es sich verhält, wenn ich mit einem Pad vor der Konsole sitze, muss ich erst noch ausführlich testen. Aber eines ist mir nach ein paar Runden Rallycross klar: Project CARS 2 ist ein heißer Anwärter auf die Pole-Position unter den Rennspielen in diesem Jahr.


Entwickler/Publisher: Slightly Mad Studios / Namco Bandai - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: Ende 2017 - Angespielt auf Plattform: PC

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