Quantum Conundrum - Test
Das größte Rätsel: Wie bekommt man es hin, in diesem Format nicht an Portal gemessen zu werden?
Kim Swift, einst einer der führenden Köpfe hinter Portal, kann nicht aus ihrer Haut. Auch in ihrem nächsten Spiel, das dieses Mal in Zusammenarbeit mit Airtight Games entsteht, dem Studio hinter dem zu Unrecht mit Häme bedachten Dark Void, puzzelt man sich aus Ego-Perspektive wider diverse physikalische Realitäten durch eine Reihe von Raumrätseln. Und wenn man erst einmal in Quantum Conundrum drin ist, versteht man schnell, dass das tolle Puzzledesign von Swifts kultigem Vorgängerprojekt kein Zufall war.
Erneut ließ sich Swift einen thematischen Unterbau einfallen, der das Spiel mit den Naturgesetzmäßigkeiten rechtfertigt: als der wortlose, kindliche Neffe von Fitz Quadwrangle müsst ihr das Verschwinden des exzentrischen Professors ergründen. Der Gute ist nämlich seit einem seiner jüngsten interdimensionalen Experimente verschwunden und nur noch über die Lautsprecher-Anlage seines Anwesens zu hören. Da ihr gerade ohnehin einen längeren Ferienaufenthalt bei ihm eingeplant hattet, sollten die folgenden sechs Stunden unterhaltsamer Grübelei nur eine kleine Delle in eurer Urlaubsplanung hinterlassen.
Am besten räumen wir gleich die offensichtlichste Frage aus dem Weg. Das hier dringt trotz aller Parallelen nicht auch nur ansatzweise in Portal-Höhen vor, was gleich an mehreren Gründen liegt. Der Offensichtlichste ist die Möglichkeit zwischen vier Dimensionen zu wechseln. Schwer, leicht, Zeitlupe und umgekehrte Schwerkraft sind eigentlich ein vollkommen adäquater Regelvorbau, aus dem Swift das Maximum rausholt und ihn sogar mit einem ansprechenden Effekt visualisiert. Trotzdem erzeugt diese Spielerei niemals diesen wahnsinnigen Hirnverdreh-Effekt, den man damals erlebte, als man durch Löcher in Decke und Boden sich selbst bis in die Unendlichkeit hinterherstürzte. Oder als man sich eine Grube hinunter durch ein Portal warf, um weiter oben an der Wand mit einem Affenzahn wieder hinauszuschießen. Oder, oder, oder ...
Dazu kommt das Szenario, das Konsistenz und Logik vermissen lässt. Eine Reihe von Test-Kammern in einer voll automatisierten Anlage, mit dem Spieler als Versuchskaninchen einer Super-KI, das räumt gleich mit einer ganzen Reihe innenarchitektonischer Probleme auf, die sich einem in den Weg stellen, wenn man dem Spieler einen Physik-Hinderniskurs in einem alten Anwesen zusammenbasteln will. Wo in Portal kurze Gänge und Lifte die einzelnen Bereiche bündig und schlüssig verbinden, wirken die Wege zwischen den Rätseln in Quantum Conundrum beliebig, meist eine Idee zu lang und optisch nicht besonders anregend. Durch immer gleiche Korridore im Samstagmorgen-Cartoon-Look und Wendeltreppen, vorbei an Bücherregalen und immer gleichen Porträts, gelingt es QC nicht so recht, zu verschleiern, dass es eigentlich nur eine Serie cleverer Puzzles sein will.
Zu guter Letzt ist es dann noch der Humor, der zu oft einfach nicht zünden will. Auch wenn John de Lancie - TNGs Q höchstpersönlich, tolles Casting! - sein markantes Organ wirklich bestmöglich einsetzt, wollen die bemühten Scherze aus der Verrückter-Wissenschaftler-Mottenkiste meistens nicht so richtig zünden. Zwei dieser drei Punkte sind allerdings rein verpackungstechnischer Natur, die hier zudem noch am Besten der Besten gemessen werden. Aber den Vergleich muss ich nicht erst bemühen, er ist dem Design von Quantum Conundrum inhärent, drängt sich ganz von selbst auf.
Nichts davon kann aber wirklich daran rütteln, dass das Gameplay-Fundament von Swift und Airtight Games mit hochsolidem Knobel-Material ausgegossen wurde und regelmäßig für schöne Aha-Momente gut ist. Es verfehlt seine Wirkung nie, wenn eine Armada von knautschigen Polstermöbeln in einem perfekt-synchronen Bogen beinahe ballettartig an euch vorbeisegelt, um euch, nach der Aktivierung eurer Zeitlupe, als improvisierte Brücke über einen Abgrund zu dienen. Oder einen tonnenschweren Safe im leichten "Fluffy"-Modus vor sich her zu werfen, um dann in Zeitlupe auf ihm auf die andere Seite einer Kluft zu reiten.
Das ist sehr oft gehobener Rätselspaß für Spieler mit Beobachtungsgabe und gerät nur selten wirklich ins Stocken. Ist man im ersten Kapitel noch ein bisschen unterfordert, geht die Kombination der Dimensionen später sogar richtig in die Vollen. Hier und da müsst ihr durch das Einsetzen von entsprechenden Batterien wählen, welche Dimensionen ihr aktuell einsetzen wollt, was dem Rätselparcours eine nette Variabilität verleiht. Alles in allem geht das Spiel nach den einleitenden Leveln doch noch ein ordentliches Tempo, Swift und Airtight Games beweisen meistens ein gutes Augenmaß für das Anforderungsprofil an den Spieler.
Und doch schlägt das Spiel ab und an etwas über die Stränge, wenn es in Ego-Jump-and-Run-Bereiche vorzustoßen versucht. Das etwas zu weiche und unpräzise Sprungverhalten kostet einen das eine oder andere Leben und ihr bekommt folglich Rätsel vorgesetzt, die ein bisschen zu viel Geschicklichkeit verlangen. An einigen Stellen hatte ich die Lösung schon lange geknackt, scheiterte aber mehrfach an der Durchführung. Oft half eine kurze Pause, um einen frischen Blick für das benötigte Timing zu bekommen, aber das Gefühl, dass es hier in den Abläufen ein bisschen zu fummelig wurde, blieb bestehen.
Auch wenn die Prämisse nicht die Geschlossenheit vermittelt und das grundlegende Design nicht so fasziniert, wie in dem Spiel, dem Swift ihren Bekanntheitsgrad zu verdanken hat: Freunde Portal-artiger Ego-Knobler finden hier dennoch einen ansprechenden und günstigen Zeitvertreib für zwei längere Nachmittage, der mechanisch nur wenig falsch macht. An das Sprungverhalten gewöhnt man sich zähneknirschend, und wenn man den Schnitt der Ecken kennt, um die QC euch denken lassen will, kommt auch wieder der Fluss auf für den man einen guten Puzzler lieben muss.
Erwartet nur nicht, dass euch im Internet über Monate hinweg Fitz-Quadwrangle-Memes der Marke "The cake is a lie" begegnen werden - aber das ist vielleicht auch irgendwo ein Segen.