Rayman Legends: Definitive Edition - Test
Nein, "definitiv" bleibt die Wii-U-Version.
Die Zusammenkunft von Nintendo Switch und Rayman Legends ist theoretisch für beide der Optimalfall. Mehr Konstellationen, diesen trotz seiner Allgegenwärtigkeit auf jeder erdenklichen Plattform oft vergessenen Klassiker in all seinen Facetten zu erleben, kann man sich eigentlich nicht wünschen. Und dann bestätigt Digital Foundry gestern meinen Anfangsverdacht: Ganz so "definitiv", wie es auf der Packung steht, ist diese spezielle Ausgabe nämlich nicht. Anstatt die Wii-U- beziehungsweise die mehr oder weniger Feature-identische PS-Vita-Fassung auf die Switch zu bringen, haben wir es hier mit einer leicht angepassten Version der Geräte ohne Touch zu tun.
Folglich flog der herausragende asymmetrische Koop aus dem Konzept, bei dem ein Spieler als Fee auf dem Touchscreen seinen sich normal durch den Level bewegenden Kumpels in Echtzeit den Weg freiräumt, Hindernisse verschiebt oder dreht und diverse Plattformen auf hilfreiche Art bewegt. Das existiert nur noch in extra dafür ausgelagerten "Murfy's Touch"-Stages, in denen allerdings immer die KI den Part des laufenden und hüpfenden Spielers mimt. Mit dem tollen Absprache- und Kooperationsgefühl des Originals hat das natürlich nichts mehr zu tun. Das ist insofern unerklärlich, wie Digital Foundry richtig feststellt, als dass das Feature noch im Drahtlos-Modus der PS Vita zumindest für zwei Spieler (auf der Wii U spielten inklusive Touch-Spieler bis zu fünf) noch bei bester Gesundheit war.
Das klingt jetzt schlimmer, als es in der Praxis ist. Denn immerhin kennen PlayStation-, Xbox- und PC-Spieler - die überwiegende Mehrheit also, im Direktvergleich waren Vita und Wii U eben Exoten - Rayman Legends auch nicht anders als das. Sie drücken seit jeher auf die A- beziehungsweise Kreis-Taste, wo auf der Wii U eigentlich ein Spieler als Froschfee Murfy eine Touch-Interaktion mit dem Level durchführte. Der Computer macht dann den Rest. Das funktioniert ebenfalls tadellos, hat allerdings mehr von einem Einsprengsel aus dem Genre Rhythmus- oder Timing-basierter Spiele als von dem interessanten Miteinander, das die Wii-U- und Vita-Fassungen auszeichnete.
Wem es genügt, dass er hier die im Multiplayer entschieden zweitbeste Fassung des Spiels bekommt und sich damit in Gesellschaft der überwältigenden Mehrheit der Rayman-Legends-Spieler weiß, der erhält auch auf der Switch einen der besten Plattformer der letzten Jahre. Ein klassischer, wundervoll animierter Hüpfer, irgendwo zwischen Mario und Sonic, aber ohne große Nostalgie für 16-bit. Dieses Spiel will zeigen, wie die Entwicklung weitergegangen wäre, wäre 3D nie erfunden worden, und sieht so fantastisch aus, man möchte ihm beinahe beipflichten, dass der Weg in die Tiefe des Raums vielleicht doch der falsche war.
Legends hat, wie Origins vor ihm, einen beneidenswerten Zug nach vorne (auch wenn die Ladezeiten hier verbriefter Weise länger sind, als sie mal waren), den selbst der Posterboy dieser Jump-and-Run-Gangart, Sonic, nie ganz durchzog, und einen wundervoll nachvollziehbaren Fluss in seinen Bewegungen, dem ihn wohl selbst Mario neiden würde. Klar, wirklich lange verweilt man in diesen Leveln nie, die Geheimnisse sind spätestens mit dem zweiten Durchlauf restlos aufgedeckt. Aber Rayman lebt auf dermaßen großem Fuß in jedem einzelnen Moment, wirft mit Mini-Herausforderungen und kurzen Lachern nur so um sich, dass man stets nur die nächsten paar Meter sieht. Wie soll man da dazu kommen, für die Feierabendplanung auf die Uhr zu schauen? Rayman-Sessions werden folglich grundsätzlich länger als geplant, stellt euch darauf ein. Es fühlt sich so gut an, dass sogar die Unterwasser-Level hier Spaß machen.
Und wie gesagt: Es sieht auch entsprechend aus, selbst wenn die Optik, wohl im Zuge einer Datenvolumen-Schrumpfkur, ein wenig weichgezeichneter daherkommt als zuletzt. Ich habe das erst im Direktvergleich gesehen. Nachdem ich davon hörte. Vorher wäre es mir wohl nicht aufgefallen. Immer noch ein fabelhafter Look: Farbenfroh, vor Leben sprühend, auch wenn ich Leute kenne, die mit dem anarchistischen Stil nie so recht warm wurden. Ich schieb's auf eine vorübergehende Geschmacksverirrung.
Zudem ist auch nicht alles schwächer als im Original. So ist es zum Beispiel schön zu sehen, dass die Entwickler eines der besten Party-Minispiele, die je beiläufig einem großen Release beigepackt wurden - das sagenhafte Kung Foot nämlich - so ausbaute, dass man im Drahtlos-Modus nun auch Turniere mit anderen ausfechten kann. Was das ist? Zwei-gegen-zwei-Fußball von der Seite, in dem man das Leder mit den normalen Rayman-Moves ins Tor prügelt, aber gleichzeitig auch massig Backpfeifen an die Konkurrenz verteilt. Unbedingt mit Freunden ausprobieren, die Demo im eShop der Switch macht's möglich. Und dann ist da noch der Faktor, der für alle Switch-Spiele gilt. Man kann nicht oft genug betonen, wie schön die Freiheit ist, die diese Plattform gewährt. Ohne Weiteres überall auch zu zweit (und genügend Pads vorausgesetzt auch zu viert) spielen zu können, ist einfach toll.
Und doch muss man am Ende die Frage stellen, warum es der Touch-Koop nicht in die Switch-Version schaffte. Das vielleicht sogar online mit Freunden zu erleben - ja, das wäre wirklich definitiv gewesen. Aber gut, so wie es ist, ist das hier technisch gesehen vielleicht die schwächste Version. Doch selbst die ist immer noch eine ewig unterhaltsame Ausgabe eines der schönsten Gute-Laune-Spiele der letzten Jahre. Wo bleibt eigentlich der dritte Teil?
Entwickler/Publisher: Ubisoft - Erscheint für: Nintendo Switch, (PS3, PS4, Xbox 360, Xbox One, PC und Wii U bereits erhältlich - Preis: 39,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: Nein