Prototype 2
Interview mit Radicals VP Dave Fracchia nahe der Bacon-Hütte
Zum Ende der Tour durch das Studio setzte ich mich in der Kantine kurz mit Studio Vice President Dave Fracchia an einen Tisch und ließ mir ein paar Fragen von der kanadischen Frohnatur beantworten.
Wir verbringen sehr viel Zeit damit, ihre Fragen zu beantworten. Wir veröffentlichen irgendwas und bekommen im Gegenzug Reaktionen der Spieler. Ob sie nun generell positiv oder negativ sind, sei dahingestellt. Natürlich haben wir eine sehr deutliche Bestätigung der Fans erhalten. Sehr interessant ist die Entwicklung der Kommentare. Unsere Frage dabei ist, ob diese Antworten gerechtfertigt sind. Als wir beispielsweise das erste Mal den Wechsel von Alex Mercer zu James Heller verkündet haben, sahen wir viele Kommentare, in denen die Leute schrieben ,Wie könnt ihr Alex einfach austauschen?' oder ,Wieso ist Alex auf einmal der Böse? Ich liebe Alex!'.
Und nun sagen sie, dass sie froh sind, einen neuen Charakter zu spielen. Wir sahen sie in Foren oder auf Blogs miteinander streiten. Daher war es sehr interessant, als wir feststellten, dass wir uns dieses Problem annehmen mussten. Natürlich hat sich nichts geändert, doch wir mussten unsere Gründe für den Wechsel verdeutlichen. Also haben wir ein neues Video rausgebracht und gesagt ,Seht, darum haben wir das gemacht'. Und das Großartige war, dass wir selbst von Personen, die im Vorfeld ,nein' oder ,macht das nicht, ich werde dann das Spiel nicht mehr kaufen', gesagt hatten, positives Feedback erhalten haben.
Auf einmal waren sie sie wie ,Aahhh, das ist sehr interessant und ziemlich cool'. Spieler kennen unseren grundlegenden Design-Ansatz nicht. Somit sind viele Kommentare für uns nicht brauchbar, aber dennoch cool zu lesen, weil sie Engagement zeigen und wir versuchen, ihnen stets zu antworten. Ich würde zwar nicht sagen, dass eine bestimmte Idee direkten Einfluss auf die Entwicklung gehabt hätte, aber es machte uns klar, dass wir einige der Veränderungen besser vermitteln mussten.
Der Hauptfaktor, auf den es hinauslief, waren die Silhouetten, da man sie schnell wieder erkennen muss, wenn man das Spiel spielt. Silhouetten können den Unterschied machen. Wir haben hier einen ehemaligen Wissenschaftler [Alex Mercer - Anm. d. Red.] und einen ehemaligen Militärsoldaten [Heller]. Und beide haben markante Silhouetten, sie sollten sich aber optisch immer noch unterscheiden. Ihre Gemeinsamkeiten entstanden durch die Tatsache, dass beide ihre Identität verstecken wollen.
Das Leder funktioniert für uns dabei wirklich gut, da es auch den Kontrast zu den roten Tentakeln auf der Figur zeigt. Ich würde nicht sagen, dass es eine bewusste Entscheidung war, Heller in irgendeiner Weise wie Mercer aussehen zu lassen. In Wahrheit wollen wir sie sehr unterschiedlich wirken lassen, aber sie sind wesentlich differenzierter in ihrer Persönlichkeit. Viele werden Gemeinsamkeiten und andere starke Unterschiede in den Protagonisten finden. Wir haben auf jeden Fall nie versucht, sie in irgendeiner Weise gleich zu gestalten.
"Der Spieler ist nun in der Lage, den Kampf zu kontrollieren."
Dave Fracchia, Radical Entertainment
Wir haben darüber lange geredet und sogar Fans sagten, dass wir es tun sollten. Doch dies ist ein Einzelspieler-Spiel und ihr spielt Sergeant James Heller. Falls man zwischendurch zu Alex Mercer wechselt, würde das einen starken Bruch im Spielfluss bedeuten und für uns würde es auch schwierig werden, es plausibel in der Geschichte umzusetzen. Man baut die gesamte Zeit seinen Charakter auf und verfolgt Mercer. Daher belassen wir den Fokus auf Sergeant James Heller.
