Quo Vadis - Die Entwicklerkonferenz
Von weiblichen Spielern, Künstlicher Intelligenz und blutigen Games
Neue Verfahren der KI in Computerspielen
Nach diesem leicht verständlichen Vortrag ging es mit etwas härterem Material weiter. Das nächste Seminar setzte sich mit der Künstlichen Intelligenz auseinander und erforderte auch von den Zuhörern einen wachen Geist. Dr. Andreas Gerber von der X-aitment GmbH stellte die neusten Errungenschaften beim modularen Einsatz computergesteuerter Spielfiguren vor. Dabei machte er mit einigen Beispielen deutlich, dass sich die Künstliche Intelligenz im Vergleich zu Grafik und Physik kaum weiter entwickelt hat. Danach gingen viele Informationen in dem Fachdialog über Ruler Interpreter, Knowledge Bases und Knowledge Sources verloren.
Erst als ein intelligenter Quake-4-Bot gezeigt wurde, konnten auch Laien-Informatiker den Worten des Referenten wieder folgen. Die Figur besaß eine ausgeklügelte Wegfindungsroutine, hervorragende Zieleigenschaften und eine logische Wahrnehmung des Spielfeldes. Wie ein Pro-Gamer sammelte der Bot alle wichtigen Power-Ups genau in der richtigen Reihenfolge ein, um nicht nur beim Zielen, sondern auch bei Lebens- und Schild-Energie den menschlichen Gegenspielern ebenbürtig zu sein. Anschließend ging es mit Counter-Strike weiter, wo die KI geschickt die verschiedenen Deckungsmöglichkeiten ausnutzte und lediglich zum Schießen diese auch wieder verließ. So entstand ein fast schon menschliches Verhalten.
Die Spielstärke resultierte also nicht aus einer Hundertprozentigen Trefferquote, sondern aus dem geschickten Einsatz der Umwelt. Auch beim letzten Beispiel wurde versucht, die künstliche Intelligenz auf dynamische Prozesse reagieren zu lassen. Gleichzeitig wählten die symbolisch dargestellten Bots bei ihrer Bewegung natürliche Muster, die auch ihre Form berücksichtigte. Das Hängenbleiben von großen Einheiten an Geländemarken soll so in Zukunft komplett vermieden werden. Außerdem suchten sich die Objekte bei einem plötzlichen auftauchendem Hindernis sofort einen neuen Weg.
Gewalt in Videospielen
Erholt von der geistigen Anstrengung des letzten Seminars und gestärkt durch ein vorzügliches Mittagessen machten wir uns auf in die nächste Veranstaltung. Und hier ging es richtig blutig zur Sache. Rechtsanwalt Stephan Mate führte uns in seinem Workshop in die Tiefen der Jugendschutzgesetzgebung und erklärte uns den genauen Ablauf der Prüfung durch die einzelnen Organe und Gremien. Der ehemalige Betatester von Eidos untersucht heute selbst die Auswirkung von Gewalt in Videospielen und versucht, aktiv für ein tieferes Verständnis zu werben. Der Vortrag richtete sich im Besonderen an Entwickler und Publisher, die seiner Meinung nach den Jugendschutz schon in der Planung ins Visier nehmen sollten.
Dabei steht eine frühe Prüfung des Spiels bei der USK im Vordergrund stehen. Denn mit einer zu hohen Einstufung kann nicht nur die Zielgruppe verfehlt, sondern durch eine Indizierung das ganze Projekt gefährdet werden. Als Grundlage für die persönliche Einschätzung stellte er die gesetzlichen Unterteilungen vor. Neben Jugend beeinträchtigenden und Jugend gefährdeten Medieninhalten gibt es schwer Jugend gefährdeten und sogar strafbaren Content.
Während bei der ersten Stufe „nur“ eine Alterskennzeichnung erforderlich ist, droht schon bei der Gefährdung der Entwicklung eines Kindes die Indizierung. Die dritte Form der schweren Gefährdung (Kriegsverherrlichung, Folterung, explizite sexuelle Darstellungen,...) ist automatisch indiziert und bei strafbaren Inhalten (Rassenhass, Kinderpornographie,...) sind sogar Haftstrafen für den Entwickler möglich. Bis auf die schwerste Form dürfen aber alle anderen Titel von Erwachsenen weiter konsumiert werden. Lediglich der öffentliche Verkauf ist ab Indizierung nicht mehr möglich.
Anschließend stellte er uns die ausführenden Organe und ihre Prüfverfahren vor. Zusammengefasst wird die Unterhaltungs-Selbstkontrolle vom Hersteller beauftragt, um eine Alterskennzeichung zu erhalten. Wird diese nicht erteilt, kann der Titel indiziert werden. Dies übernimmt dann die Bundesprüfstelle, aber erst nachdem sie eine Anregung von einer Behörde oder einen Antrag von einer zuständigen Stelle erhalten hat. Ist der Titel dann auf dem Index, wird sofort ein Werbeverbot aktiv, das auch den freien Verkauf einschließt. Beide Organisationen sind in ihrer Struktur unabhängig und überparteilich. Die Gremien setzen sich dabei aus Politik, Wissenschaft und Lehre zusammen. Um diesen Vorgang zu veranschaulichen, präsentierte uns Herr Mate die Indizierung am Beispiel von Gears of War.
Einige Argumentationen wie ein schwacher Plot und die extreme Gewaltdarstellung sind dabei nachvollziehbar, während andere Elemente der Begründung Fragen offen ließen. Unterm Strich wurde aber deutlich, dass das deutsche System eigentlich hervorragend funktioniert und keine weitere Verschärfung benötigt. Herr Mate machte sogar deutlich, dass es bei dem Gesetzesentwurf der CDU mit einer Verschärfung des Paragraphen 131 (Gewaltverherrlichung) noch einige Unstimmigkeiten gibt, die sich so gar nicht umsetzen lassen. Trotzdem werden auch mit dem Gegenentwurf der Frau von der Leyen die Daumenschrauben angezogen. Entwickler, Publisher und Kunden müssen sich also auf eine härtere Gangart gefasst machen.
Damit ist der erste Tag überstanden. Zur letzten Veranstaltung des Tages rund um den Questeditor von Sacred 2 werden wir noch einen ausführlichen Bericht online stellen.