Project Scorpio pusht Konsolen-Hardware auf ein neues Level
Was Richard Leadbetter von der neuen Xbox hält.
2005 brachte Microsoft die Xbox 360 auf den Markt, ein Stück Hardware, das seiner Zeit aus technologischer Sicht mindestens eineinhalb Jahre voraus war. Mit sich brachte sie eine Multi-Core CPU und State-of-the-Art Grafiktechnologie. Die PlayStation 3 erschien ein Jahr später - nach technischen Maßstäben ein ganzes Zeitalter - aber die Xbox 360 setzte sich zumindest technisch gegen sie durch. Sie war das Produkt einer Firma, die fest entschlossen war, alles daran zu setzen, die leistungsstärkste Konsole aller Zeiten zu entwerfen. Nach dem fehlgeleiteten Multimedia-Ansatz des ursprünglichen Xbox-One-Konzepts und dem Verlust des technischen Anführerstatus, markiert Project Scorpio eine Rückkehr zu der wilden Entschlossenheit das bestmögliche Gerät zu bauen. Das Produkt eines Xbox-Teams, das etwas zu beweisen hatte. Genau die Reaktion, die wir uns erhofft hatten.
Microsofts Einladung, Digital Foundry exklusiv, die Spezifikationen der Hardware zu enthüllen, ist ein mutiger Zug, der gleichzeitig das Vertrauen des Herstellers in seine Hardware demonstriert und die Strategie fortsetzt, seine User schon weit im Vorfeld im Bilde zu halten, anstelle das den unweigerlichen Leaks zu hinterlassen. Die Taktik funktionierte zur E3 (wenngleich man so den einen oder anderen Xbox-One-User nervte und der Ankündigung der Xbox One S den Wind aus den Segeln nahm), und auch dieser Reveal zahlte sich aus.
Einen extrem geschäftigen Tag hindurch vor etwas über einer Woche auf dem gewaltigen Redmonder Microsoft-Campus traf ich mich mit Chip-Architeeekten, Hardware-Designern, Corporate Vice Presidents und P3 höchstselbst: Phil Spencer, Chef der Xbox-Abteilung. Ich kann mich an kein Beispiel derart umfassenden Zugangs so weit vor dem Verkaufsstart einer neuen Konsole erinnern, aber am Ende richtet sich Scorpio auch an einen deutlich anderen User als den typischen Xbox-One-S-Besitzer, weshalb diese Art der Berichterstattung potenziell deutlich weniger Auswirkungen auf die Verkaufszahlen des aktuellen Modells haben dürfte. Dieser Tage zielt die Xbox One eher auf das günstigere Segment ab, während Scorpio eine Konsole zu einem Premium-Preis sein wird. Mein Gefühl sagt mir, dass der Preisabstand deutlich größer sein wird und dass es weniger Überschneidungen der Zielgruppe geben wird als bei PS4 und Pro.
Als ich von meinem Trip zurückkehrte, betrafen die meisten Fragen, die Kollegen mir stellten Dinge die ich noch nicht weiß oder über die ich nicht reden kann. Wie sieht sie aus? Wie groß ist sie? Wie sind die Spiele? Wie wird sie heißen und was wird sie kosten? Zumindest was den letzten Punkt angeht, kann ich ein bisschen gut informierte Spekulationen vom Stapel lassen. Die PS4 Pro startete mit 399 Euro. Scorpio hat einen stärkeren Prozessor (das teuerste Teil einer Konsole), 4GB mehr Speicher, eine schnellere Festplatte, ein UHD Blu-ray-Laufwerk und eine state-of-the-Art-Kühlerlösung. Da kommt schon was zusammen und wenn ich raten müsste - und ich betone, dass das nicht auf irgendwelchen Sachen basiert, die ich in Redmond gehört oder nicht gehört habe - würde ich sagen, dass die Kosten im Bereich von 499 Euro liegen werden.
