Project Zero: Maiden of Black Water ist manchmal Kunst und kann manchmal weg
Mit der Priesterin des schwarzen Wassers hat Koei Tecmo ein Remaster eines Fatal-Frame-Teils von 2014 auf den Markt gebracht. Damit hatte Judith ihre erste Begegnung mit der Franchise.
Geister. Das sind mysteriöse, geheimnisvolle Schatten, die sich nur selten auf gruselige Weise bemerkbar machen... oder? Nicht in Project Zero von Koei Tecmo, denn da ist alles voll von den stöhnenden, grunzenden, schlurfenden Toten. Mit dem Remaster zu Maiden of Black Water auf der Switch hatte ich meine allererste Begegnung mit der Project-Zero-Reihe (oder auch Fatal Frame in Amerika) und versuche für euch diese paranormale Erfahrung in Worte zu fassen... und das ist gar nicht so einfach, denn bei dieser Geisterjagd greifen gut gedacht und schlecht gemacht oft mit eisigen Händen ineinander.
Darf's auch ein bisschen stereotyp sein?
Eine wirkliche Vorgeschichte des Spiels gibt es kaum. Ein paar Textblöcke führen minimal in die Situation ein und klingen ziemlich wie eine japanische X-Faktor Folge: "Wir erzählen euch jetzt eine furchterrrrregende Geschichte und jedes Wort davon ist wahr" So in etwa. Dann geht es sofort in ein psychedelisches Traum-Tutorial mit unserer klassischen Horrorfilm-Protagonistin Miu: Langes, gepflegtes Haar, weißes Top und kurzes Miniröckchen, wie man eben so auf Geisterjagd geht und das auch noch dem sagenumwobenen Berg, der dafür bekannt ist, dass sich dort reihenweise Leute das Leben nehmen. Schaurig, aber wenig überraschend, diese Rahmung.
Die zweite weibliche Hauptfigur, Geisterjägerin Yuri, hat sich im düsteren, nass-kalten Gebirge dann doch lieber für schulterfreies Top, winzige Hotpants und Strumpfband entschieden, um die Geister auch ja zu beeindrucken. Charakterlich ändert sich bei ihr auf den ersten Blick aber nicht allzu viel (und auch die Gesichter sind beinahe identisch). Natürlich gibt es dann als Kontrast zu den Mädels noch den abgeklärten, geheimnisvollen Horror-Autor als coolen Kontrapunkt, wie sich das gehört, wenn man Klischees mag.
Jedenfalls geht es mit Yuri gleich mal durch dass typisch düstere, heruntergekommene Haus und überall sind Geister mit schrecklichen Fratzen. Das Spiel schickt schon in den ersten Minuten absolute Phantom-Schau mit jeder Menge verzerrter Gesichter ab, sie über den Bildschirm taumeln.
Ja, es ist ein Geisterspiel, aber ist Grusel nicht intensiver, wenn man die Bedrohung noch nicht sofort kennt? Bei so viel Spuk-Overload ist man jedenfalls schon nach wenigen Minuten leicht abgestumpft, man hat ja alles gesehen. "Noch ein Geist...okay", denkt man sich dann nur, während die Hauptfigur wie ein kleines Mädchen am ersten Schultag durch die Gänge läuft.
Ich bin normalerweise wirklich ein Angsthase, aber selbst bei mir kam nicht übertrieben viel Grusel auf. Das Unheimlichste waren die vielen dunklen Bildschirme und mein Doppelkinn-Gesicht von unten, das sich dann in der Switch spiegelt. Doch das ist auch erst der Einstieg des Abenteuers, das sich zuerst fast wie ein Detektiv-Rätsel-Adventure präsentiert.
Who you gonna call?
