Puzzle Quest 2
Vier gewinnt
Das erste Puzzle Quest hat meinem geregelten Tagesablauf seinerzeit ohne mit der Wimper zu zucken einen dicken Knüppel zwischen die Beine geworfen. Steinchentauschereien nach Art von Bejeweled waren neben Tetris und Puzzle Bobble schon damals das vielleicht am häufigsten abgeschaute Knobelsystem der Welt. Dieser spezielle Mix aus RPG und Puzzler war aber noch neu.
Drei Jahre später sieht das Ganze schon anders aus. Infinite Interactive selbst machte mit Puzzle Quest: Galactrix einen etwas unglücklichen Abstecher ins All, während sich jüngst Square Enix und Pop Cap für das schnörkellosere (und vor allem wunderhübsche) Gyromancer zusammen getan haben. Den neuen Gipfel dieses Sub-Genres stellt aber Ubisoft mit dem wahrhaft bezaubernden Might & Magic: Clash of Heroes.
Der DS-Titel ist mit packender Geschichte, guten Production Values und einem Spielsystem, das zumindest annähernd so aussieht wie die Schlachten, die die Konkurrenten mit ihrer Murmelschieberei zu symbolisieren versuchen, eine weit homogenere Mischung aus RPG-Taktik und Knobler als alles bisher dagewesene. Infinite Interactive nimmt wohl auch deshalb einige Änderungen für das zweite „echte“ Puzzle Quest vor - ohne jedoch wirklich den Spaßfaktor zu steigern.
Anstatt über eine detaillierte Oberkarte von einem Quest zum anderen zu wuseln und hin und wieder von Gefahren am Wegesrand gestoppt zu werden, bewegt ihr nun einen von drei Helden-Archetypen (die jeweils Männlein oder Weiblein sein können) mit eigenen Fähigkeiten über eine nahe isometrische Ansicht. Offenbar wollte man hier ein noch rollenspieligeres Gefühl erzeugen und die Wege kürzer halten, da es nahezu auf jedem Bildschirm neue Charaktere, (Sub-)Quests und Gegner gibt. Auch, wenn er hübscher aussieht: Mir persönlich gefällt dieser Ansatz aber weniger gut als im Vorgänger. Und das liegt wohl auch daran, dass die neue Perspektive zwar den Eindruck vermittelt, man spiele ein westlich angehauchtes Fantasy-RPG. Es fühlt sich allerdings nicht so an.
Die Fortbewegung wird zum Beispiel noch immer nicht direkt erledigt. Stattdessen klickt ihr euren Charakter einfach zum nächsten Hotspot und führt dann eine der wenigen angebotenen Aktionen aus. Der Ablauf unterscheidet sich auf dem Papier nicht groß vom Vorgänger, der neuen Look mag aber irgendwie nicht so recht zum Gameplay passen. An Top-Down-Dungeon-Crawlern dieser Aufmachung kennt und schätzt man Erkundungsaspekte, die hier durch die Perspektive angedeutet, wegen der „umblätternden“ Bildschirme und dem Abklappern der interaktiven Stellen niemals aber wirklich geboten werden. Bei Games, die vornehmlich auf einer Oberweltkarte erledigt werden, kommt diese Assoziation dagegen erst gar nicht auf. Gut möglich, dass ich mit diesem Problem alleine dastehe, aber diese Annäherung ans Rollenspiel zeigt mir nur, wie wenig das Puzzle-Quest-Konzept damit tatsächlich zu tun hat.