Natürlich haben wir ausführlich über DLC diskutiert, doch bisher haben wir noch keine Pläne für zukünftigen DLC angekündigt. Im Moment ist das alles eine große Überraschung. Der Vorschlag ist jedoch eine gute Idee (lacht).
Wir haben versucht, mehr von einem System abzuweichen, das auf bloßem Überleben basiert und quasi ein Buttonmasher ist. Der Spieler ist nun in der Lage, den Kampf zu kontrollieren. Selbst im kompletten Chaos habt ihr stets die Kontrolle über den Ablauf, die Geschwindigkeit. Ihr habt die Wahl, wie ihr eure Feinde attackieren wollt. Dazu haben wir verschiedene Methoden benutzt.
Die eine zeigt die Angriffe der Infizierten besser. Ein Brawler setzt vor dem eigentlichen Schlag zum Beispiel zu einem kurzen Hieb an, der die Attacke ankündigt. Während dieser Aktion habt ihr Zeit zu reagieren. Nicht viel Zeit, aber es ist möglich. Beim Militär haben wir viele starke Feuerwaffen. Zuerst sieht man ein paar Laser, die auf euch zeigen, zusammen mit einem kleinen Sound, der euch mitteilt, wann der Abschuss folgt. In einem hektischen Kampf können drei Laser gleichzeitig auf euch gerichtet sein und ihr habt dennoch die Möglichkeit zur Abwehr. Ihr könnt sie per Knopfdruck mit eurem Schild ablocken oder durch ein Upgrade sogar reflektieren.
Die andere ist die Art und Weise wie Gegner auf eure Fähigkeiten reagieren. Ihr müsst überlegen. Packt ihr die Klingen gegen einen Panzer aus, ist es wie mit einem Messer auf Metal zu schlagen. Ihr müsst strategischer sein. Das gute am Spiel ist, dass ihr stets zwei Fähigkeiten gleichzeitig mit dem Ring-Menü auswählen könnt. Schaltet mit den Klingen zuerst die fleischigen Kreaturen aus, und zerschlagt anschließend mit dem Fausthammer den Panzer. Es läuft auf eine großartige Kombination hinaus, aus feindlichen Warnungen, den Reaktionen sowie der Möglichkeit, auf verschiedene Arten zu reagieren und zwei Fähigkeiten anzulegen.
"Wir spielen all die Open World Spiele. Aber wir spielen sie nicht nur, um etwas von ihnen zu lernen, sondern weil wir sie lieben."
Dave Fracchia, Radical Entertainment
Wir spielen all die Open World Spiele. Aber wir spielen sie nicht nur, um etwas von ihnen zu lernen, sondern weil wir sie lieben. Natürlich gab es Einflüsse auf unser Projekt, die uns inspiriert haben. Positive sowie auch negative. Ich würde nicht sagen, dass wir direkt etwas übernommen haben. Wenn überhaupt ist jemand von uns irgendwann einmal auf die Idee gekommen und hat später gesehen, dass es in einem anderen Spiel besonders gut funktioniert oder einfach Sinn gemacht hat.
Die große Frage lautet aber: Bedienen wir uns alle bei den Ideen der anderen? Vielleicht nicht direkt. In einigen Fällen sieht man Leute, die intuitiv etwas Cleveres tun und wenn man sich diese Spiele ansieht, erkennt man, dass sie ebenfalls von anderen Titeln beeinflusst wurden. Und das ist doch das Wunderbare an unserer Industrie.
Ich persönlich würde liebend gerne ein Prototype 3 machen. Ich liebe diese Serie und wir werden abwarten müssen, was passiert.