Wie sie heißen wird? Wiederum, auch hier bekam ich keinerlei Hinweise von irgendwem bei Microsoft, außer dass viel darüber geredet wurde, dass Scorpio Teil der "Xbox One Produktfamilie" ist. Es würde mich also nicht wundern, wenn die Maschine letzten Endes entsprechend heißt. Der Kerngedanke ist der, dass Scorpio neben der Xbox One existiert, dieselben Spiele bietet, dasselbe grundlegende Gameplay, die beiden aber nicht nur trennt, ob die User auf 1080p oder 4K spielen, sondern auch wie wichtig es ihnen ist, die beste und aktuellste Hardware zu besitzen. Im Vergleich zum letzten Jahr jedoch ist das Messaging in Richtung 1080p-User - und die Auslieferung der Features - deutlicher umrissen. Das ist ein Bereich, in dem Microsoft aus den Versäumnissen Sonys mit der PS4 Pro gelernt hat.
Project Scorpio versus PS4 Pro: Der Hardware-Unterschied
Trotz der umfassenden Bekanntmachungen von heute wissen wir im Grunde nicht so viel mehr darüber, wie Multiplattform-Software sich zwischen Project Scorpio und PS4 Pro unterscheiden wird. Als wir uns auf die Reise machten, wussten wir über die Sechs-Teraflop-GPU bescheid und den großen Boost in Sachen Speicherbandbreite. Und genau das hat Microsoft auch geliefert. Wir lagen auch beim 12GB GDDR5 richtig (den MS auf dem ursprünglichen E3-Reveal ein bisschen durchblicken ließ) und das bedeutet, dass Scorpio-Versionen, wo möglich, von höher aufgelösten Texturen profitieren wird. Falsch lagen wir bei der Zusammensetzung der GPU. Wir sagten eine langsamere, aber breitere GPU voraus, um auf sechs Teraflops zu kommen. Tatsächlich trotzte Microsoft aber Current-Gen-Beschränkungen und definierte neu, wie Konsolen gebaut werden, um den Kern-Takt der GPU eher in Richtung von PC-Grafikkarten-Größenordnungen zu verschieben - eine brillante Leistung.
Auf grundlegendem Level erwarten wir hierdurch Third-Party-Spiele, bei denen Scorpio höhere Auflösungen und detailliertes Artwork erhält. Aber die Ausmaße der Unterschied ist etwas, über das wir noch keine definitiven Rückschlüsse ziehen können, bis wir nicht erste Spiele gesehen haben. Das Best-Case-Szenario für Microsoft ist, dass seine CPU- und GPU-Anpassungen - entstanden direkt auf Basis eingehender Analyse existierender Spiele-Engines - für einen noch ausgeprägteren Unterschied zwischen sich und seinem Konkurrenten sorgen wird, als es auf Cross-Plattform-Veröffentlichungen für Xbox One und PS4 der Fall ist. Diesmal zu Gunsten von Microsoft.
Nehmen wir Microsofts Aussagen einfach mal so hin, gibt es keinen Grund, warum Spiele, die auf der Xbox One in 1080p laufen, auf der Scorpio nicht in native 4K spielbar sein sollten. Die Forza Motorsport Demo auf der Präsentation ist ein ziemlich gutes Argument dafür. Aber es sind die 900p-Spiele (die auf der Standard-PS4 in der Regel in vollen 1080p laufen), die hier aufschlussreicher sein dürften. Microsoft räumt ein, dass man bei diesen Titeln mehr Arbeit investieren müsse, aber auch sie sollten auf natives 4K kommen. Dennoch bietet die GPU ganz wie die PS4 Pro auch Hardware-Support für Checkerboarding und andere pixeleffiziente Techniken. Microsoft erwartet, dass diese einen kleinen Teil an Xbox-One-Titeln zu Gute kommen werden, die unter 900p fallen.