Zahlreiche Einblendungen, die nach jedem questbezogenem Dialog aufploppen, bremsen zudem euer Fortkommen, selbst wenn schon lange der nächste Kampf lockt. Ihr wurdet soeben von einem nett gezeichneten NPC-Sprite gebeten, das unheimliche Geräusch im Westen zu untersuchen und wollt euch auf den Weg machen. Dürft ihr aber erst, wenn das Questziel kurz noch einmal eingeblendet und eventuelle Belohnungen abgerechnet wurden. Erst, wenn endlich der Pfeil in Richtung des westlichen Bildschirms erscheint, könnt ihr darauf klicken und eurem Charakter zusehen, wie er sich ansprechend groß, aber spärlich animiert und nur auf den Diagonalen des Screens dorthin begibt. Das ist natürlich kein Beinbruch, aber es kommt einfach kein besonders guter Spielfluss oder Komfort auf. Das Resultat ist, dass man sich irgendwann nur noch mit wenig Engagement durch die Welt drückt, weil man einfach zum nächsten Kampf möchte.
Die Story spielt sicher auch in das gepflegte Desinteresse mit hinein, weil sie recht generisch ist, und das gesamte Drumherum, das die Knobeleien umgibt, als ebendies entlarvt: Als Drumherum. Auf dem eigentlichen Spielfeld wird die gewohnte Versuche-mindestens-drei-besser-aber-vier-in-eine-Reihe-zu-bringen-Qualität geboten, allerdings mit dem Unterschied, dass ihr diesmal auch Waffen und Schilde aktiv nutzen könnt anstatt passiv mit ihnen eure Statuswerte anzufeuern. Dafür müsst ihr euch aber erst Aktionspunkte in Form von Fehdehandschuhen auf dem Spielbrett verdienen. Dies passiert genau wie mit dem Mana für die übrigen Spezialfähigkeiten, mit denen ihr euren Gegner schwächt, ihm Schaden zufügt oder euren Helden bufft. Schwerter, Äxte, Schilde und Stäbe sorgen auf diese Weise für einen zusätzlichen und höchst effektiven Anreiz, jeden Winkel der Kampagne zu durchlooten.
Insgesamt ist das eigentliche System trotz dieser Änderung noch etwas schlanker als zuvor, weil Erfahrungspunkte und Gold nicht mehr im Kampf verdient werden müssen, sondern anschließend als Belohnung vom Spiel herausgegeben werden. Was mich allerdings auch in Teil 2 in den einen oder anderen Wutausbruch getrieben hat, ist die Tendenz der KI, sensationelle Vierer-Stafetten auf mich niederprasseln zu lassen oder nach meinem Zug von oben dem Gegner die passenden Steine vor die Nase zu werfen. Gefühlt ist das zwar nicht mehr so häufig der Fall, aber es reicht, um mir eine Erwähnung wert zu sein.
Hin und wieder wird die Formel durch Mini-Games durcheinander gewürfelt. Etwa, wenn ihr eine Holztür zerstören müsst, indem ihr nur rote Steine (Feuer!) zerstört, aber insgesamt bleibt doch alles beim Alten. Auch Online-Varianten sind wieder mit von der Partie - und selbst wenn der neue Turnier-Modus wenig Neues bietet, hat man hier doch die willkommene Chance, sich losgelöst vom Beiwerk und übermäßig hellsichtiger KI nette Gefechte zu liefern.
Wie schon im ersten Teil sind es die nette optische Aufmachung und vor allem das clevere Gespür dafür, den Spieler mit Loot, Zaubern und neuen Items vor der Nase durch die dünne Atmosphäre seiner Welt zu ziehen, mit denen Puzzle Quest 2 kompetent beschäftigt. Runde um Runde leiert einem das Spiel aus den Fingern, ohne dass dieser bemerken würde, wie seine Freizeitplanung zunehmend lichterloh in Flammen steht. Über den beachtlichen, aber doch irgendwo brotlosen Suchtfaktor hinaus steht aber fest: Das Spiel macht mehr Schritte zur Seite als nach vorne und muss sich daher gefallen lassen, dass es nicht groß am Prädikat „Puzzle-Primus“, das zu Recht an Ubisofts Clash of Heroes (DS) kleben bleibt, knibbeln darf.
Puzzle Quest 2 ist ab sofort via XBLA und ab dem 16. Juli für den DS erhältlich.