Raytracing als Game-Changer: Wie Metro Exodus und 4A Games von neuer Technologie profitieren
Weniger Aufwand, mehr Ideen.
Heute ist es soweit und Metro Exodus kommt nach seinem PC-Upgrade vor wenigen Wochen nun auch auf PlayStation 5 und Xbox Series X/S. Und das mit allerlei technischen Verbesserungen wie Raytracing, höherer Auflösung, besserer beziehungsweise stabilerer Framerate und drastisch reduzierten Ladezeiten. Es hat sich einiges geändert, wovon nicht nur dieser Shooter profitiert, auch für künftige Projekte sieht das Entwicklerstudio Vorteile durch neue Arbeitsprozesse und Zeitersparnisse.
Für 4A Games war schnell klar, dass sich für das Studio eine Möglichkeit ergibt, Metro Exodus für die neuen Konsolen zu optimieren: "Nachdem wir über die neue Konsolengeneration und ihre Leistungsfähigkeit gebrieft wurden, war uns klar, dass wir hier die Gelegenheit haben, das Spielerlebnis in Metro Exodus dramatisch zu verbessern", erklärt Executive Producer Jon Bloch während eines Online-Events zu den Gen-9-Versionen des Shooters.
"Es bedeutete auch, dass wir unseren Konsolenspielern helfen konnten, endlich die Vorteile zu sehen, die Raytracing der PC-Version bescherte. Als wir die aktuelle Hardware bekamen und wirklich sahen, wozu sie in der Lage war, fiel uns die Entscheidung sehr leicht, ob wir versuchen würden, ein solches Update zwei Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung des Spiels zu machen oder nicht."
Raytracing verändert die Arbeitsweise der Metro-Exodus-Entwickler
Und dabei ging es nicht allein darum, die damals verwendete Raytracing-Technologie auf die Konsolen zu bringen, sondern sie noch leistungsfähiger und realistischer zu machen.Gleichzeitig wirkt sich die Technik auf Entwicklungsprozesse und Arbeitsweise aus: "Vor Raytracing wurden alle Arten von Tricks genutzt - manche in Echtzeit, manche vorberechnet -, damit eine Szene glaubwürdig beleuchtet aussieht", erläutert Senior Rendering Programmer Benjamin Archard. Zeitintensive Aufgaben, wie er betont, zugleich hätte sich das negativ auf Bereiche wie das Gameplay und das Design ausgewirkt. Dank der neuen Technik habe Metro Exodus "die am realistischsten beleuchteten Szenen, die wir je produziert haben", und das alles in Echtzeit mit zu 100 Prozent dynamischer Licht-Simulation und Umgebungen.
Um noch einmal zu verdeutlichen, wie Raytracing die Arbeit erleichtert, zeigt man in der Online-Präsentation Aufnahmen aus dem Level-Editor des Spiels. Vor Raytracing hat das Team allerlei zusätzliche Lichtquellen platziert, damit es zum Beispiel so aussieht, als scheine die Sonne durch ein Fenster. "Und es dauert eine ganze Weile, bis du sie platziert hast", erläutert Archard. In der aktuellen Version des Editors gebe es keinen Grund mehr, diese Arbeit zu tun, alles geschehe dank der Raytracing-Technik automatisch, physikalisch korrekt und sehe glaubwürdig aus.
Mit einer Ausnahme bringt 4A Games dabei sein komplettes Global-Illumination-Featureset auf die Konsolen: Raytracing-Reflexionen gibt es auf PS5 und Xbox Series X/S nicht. Hier kommt weiterhin das ursprüngliche System zum Einsatz. Insgesamt arbeitete 4A Games mit einem Rendering-Team, das zwischen vier und fünf Leuten schwankt, rund vier Jahre an der Implementierung und Optimierung von Raytracing in die eigene Technologie.