Die Frage ist: Abgesehen von höher aufgelösten Artworks (die zweifellos einen Unterschied machen werden), werden wir den Unterschied zwischen Scorpio- und Pro-Spielen erkennen? Die Resultate werden natürlich variieren, aber die PS4 Pro hat bewiesen, dass Checkerboarding, fortschrittliches Antialiasing, temporales Super-Sampling und dynamische Auflösungsskalierung das Gefälle zwischen echtem 4K and sub-nativen Auflösungen gut kaschieren können. Auf der anderen Seite ist all das aber kein durchgängiger Erfolg gewesen. Auf der Pro gibt es ein paar zu viele 1440p Releases, während echte, umwerfende 2160p-HDR-Showcases sich nur spärlich blicken ließen. Der Unterschied wird in jedem Fall wird der Unterschied sich in erster Linie auf Bildrate und Auflösung beziehen - quasi eine 4k-Wiederholung aktueller Xbox-One-/PS4-Face-offs - diesmal nur zu Microsofts Gunsten. Unterschätzt allerdings nicht die Wichtigkeit zusätzlichen Speichers. In Titeln wie Rise of the Tomb Raider machen die 4K-Texturen schon jetzt einen sichtbaren Unterschied, selbst wenn man den Ultra-HD-Modus auf einem 1080p-Bildschirm spielt.
Project Scorpio versus PC: Design an der Grenze des Machbaren gegen schiere Gewalt
Das nächste Äquivalent zur GPU der PlayStation 4 Pro im PC-Segment ist die Radeon RX470 oder eine heruntergetaktete RX 480 - jeweils Mainstream-Grafikkarten. Letztere wird typischerweise übertaktet, um denselben Sechs-Teraflop-Output zu erreichen, den auch Scorpio anpeilt. Teraflop-Vergleiche haben aber schlicht nichts mit Realwelt-Ergebnissen zu tun. Mit ein oder zwei Ausnahmen existieren die "Next-Gen"-Upscaling-Technologien der PS4-Pro nicht im PC-Raum - und andere PC-Upscaler auf Software-Ebene können gute Resultate abwerfen, werden aber nur in einer Minderheit an Spielen genutzt. So oder so, wir erwarten, dass sich hieran schon bald etwas ändert. Aber im Moment ist es einfach so, dass die Konsolen ein tolles 4K-Bild hinbekommen, auch wenn technisch noch getrickst werden muss und man deshalb nicht von "echtem" 4K sprechen sollte. Man bekommt viel Gegenwert für seinen Konsolenkauf.
Am Ende ist entscheidet, das Scorpio auf seinen sechs Teraflops fast sicher deutlich weiter kommen wird als ein gleichwertiges PC-Bauteil. Ich frage Microsoft genau das und sie brachten einige gute Argumente, die diesen Verdacht unterstrichen. Zunächst einmal ist ihr Shader Compiler sehr viel effizienter als PC-Gegenstücke (stellt euch Shader als nativen GPU-Code vor). Zweitens, diese Hardware direkt über ihre API anzusteuern, mit Zugang zu den Konsolenspezifischen GPU-Erweiterungen unterstreicht ebenfalls den Vorteil einer fest definierten Plattform. Zu guter Letzt verwiesen sie auf ihre Optimierungsplattform PIX (Performance Inspector for Xbox) - ein Tool, das Zugang zu konsolenspezifischen Optimierungen garantiert, den man auf PC schlichtweg nicht hat.
