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R-Type Dimensions

Gut, aber teuer

Ja, ich weiß, es geht mal wieder um eine Neuauflage eines urig alten Spiels, das rein gefühlsmäßig kurz nach den Dinosauriern, aber vor den Opossums die Welt besiedelte. Mit anderen Worten, jeder kennt es, jeder mag es und jeder trägt eine ganze Wagenladung verstaubte und in weichste Rosa-Töne verpackte Erinnerungen dazu mit sich herum.

Bitte rennt nicht alle auf einmal weg, die langsameren an der Spitze könnten sonst niedergetrampelt werden.

Die Frage, ob sich die Mühe lohnt, heute jemanden für R-Type I + II - um nichts anderes handelt es sich bei Dimensions - zu begeistern, kommt nicht von ungefähr. Fast 20 Jahre sind seit dem Erstkontakt mit dem Bydo-Empire vergangen und das Shoot´em´Up in dieser klassischen Form ist praktisch komplett auf Notversorgung umgestiegen. Warum also werden in einer Zeit, in der selbst ein vergleichsweise frisches Ikaruga als Nostalgie gehandelt wird, die Leichen aus Irems Gruft gezerrt und für ziemlich stolze 1200 Punkte angeboten?

Die Antwort heißt Design. Optisch angelehnt an Giger Aliens-Tech-Bio, durchbrach R-Type spieltechnisch weit eigenständiger die Grenzen des normalen Raumschiffgeballers, indem es Euch ein kleines Hilfsmittel zur Seite stellte. Als Ausgleich für die Übermacht, die man Euch entgegen wirft, erhaltet Ihr eine leuchtende Kugel, die Ihr vorn und hinten an Euer Schiff docken könnt. Dort gewährt sie Euch nicht nur den dringend benötigten Schutz, sondern feuert auch alles ab, was Ihr an Extrawaffen tragt.

R-Type Dimensions - Trailer

Dieser Pod lässt sich jederzeit abkoppeln, in die Tiefe schicken, um dort unter den Bydo-Horden für Vernichtung zu sorgen, und anschließend wieder zurückrufen. Durch die Abkopplung eines entscheidenden Teils des Waffensystems ergaben sich neue Möglichkeiten für die Gestaltung eines Levels und es lässt sich ehrlich sagen, dass Irem sie alle nutzte.

Je weiter Ihr vordringt, desto mehr wandelt sich das Spiel vom üblichen Reaktionstest zu einem Taktik-Puzzler für nervenstarke Stick-Künstler. Ständig versucht Euch irgendetwas zu erschlagen, zerdrücken oder gegen den Screenrand zu drängen. Dazu vollführen viele Feindeshorden wildeste Tänze nach absurden Mustern, während die in alle Richtungen um sich ballern. Praktisch jeder Erstkontakt mit einem neuen Stage beginnt mit einem „Wer soll das schaffen?", gefolgt von langsamer Erkenntnis über die Chance der Möglichkeit eines Sieges, bis Ihr endlich den Weg und das Licht erkannt habt, um bis zum Ende zu gehen. Wie viel befriedigender kann Arcade-Ballern schon werden?

Dabei läuft das Spiel auf jeden Fall gegen den Trend der letzten Dutzend oder so Jahre, den das überlichtschnelle Ikaruga so gekonnt zelebriert. R-Type scrollt mit trügerischem Gemach, ohne das der intelligente Aufbau jenseits reiner Reflexe auch nicht möglich wäre. Von der Schwierigkeit nehmen die beiden sich allerdings nicht viel. R-Type mag ruhiger sein, weniger oft umbringen wird es Euch deshalb sicher nicht. Aber das hält Euch nie von einer weiteren Runde ab und das spricht für die perfekte Balance aus brutaler Härte gepaart mit Fairness, Taktik und Erlernbarkeit. Ein Klassiker und das nicht ohne Grund, aber behaltet im Hinterkopf, dass Ihr hier Spiel mit einer halben Stunde Laufzeit kauft, dessen Langzeitmotivation darin besteht, den lächerlich brutale Schwierigkeitsgrad zu meistern. Nur eine kleine Warnung an alle. So war das damals nun mal.

