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Ragdoll Kung Fu: Fists of Plastic

Alles andere als Krampfsport

Jungs, die mit Puppen spielen, werden schwul. So lautet ein Vorurteil. Absurd! Und ich muss es nach dem Selbstversuch mit dem Party-Prügler Ragdoll Kung Fu wissen. Die Angst, wie Benny zu werden, die DSDS-Trällertrulla mit den zur Turmfrisur toupierten Rückenhaaren, ist unbegründet. Im Gegenteil: Fists of Plastic, so der Untertitel, entpuppt sich als sehr männliches Spiel. Herren der Schöpfung wollen sich ja ständig beweisen – und hier kriegen sie Wettstreit in Reinkultur.

Bis zu vier Joypad-Kämpfer kuscheln mangels Online-Modus vor der Playstation 3, um ihre virtuellen Marionetten in acht Schauplätzen aufeinander zu hetzen. Die lustigen, comicartigen Puppencharaktere erledigen dies mit Schlägen und -Tritten sowie Spezial- und Kombinationsattacken. Gelegentlich greifen sie zu Stäben, Wurfsternen und Würgehölzern, also den einschlägig bekannten Nunchakus.

All das sieht enorm witzig aus. Fast wie bei der Kelly Family, schließlich hüpfen auch bei Ragdoll Kung Fu schrullige Typen in seltsamen Gewändern durch die Gegend und geben absonderliche Töne von sich. Soundtechnisch setzen die Entwickler nämlich ebenfalls auf Humor. Der Ton passt wie die Faust aufs Ohr, er klingt ungefähr so: „Hiahiuaaagaaaaaa!“ (Kampfschreie), „Wchtftwchtzcht!“ (Handkanten und Fußsohlen-Herumfuchtelei) und „Dingeldingeldingtsching“ (fernöstliche, auf Pop getrimmte Klimpermusik).

Der Typ mit dem 70er-Jahre-Afro wird doch keine Frau schlagen? Oh doch, er wird.

Neben dem obligatorischen Deathmatch erwarten Euch drei weitere Mehrspielermodi: King of the Hill, Völkerball und Fang den Fisch. Besonders die zuletzt genannte Variante erweist sich als launig. Ihr müsst sie Euch als Basketballspiel vorstellen, bei dem die übelsten Fouls erlaubt sind. Statt eines Balls müssen die Prügelknaben einen Fisch im Korb versenken. World of WarCraft-Veteranen und andere Menschen, die keine Freunde haben, holen sich für den Multiplayer computergesteuerte Konkurrenten unterschiedlicher Stärke in die Partie. Bei Fang den Fisch gibt’s allerdings keine KI-Klopper.

Die Steuerung ist verhältnismäßig kompliziert, Könner entwickeln dafür ein großes Repertoire an Haudrauf-Varianten. Das Spiel nutzt sogar die Bewegungssensoren des Controllers. Um etwa einen Blitzball zu aktivieren oder wie im Film „Tiger and Dragon“ zu fliegen, müsst Ihr Euer Eingabegerät schütteln beziehungsweise ruckartig bewegen. Derlei motorische Entgleisungen im Wii-Stil gefährden zwar die heimische Ming-Vasen-Sammlung. Sie bieten aber auch die Gelegenheit, Eurem Real-Life-Nebenmann versehentlich mal eine semmeln zu können, falls er zu gut, frech oder beides wird.

Ziemlich durchgeknallt: Basketball mit Fisch.

Der Solopart ist Beiwerk. So habt Ihr den Trainingslevel und die weiteren acht Missionen nach etwa einer Stunde durch. Den einen oder anderen mag es motivieren, die Aufgaben nicht nur mit Bronze, Silber- oder Gold-Auszeichnung zu bewältigen. Solche Zeitgenossen jubeln ob des namensgebenden „Plastic“-Prädikats, das besonders wertvolle Extras wie Kostüme und Trophäen freischaltet, oder geraten angesichts der Online-Punkte-Rangliste in Verzückung. Ich habe mich eher an den Glückskeks-Weisheiten erfreut, die während der Ladepausen zu lesen sind. In diesem Sinne: „Fangt die Ente, die den Fisch gefressen hat, denn dann habt ihr zwei Mahlzeiten!“.

Bei Ragdoll Kung Fu tanzt mein kleines schwarzes Herz Capoeira, denn dank Angeber-Funktion darf ich Gegner sogar mit albernen Bruce-Lee-Gedächtnis-Posings verhöhnen und Extra-Punkte einheimsen! Der fehlende Online-Modus und der Solopart – weil dünner als Herr Lagerfeld – trüben allerdings den Langzeitspaß. Mir hat ein Motivationstrick geholfen: einfach im Kampf an die Ex denken.

Ihr könnt Ragdoll Kung Fu ab 9. April im Playstation Store für voraussichtlich 9,99 Euro herunterladen.

6 / 10

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