Was ich bisher sehen konnte, lässt durchaus darauf schließen, dass die 4K-Leistung der Scorpio selbst Nvidias GTX 1070 oder AMDs Fury X das Wasser reichen könnte. Ich habe erlebt, wie Microsofts neue Konsole Forza Motorsport 6 in 4K mit 60 FPS auf einem Niveau abgespielt hat, das in etwa den Ultra-Einstellung der PC-Version entspricht. Diese neue Qualität des geradezu obszönen Qualitätsniveaus war eines der ersten Ziele, dem sich Entwickler Turn 10 mit der überschüssigen Leistung des Xbox-One-Ports gewidmet hat. Aus Neugierde haben wir Forza 6 Apex mit ähnlichen Einstellungen in 4K-Auflösung auf einer GTX 1060, 1070 und 1080 getestet. Auf der GTX 1060 kam es zu Einbrüchen der Bildrate (die meisten traten bei nassen Witterungsbedingungen auf), während die GTX 1070 bis auf Szenen bei außerordentlich anspruchsvollen Wettereffekten gut mithalten konnte. Nur die GTX 1080 hielt dem Vergleich in allen Situationen stand. Dies ist nur ein erster Vergleich und es ließe sich zumindest darüber streiten, inwiefern der Code beider Spiele überhaupt vergleichbar ist. Die Leistung der Scorpio schmälert diese Gegenüberstellung allerdings keinesfalls: Forza 6 Apex wurde für seine Qualität als PC-Portierung hochgelobt und ist ein mehr als würdiger Gegner.
Unterm Strich bleibt vor allem eine Erkenntnis: PC-Spiele müssen für das Knacken der 4K-Grenze eine effizientere Technik entwickeln, um die Leistung der GPU effektiver zu nutzen und eine gleichbleibende Framerate zu gewährleisten. Die besten Konsolenspiele haben diesen Weg bereits aufgezeigt und wir erwarten, dass Project Scorpio diese Tradition fortführen wird. Wenn Spiele von Drittherstellern technisch gleichziehen und 900p- sowie 1080p-Ausgangsmaterial künftig ebenfalls auf natives 4K hochskalieren können, erwarten uns faszinierende Vergleiche mit PC-Hardware. Sollte die GPU der Scorpio tatsächlich natives 4K beherrschen und zugleich ähnliche oder gar bessere Ergebnisse liefern als die GTX 1070, wäre das eine großartige Leistung der Konsole.
Die vier Säulen der Scorpio und ein erneuter Fokus auf 1080p
Vor der eigentlich Hardware-Präsentation skizzierte Mike Ybarra, Vizepräsident der Xbox- und Windows-Gaming-Marke, etwas, das er selbst als die „vier Säulen" der Scorpio versteht: die Herzen und Köpfe der Entwickler zurückgewinnen, ausreichend Leistung für „echte 4K-Erfahrungen" liefern, eine vollständige Kompatibilität mit bereits bestehender Hardware und Software gewährleisten (alte Spiele sollen deutlich von der neuen Technik profitieren) sowie - und dieser Punkt ist ihm besonders wichtig - dafür Sorge tragen, dass Scorpio auch Besitzern eines 1080p-Fernseher einen Mehrwert liefert.
Um einen wichtigen Punkt klarzustellen: Microsoft geht nach wie vor davon aus, mehr Xbox-One- als Scorpio-Konsolen zu verkaufen. Vielleicht ist die ältere Technik tatsächlich besser für Full-HD-Bildschirme geeignet, doch Microsoft hat sehr genau beobachtet, welchen Ansatz Sony im vergangenen Jahr verfolgt hat. Die PlayStation 4 Pro richtet sich nach wie vor sehr stark an bereits bestehende 1080p-Nutzer, weshalb man sich in Redmond für einen Wechsel der eigenen Strategie entschieden hat. Auf der E3 vergangenen Jahres inszenierte Xbox-Chef Phil Spencer die Xbox Scorpio noch vorrangig als 4K-Konsole. Erst in späteren Kommentaren konkretisierte er die Vor- und Nachteile für Nutzer von 1080p-Geräten. Da voraussichtlich die meisten Gamer eher dazu bereit sind, ihre Konsole als ihren Fernseher auszutauschen, dürfte sich diese Entscheidung, zumindest kurz- bis mittelfristig, als richtig erweisen.