R-Type Dimensions – Trailer 2

R-Type Dimensions bietet allerdings einen nicht unbedingt faulen, aber irgendwie unbefriedigenden Kompromiss für seine unvergebende Härte an. Im Infinite-Modus dürft Ihr sterben, so oft Ihr wollt. Das Spiel zählt nur, wie oft das passierte und danach richtet sich auch Euer Highscore. Den Infinite-Modus zu überstehen, wird dadurch unumgänglich und ehrlich gesagt auch ein wenig hohl, da die Befriedigung des Spielens hier eigentlich daraus gezogen wird, mit möglichst wenig Leben über die Runden zu kommen. Es spricht also nichts dagegen, gleich im glücklicherweise ebenso enthaltenen normalen System zu starten, das Euch mit drei Leben und den altbekannten Rücksetzpunkten nicht gerade verwöhnt, aber herausfordert.

Daran, dass die Umsetzung in die Moderne gelang, kann kein Zweifel bestehen. Um den Unterschied zwischen der pixelgetreuen Originalfassung und dem neuen Pseudo-3D-Pep zu zeigen, gibt es wohl keinen effektiveren Weg, als einfach und jederzeit per Tastendruck umschalten zu können. Tippt einfach auf Y und schon morpht das Spiel in Sekundenbruchteilen vom Nostalgiker-Liebling zu einem der hübscheren 2D-3D-Shoot´em´Ups der letzten Jahre.

Puristen rümpfen natürlich die Nase und ziehen insbesondere beim Anblick der optionalen Crazy Camera und des damit leicht in die Tiefe gekippten Geschehens – praktisch unspielbar, aber sieht super aus – die Augenbrauen hoch. Jeder andere erfreut sich an der liebevollen Plastizität der 3D Bydonen. Was spielt sich besser? Eigentlich egal, da man ausnahmsweise mal mit dem Blitzgewitter der Polygone nicht übertrieb. Der 3D-Effekt beschränkt sich rein auf das Optik-Candy und an keiner Stelle wurde spielerisch etwas verändert, um der neuen Pracht entgegenzukommen. Gut so.

Nehmt die Crazy Camera, wenn Euch alles zu einfach sein sollte.

Den Sonderpreis für den „Ultimativen Härtegrad" gebührt allerdings dem CoOp. Ihr dürft einstellen, dass Eure Schiffe zerstört werden, sobald sie sich berühren. Entweder Ihr arbeitet als eineiige Zwillinge in perfekter Harmonie oder Ihr schaltet das einfach aus und erfreut Euch am gemeinsamen und damit auch etwas leichterem Geballer On- oder Offline. Leaderboards fehlen natürlich genauso wenig wie Achievements, was R-Type zum handelsüblich polierten XBLA-Titel abrundet.

Mit das größte Problem dieses Remakes dürfte darin bestehen, dass es in der neuen Luxusklasse von 1200 Punkten rangiert. R-Type Dimensions stellt sicher mehr als nur einen billigen Port dar, technisch ist es eine Liebeserklärung der Programmierer an den Klassiker. Trotzdem fehlt die innovative Finesse eines Braid oder Castle Crashers, welche die hohe Punktemarke rechtfertigten könnte. Am Ende des Tages bleibt es immer noch ein Spiel, dessen härteste Entwicklungsarbeit vor 20 Jahren abgeschlossen wurde. Es scheint eine endlose Diskussion, ob Preis-Leistung die Wertung beeinflusst, aber wir leben in finanziell harten Zeiten, in denen grob fünf Euro extra für einen bitteren Nachgeschmack sorgen. Und den werde ich nicht ignorieren.

Was die spielerische Umsetzung des Altmaterials angeht, lasse ich dieses Fazit ruhigen Gewissens auf der Note „perfekt" enden. Was jedoch nicht bedeutet, dass R-Type ein Spiel für jedermann wäre. Es ist brutal, hart und trotz aller Fairness unvergebend. Außer Ihr nutzt das legale Cheat-System namens Infinite-Modus, gönnt Euch endlose Leben und fragt Euch, warum Ihr überhaupt spielt. Ein wenig 3D und CoOp reichen nicht, um 20 Jahre Entwicklung im Gamedesign gänzlich zu überspringen, aber schaffen eine wirklich nette – und recht teure – zeitgenössische Version eines Baller-Epos, das wir nicht ohne Grund in guter Erinnerung behalten haben.

R-Type Dimension gibt es ausschließlich als Xbox Live Arcade–Download und streicht beim Kauf 1.200 Punkte von Eurem Konto.

7 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

R-Type Dimensions

PS3, Xbox 360, PC, Nintendo Switch

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