Project Gotham Racing 4
Bizzare Perfektion?
Shadow dröhnt aus dem Boxen. Dieser Track wurde exklusiv von The Prodigy für Project Gotham Racing 4 eingespielt. Und er verfehlt seine Wirkung nicht: Der elektrisierende Techno-Sound macht das Intro zum Musik-Clip. Hektische Schnitte fangen einen feuerroten Ferrari ein, der um die Kurve driftet. Genauso wie einen Shelby GT. Und zwischendurch immer wieder Motorräder. Doch gerade als sich Kopf und Bein zu den monotonen Schlägen der Bass Drum warm gewippt haben, ist es auch schon wieder vorbei: Ein Biker blickt über die Schulter, seine Finger strecken eine Vier in die Kamera. Es kommt schon fast einer Aufforderung gleich. Spiel mich!
Die Serie ist fast schon eine Legende: Streckendesign. Online-Modus. Kudos-System. Atemberaubend. Wegweisend. Motivierend. PGR3 war einfach ein tolles Spiel, wenn es auch irgendwie zwischen Arcade und Simulation gefangen schien. Der Launch der Xbox 360 machte perfektionistisches Feintuning aber wahrscheinlich unmöglich. Keine Rechtfertigung, aber zumindest eine Begründung. Und so machte uns Lead Artist Alan Mealor bereits auf der Games Convention Hoffnung auf etwas ganz Großes: „Endlich konnten wir ohne Zeitdruck und auf finaler Hardware ein Project Gotham Racing entwickeln und alle Ideen umsetzen, die uns im Kopf herumspukten.“ Es ist Euch gelungen, Alan.
Worum geht es bei Project Gotham Racing 4? Es geht um Skills! Um fahrerisches Können auf allerhöchstem Niveau. Um punktgenaue Bremsmanöver, perfekte Drifts in den Kurven, das Finden der Ideallinie, mutige Überholmanöver bei über 300 Km/h und natürlich: Die Freude am Fahren.
Das perfekte Beherrschen des Fahrzeugs gelingt dank der leicht zugänglichen Mischung aus Arcade-Steuerung mit einem gehörigen Schuss Simulation fast wie von selbst. Allerdings sollte man nicht den Fehler begehen und nach Sega Rally direkt ins Cockpit von Project Gotham Racing 4 steigen. Dann landet man bei Fahrmanövern wie Braking-Drifts und Power-Slide schnell in der Bande. Ein Glück, dass sich das optische Schadensmodell auf kaputte Heck- und gesplitterte Windschutzscheiben beschränkt.
Nicht auszumalen, wenn man den riesigen Fuhrpark mit über 100 Fahrzeugen komplett zu Schrott fahren würde. Das sieht keiner der Hersteller gern, die sich für Project Gotham Racing 4 wieder mal in Geberlaune befanden. DeLorean, Pontica, Jaguar, Lamborghini, Ferrari, Toyota, Mazda, Audi, Lotus, BMW, Mercedes – alles was Rang und Namen hat, steht irgendwann in Eurer Garage. Und wenn ich sage alles, meine ich alles.
Überflüssig zu erwähnen, dass sich jede Luxuskarosse anders steuern lässt. Ein Lotus Exige GT3 klebt eben ganz anders auf dem Asphalt als ein Audi RS4. Vermeintliches Highlight des Fuhrparks sind aber die erstmals vorhandenen Motorräder. Denn als Innovation gefeiert, sind die Bikes leider die größte Enttäuschung. Natürlich ist es ein geiles Gefühl, mit seiner Kawasaki Ninja ZX-14 durch das nächtliche London zu brettern, die Tachonadel fast am Anschlag, die Silhouette der Stadt rauscht schemenhaft vorüber. Freude am Fahren? Zumindest, solange man keine allzu realistische Steuerung wie beispielsweise in MotoGP erwartet.
Ich habe mich ja immer gefragt, warum es keine andere gute Motorrad-Serie gibt. Die Antwort liefert PGR4 dann wohl doch eher unfreiwillig. Denn eine exzellente Motorrad-Steuerung zu finden, ist anscheinend eine Kunst für sich. Oder ist es Absicht? Jedenfalls bewegt sich die Steuerung der Zweiräder lediglich um eine zentrierte Achse; das sorgt für Arcade-Feeling, senkt aber gleichzeitig die Herausforderung.