Wir haben einige PS4-Pro-Spiele sehr deutlich dafür kritisiert, bestimmte Spielmodi auf spezifische Bildschirme zu beschränken. Verfügt ein Spiel über einen 4K-Modus, sollten 1080p-Gamer automatisch von Super-Sampling profitieren, doch das ist längst kein Standard, selbst bei Sony-Produktionen. Ein Teil jener Anstrengungen, mit denen Microsoft auch 1080p-Nutzer zufriedenstellen will, beinhaltet daher vorgeschriebenes Super-Sampling. Läuft ein Scorpio-Spiel also in höherer Auflösung, muss es für Full-HD-Bildschirme entsprechend heruntergerechnet werden. Analog muss die Bildwiederholungsrate identisch oder schneller als bei herkömmlichen Xbox-One-Games sein. Hoffentlich werden wir dabei tatsächlich eine bessere Performance beobachten können.
Was die Hardware selbst angeht, so zeigt sich Microsoft außerordentlich zufrieden mit dem im Display-Prozessor verbauten Scaler der Scorpio. Es handelt sich hierbei um eine verbesserte Version des Xbox-One-S-Pendants, die auf hochwertige verticale und horizontale Six-Tap-Lanczos-Filter setzt, um "eine höhere Bandbreite und qualitative Voraussetzungen für 4K" zu gewährleisten. Verglichen mit der nativen 1080p-Ausgabe der Xbox One ist Super-Sampling deutlich überlegen: die Anti-Aliasing-Qualität ist unvergleichlich, die eigentlich identische Qualität der Textur-Filterings steigt mit der Auflösung und dank mehr hochdetaillierter Textur-Assets profitiert auch die künstlerische Gestaltung.
Microsofts Beharren auf 1080p-Super-Sampling birgt Vorteile für alle Bildschirme, ungeachtet ihrer Auflösung. Bei einigen PS4-Pro-Spielen war der Performance-Modus für 1080p-Nutzer nur aktivierbar, wenn die Output-Einstellung der Konsole auf Full-HD standen - No Man's Sky und The Last Guardian sind solche Beispiele. Solltet ihr eure Pro hingegen auf 4K eingestellt haben, habt ihr womöglich nie von der Existenz des Performance-Modus erfahren, weil er euch unter diesen Umständen schlicht vorenthalten wurde. Die Scorpio hingegen soll jederzeit alle Modi - egal ob bezogen auf Auflösung, Performance oder anderweitige Verbesserungen - anzeigen, ungeachtet des Bildschirms, an den die Konsole angeschlossen ist. Diese Philosophie deckt sich mit unseren Ansichten bei Digital Foundry und wir hoffen, dass PS4-Pro-Spiele diesem Beispiel künftig folgen.
Das Ende der Konsolengeneration?
Was das anbelangt, vermuten wir grundlegende Unterschiede in der Herangehensweise von Sony und Microsoft. Noch im vergangenen Jahr zog Mark Cerny eine klare Grenze: PS4 und PS4 Pro seien Teil derselben Generation. Es bedürfe eines immensen Sprungs hinsichtlich CPU, GPU und Speicher, um von einer PlayStation 5 sprechen zu können. Mike Ybarra hingegen argumentierte, Nutzer würden sich stets frühzeitig für die aktuellste Technik interessieren - ein völlig anderer Ansatz als jener von Cerny.
Unsere Gedanken dazu? Mark Cernys Prognose deckt sich womöglich stärker mit den Erwartungen von Core-Gamern, doch Mike Ybarra, der eine höhere Frequenz neuer Hardware-Einführungen kommen sieht, deckt sich eher mit der Realität der Konsolenproduktion. Das Mooresche Gesetz kommt ins Straucheln: Alle fünf Jahre einen sechs- oder achtfachen Leistungssprung anzupeilen, wird immer unrentabler, weshalb wir damit rechnen, künftig mehr Upgrades in kürzerer Zeit zu sehen. Es wäre jedoch irreführend, sich hierbei am Upgrade-Zyklus von Smartphones zu orientieren. Wenn wir aktuellen Trends folgen, ist eine zwei- oder dreimal stärkere Konsole alle vier oder fünf Jahre deutlich wahrscheinlicher.