Mit Kamera und übersinnlichen Kräften bewaffnet geht es durch düstere Hausflure. Man durchquert verfallene Zimmer, sucht nach Hinweisen, sammelt Gegenstände ein und nutzt die paranormalen Sinne der Hauptfigur und ihre besondere Camera Obscura, um Geister oder schattenhafte Gegenstände sichtbar zu machen. Das alles wäre wie ein intensives, stimmungsvolles Adventure, wenn die platte Rahmenhandlung nicht wäre und sich die Steuerung auf der Switch nicht seltsam hakelig anfühlen würde. Vielleicht ist das aber auch Teil des Horrors wie in einem typischen Alptraum: Du willst schnell weglaufen, kannst dich aber nicht richtig bewegen.
So steuert man sich von Episode zu Episode, immer wieder unterbrochen von Cut-Scenes der Charaktere über psychedelischen Traumsequenzen in Schwarz-Weiß, die man nicht so richtig einordnen kann. Klar, ein bisschen Neugier weckt das ganze Albtraum-Gefühl schon, dank des wirren Einstiegs braucht es aber viel Geduld, um überhaupt in das Spiel und die Stimmung reinzukommen, vor allem, da viele der Erzähltexte nur auf dem Bildschirm stehen und nicht vertont sind. Zettelchen, die man auf der Switch gar nicht mal so gut lesen kann, gibt es ohnehin viele.
Ab Episode zwei geht es dann auch im Kampf gegen die angriffslustigen Geister, die noch immer überall lauern und bei denen man schnell abstumpft (erinnert mich etwas an Alex' Statement zum Thema Horror im Videospiel, der gerne nach kurzer Zeit abflaut). Jedenfalls zielt man dann mit der Kamera auf Geister und knipst sie, was ihnen schadet und sie zurückwirft. Dabei kann man auch die Switch selbst hin- und herkippen wie eine Kamera, um ein Foto in einem anderen Winkel aufzunehmen - nettes Gimmick! Für gewonnene Kämpfe, aber auch für besondere Fotos, die man schnell im richtigen Moment abdrückt, gibt es dann Punkte, um das Foto-Gewehr zu verbessern und das steigert den Wunsch auf Schnappschussjagd.
Bitte lächeeeeeln!
Diese Grundidee ist zwar superkreativ, allerdings ein altbekanntes Project-Zero-Element, denn das sind alles Shooting-Games mit "wo ist das Vögelchen"-Elementen. Durch die sehr häufigen Geisterbegegnungen, wird das Totblitzen der Phantome als paranormaler Paparazzo aber schnell ein wenig repetitiv und dadurch auch leicht absurd.
Ich verstehe die Geister dabei ja sogar irgendwie. So wie die herumlaufen und dann auch noch eiskalt fotografiert werden, ist es ungefähr, wie wenn man mich Samstag morgens nach einer durchzechten Nacht vor der ersten Dusche erst mal knipst. Da würde ich auch zurücktaumeln.
Schön schaurig kommen vor allem die Geister-Sounds, hin und wieder kleinere Jumpscares und vielleicht sogar der Totenberg als Kulisse rüber, wenn man das nicht zu plakativ findet. Zumindest dient es vor dem Einschlafen im dunklen Zimmer dazu, dass man im Anschluss schön wirre Träume haben kann - für euch getestet!
Ob das allerdings meine beste erste Begegnung mit Project Zero war? Es wäre jedenfalls kein Grund für mich, sich nun die ganze Reihe zu holen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles ist, was die Franchise zu bieten hat. Ich hatte das Gefühl, Maiden of Blackwater läuft unter dem Motto: "Warum subtil, wenn's auch mit dem Holzhammer geht?" Etwas mehr unterschwelliger Grusel, etwas mehr Rahmenhandlung, etwas glaubhaftere Charaktere und etwas weniger Surrealismus...all das hätten am Totenberg nicht geschadet. Von der ruckeligen Steuerung ganz zu schweigen.
Immerhin machen Stimmung und Sound neugierig und können Lust auf mehr machen, denn ich hab zumindest eine gewisse Anziehungskraft verspürt in den Phasen, in denen ich nicht völlig verwirrt war... und dieser Erlebnisbericht ist wahr und nicht frei erfunden!