Radiant Silvergun
Flohmarktware
Ein schlicht genialer Einfall plagte Treasure, was das Konzept der eigenen Bewaffnung angeht. Nicht die Schussarten selbst sind das Gold. Volles Feuer voraus, Konzentration nach hinten, zielsuchend, diagonale Explosionsschüsse, das Meiste davon kennt man aus vielen Shoot'Em'Ups, die Silvergun vorangingen.
Hier jedoch müsst ihr diese Varianten nicht ausbauen, sondern habt alle von Anfang an und jederzeit bereit auf ein halbes Dutzend Knöpfe verteilt. In jeder Situation gibt es etwas, das perfekt dafür geeignet und gedacht ist und dann noch ein oder zwei, mit denen man vielleicht auch durchkommt - der Rest führt in ein schnelles Grab. Ihr müsst nicht verzweifeln, dass ihr nicht die richtige Waffe ein paar Momente zuvor verpasstet, ihr müsst nur nachdenken, was die Richtige ist. Und glaubt mir, das ist immer noch genug Arbeit.
Ein "Schuss", der selbst heute noch heraussticht, ist das Schwert, welches ihr mit dem Trigger einmal um euer Schiff herumfahren lasst. Es verursacht ordentlich Schaden, traut ihr euch so nah an den Feind heran und wischt auch - perfekt eingesetzt - Schüsse vom Himmel. Gerade in den kugellastigen Bossfights ein unverzichtbares Werkzeug. Nicht nur, dass man diese große Auswahl an Waffen hat, durch Kombotreffer und Benutzung lassen sie sich hochleveln und verstärken. Es ist ein vielschichtiges, kleines Universum für sich und das, obwohl nicht ein einziges Waffenupgrade durch den Weltraum segelt.
Apropos Bossfights. Viele der sechs Stages scheinen nur aus ihnen zu bestehen und der Eindruck trügt keineswegs. Ihr solltet Spaß daran haben, diese teilweise barbarisch harten Brocken in aller Perfektion zu zerpflücken. Wer direkt auf das Herz zielt, holt sie schnell vom Himmel, aber wer sie von A bis Z auseinander nimmt, bekommt die Punkte. Ich verspreche euch so viel: Jeder der Bosse ist eure Zeit als Ballerspieler wert, keiner schenkt euch viel, jeder weiß seine Stahlhaut teuer zu verkaufen und wird euch daher einen wundervollen Sieg schenken. Mehr kann man von einem Shoot'Em'Up wohl kaum verlangen.
Da auch der original Arcade-Modus enthalten ist, so wie man das Spiel hierzulande eben nicht aus der Spielhalle kennt - weil es bei uns nicht mal mehr Spielhallen gibt, jedenfalls keine in dem Sinn, den ich darunter verstehe -, lässt es sich auch komplett zu zweit im Koop spielen. Online ist das auch möglich, am Besten aber natürlich mit einem Freund an der Seite. Leichter wird es zwar nicht unbedingt, weil sich zu halb so effizienten Waffen auch noch Konfusion gesellt, aber Spaß macht es trotzdem jede Menge.
Was die Qualität des Ports angeht, kann ich trotz mangelnder Kenntnis des Originals sagen, dass wahrscheinlich sehr saubere Arbeit geleistet wurde. Ich weiß, wie Saturn aussieht und das hier ist es nicht. Glücklicherweise. Saubere Texturen, gute Skalierung und auch das Tempo scheint zu passen, wobei ich den Verdacht von 50 Hz habe. Aber vielleicht war das Original ja etwas behäbiger. Insgesamt eine technisch sehr ansprechende Adaption, die in dieser Fassung erstaunlich gut alterte. In dem Genre ist Textur-Perfektion halt nicht ganz so wichtig wie Pixel-Perfektion.
Würde ich 200+ Euro für Radiant Silvergun ausgeben? Ist es das wert? Ganz sicher nicht. 15 Euro in einer polierten Fassung? Jeden Tag. Es mag nicht ganz so bunt und sexy sein wie Ikaruga, nicht ganz so viele Kugeln auf den Schirm zaubern wie die ihm folgenden Bullet-Hells, aber es hat ihnen trotzdem etwas voraus. Es ist mit seinem komplexen, durchdachten Waffensystem, der Konzentration auf ausgeklügelte Bossfights und seinem perfekten Angriffsdesign aller Gegner in harmonischer Abstimmung mit den dem Spieler gegebenen Möglichkeiten das Beste dieser Spiele. Und ich kann das sogar ohne viel nostalgische Verklärung sagen. Wer Shoot'Em'Ups mag, kann neuere Spiele kaufen, grafisch aufwendigere auch, ganz sicher teurere und auch härtere. Aber bessere als Radiant Silvergun? Das wird schwierig.
Radiant Silvergun ist ab sofort auf XBLA für 1200 Punkte erhältlich.