Die Leistung einer Konsole wird für gewöhnlich von zwei Aspekten definiert: dem innovativen Design sowie der Fähigkeit, Transistoren mithilfe aktuellster Halbleiter-Technologien weiter zu verkleinern. Meiner Ansicht nach gibt es für die jeweils zuerst erscheinende Konsole reichlich Raum für Leistungssprünge, während es für später veröffentlichte Geräte immer schwerer wird. Sowohl PS4 als auch Xbox One erschienen 2013 mit 28-Nanometer-Chips, die bereits 2011 bei PC-Grafikkarten zum Einsatz kamen. Die jetzigen 16-Nanometer-FinFET-Transistoren, wie sie in der PS4 Pro und Scorpio zum Einsatz kommen, wurden erst fünf Jahre später rentabel - und ich gehe schwer davon aus, dass beide Konsolen ohne sie heute ebenfalls nicht rentabel wären. Inzwischen gibt es erste 10-Nanometer-Technologien, die womöglich nicht für Konsolen geeignet sind. Bis 7-Nanometer-Chips marktreif sind, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Behält man das im Hinterkopf, sind regelmäßigere Konsolen-Upgrades vielleicht die einzige Möglichkeit, technikaffine Gamer zu befriedigen. Selbst unter dieser Annahme sind jährliche oder zweijährliche Revisionen jedoch sehr unwahrscheinlich.
Inwiefern sich die Upgrades zur Mitte des Konsolenzyklus langfristig rentieren werden, bleibt abzuwarten. Im Hier und Jetzt allerdings ist der Wechsel zur 4K-Technologie definitiv ein guter Anlass, Geräte wie Scorpio und PS4 Pro auf den Markt zu bringen. Eine bessere Möglichkeit als den aktuellen Wechsel auf 4K-Fernseher wird Microsoft nicht bekommen, um einen schneller getakteten Konsolen-Upgrade-Zyklus zu starten. Solltet ihr noch mit dem Kauf eines neuen Fernsehers zögern oder bislang nicht völlig von der 4K-Technik überzeugt sein, rate ich euch dazu, Horizon Zero Dawn in HDR auf einem 4K-LD-OLED-Bildschirm oder auf Sonys eigenem ZD9 zu bewundern. Sonys technisches Schaulaufen auf den derzeit modernsten Bildschirmen sieht schlicht unglaublich beeindruckend aus.
Im Zuge des Besuchs bei Microsoft hatte ich wenig Zweifel daran, dass Project Scorpio ein tolles Stück Technik werden wird. Die Xbox One S hat unsere Erwartungen an die Slim-Version einer bestehenden Konsole deutlich übertroffen - auf gewisse Weise hat das Xbox-Team damit seine Hardware-Strahlkraft zurückerlangt. Die Technologie, Handwerkskunst und Liebe zum Detail allerdings, die sich durch durch dieses Gerät zieht, spielt in einer völlig anderen Liga (einzig zur Lautstärke der Lüfter lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen). Mit der Xbox One hat Microsoft die technologische Führungsrolle an Sony und die PlayStation 4 verloren. Angesichts von Sonys Erfolg ist Project Scorpio die absolut richtige Reaktion des Xbox-Teams: In vielerlei Hinsicht wird das Hardware-Design von Konsolen hiermit auf ein neues Level gehoben - mit dem Bestreben, Core-Gamern genau das zu geben, was sie wollen.
Ein weiteres Detail muss Scorpio während der nun beginnenden Wartezeit allerdings noch beweisen: dass die Konsole Spiele erhält, die ihrer Technik ebenbürtig sind.
Wir haben im Rahmen eines exklusiven Besuchs der Xbox-Firmenzentrale Zugriff auf Project Scorpio gehabt. Microsoft übernahm alle Kosten für Reise und Verpflegung.