Das ist wirklich eine Frage für die Kristallkugel (lacht). Wir haben uns noch keine Gedanken zu so einer Frage gestellt oder wirklich über Prototype 3 nachgedacht, weil wir so auf den zweiten Teil fokussiert sind. Aber falls wir einen Dritten machen, wären das genau die Fragen, die wir uns stellen würden. Auch die Reaktionen der Fans auf Prototype und sogar unsere eigenen Ambitionen im Bezug auf die Spiele, die wir in Zukunft machen wollen, spielen natürlich eine Rolle. Es ist wirklich das unglaublich Faszinierende an der Industrie. Jedes dieser Spiele schiebt die Messlatte Stück für Stück nach oben. Egal, welches Spiel wir als nächstes machen, ihr könnt sicher sein, dass es mit diesen Titeln konkurriert und hoffentlich sogar besser ist.
Es ist die Genialität unserer Designer. Hier bei Radical darf jeder Ideen einbringen. Besonders stolz bin ich auf unser Feedback-System. Wenn jemand das Spiel spielt, kann er einfach das System benutzen und einen Kommentar hinterlassen zu einer Attacke, einer Sequenz oder einem simplen Effekt. Die jeweils zuständige Person erhält dann eine E-Mail. Manchmal kommen wir nach dem Wochenende wieder und jemand hat etwas total Cooles eingebaut. Wirklich wichtig dabei ist, dass alles zu unserem Konzept und dem Design passen muss.
Aber es gelangten ein paar abgefahrene Dinge wie die Bio-Bomb ins Spiel, mit der es möglich ist, einen Gegner zu infizieren und ihn als Tentakel-Granate zu benutzen. Es wurde aus einem zentralen Element des Spiels heraus geschaffen. Das ist der Schlüssel. Da wir die Tentakel und all die Fähigkeiten besitzen, können wir daraus ziemlich verrückte Situationen erschaffen. Dennoch bauen wir keine Brutalität nur der Brutalität wegen ein. Die Sachen müssen immer zum Spiel passen und stets einen Nutzen haben. In diesem Sinne sind die Bio-Bombs sehr nützlich.
Bei manchen Effekten gab es wirklich zu viel Blut, sodass wir den Wahnsinn stoppen mussten. Doch ich kann mich auch an ein paar verrückte Dinge erinnern, die wir wieder rausgenommen haben. Aber ich sollte sie wahrscheinlich nicht erzählen.
"Einer der Entwickler von Saints Row kam uns einmal besuchen und fragte, ob wir Dildos in unserem Spiel hätten."
Dave Fracchia, Radical Entertainment
Ok, ok. Wir haben ein paar interessante Zusatzgeräte an die Panzer angebracht und jemand hatte die Idee, eine Art Schleuder anzubringen, die Sachen und Personen aufnimmt und sie gleich wieder wegschleudert. Es war sehr verrückt aber auch spaßig darüber zu reden, doch letztendlich hat es nicht ins Spiel gepasst. Die meisten dieser blutigen Ideen entstammen den Köpfen der IT-Leute. Genau diese Idee kam von einem, der normalerweise sehr ruhig und schüchtern ist, während eines Meetings. Ich dachte bloß ,Wirklich?'. Wir haben diese Person sofort zur Therapie geschickt (lacht). Das war übrigens Sam. Oh, habe ich gerade wirklich seinen Namen genannt? Hups.
Man kann es mit diesen Dingen wirklich übertreiben. Der Fokus muss stets auf dem Kern des Spiels bleiben. Bau zu viele übertriebene Dinge in ein Spiel und es verliert an Glaubwürdigkeit. Einer der Entwickler von Saints Row kam uns einmal besuchen und fragte, ob wir Dildos in unserem Spiel hätten. Ich guckte ihn erstarrt an und er sagte ,Habt ihr riesige Dildos, die Personen töten können?'. Plötzlich fing ich an zu lachen und entgegnete ihm ,Nein, die gehören euch. Ihr dürft sie gern behalten'.
Prototype 2 erscheint für Xbox 360, PlayStation 3 und PC am 24. April 2012. Informationen zu unserer Anspielsessions folgen Anfang nächsten Jahres.