"Zugegeben, vieles davon war ein Lernprozess, der sich durch Iterationen von Hardware und APIs zog und in dessen Mitte wir ein Spiel auf den Markt brachten, das ursprünglich auf anderen Technologien basierte", sagt Archard. "Der eigentliche Prozess der Umsetzung war ziemlich langwierig, aber man könnte auch sagen, dass wir innerhalb von ein paar Monaten ein einfaches GI-System drin hatten, und dann ging es um Optimierungen, neue Ideen, wie können wir es zum Laufen bringen, was können wir noch damit anstellen."
"Es kommt ganz darauf an... Du kannst etwas ziemlich schnell auf die Beine stellen. Oder du machst eine Menge komplizierter und detaillierter Dinge, deren Entwicklung Jahre dauert. Wir haben immer noch eine Reihe von Ideen für Sachen, die wir implementieren wollen, also wird das in Zukunft weitergehen. Aber ja, wir haben das erste Mal Ende 2017 vom DXR-API gehört und wir konnten Anfang 2019 mit einem soliden GI-System ein Produkt launchen. Also brauchten wir etwa ein Jahr, wahrscheinlich weniger."
Unsicherheiten, die sich als unbegründet erwiesen
Alles in allem reduziert Raytracing den Arbeitsaufwand des Studios, da es einzelne Technologien und andere Dinge nicht mehr unterstützen muss. Gleichzeitig tragen die neuen Geräte ebenso ihren Teil dazu bei: "Die CPUs sind definitiv viel leistungsfähiger, sie haben uns überrascht", betont Archard. "Wir könnten nicht einmal im Entferntesten das versuchen, was wir hier mit RT machen, wenn es die vorherige Generation wäre. Es sind gut gebaute Geräte und sie haben sehr gute Tools und Unterstützung, also ja, es ist definitiv ein verbesserter Prozess."
Was nicht heißen soll, dass all das ohne Herausforderungen vonstatten ging. Zumal 4A Games bei der Ankündigung dieser neuen Hardware nicht unmittelbar Informationen zu den Spezifikationen hatte und nicht exakt wusste, ob alles funktioniert und welche Features unterstützt werden: "Zu Anfang dachten wir uns, lasst uns so konservativ wie möglich sein und versuchen, im Vorfeld Lösungen zu finden, die wir als Plan B implementieren müssen, wenn die Konsolen nicht mit dem PC mithalten können", erklärt Arrchard. "In diesem Fall hatten wir extremes Glück. Wir hatten ursprünglich geplant, DDGI (Dynamic Diffuse Global Illumination) einfach als Ersatz für das gesamte GI-System zu verwenden, weil es weniger anspruchsvoll ist."
"Da wir nicht wussten, wie die Raytracing-Performance ausfallen wird, hatten wir das als Ausweichlösung", ergänzt er. "Eine der größten Herausforderungen ist oft, dass du nicht weißt, wie sich die Dinge entwickeln werden, bis du die Hardware in die Hände bekommst. Und wenn du sie dann in den Händen hältst, handelt es sich in der Regel um Pre-Launch-Hardware, also wird es SDK-Änderungen und Updates geben, Dinge werden kaputt gehen und sich ändern."
4A Games äußerte dabei auch ein paar Wünsche an die Plattformhersteller, woraufhin diese zur Zufriedenheit der Entwickler implementiert wurden. Archard bezeichnet es als einen sich entwickelnden Prozess, bei dem es nicht die Art von Stabilität wie bei einem bereits etablierten API (Application Programming Interface) gibt. Hinzu kommen Hardware-spezifische Sachen, auf die die eigene Pipeline abgestimmt wird, als Beispiel nennt er hier Async Compute, ein Feature, das ungenutzte GPU-Ressourcen für andere Zwecke einsetzen kann.
Für die Konsolen war der Aufwand bei der verbesserten Version von Metro Exodus ein wenig höher, während auf dem PC zugrundeliegende Techniken bereits vorhanden waren. Zuerst gab es Archard zufolge ein paar Bedenken im Hinblick auf die Konsolen, bis sich herausstellte, dass sie doch in der Lage waren, mit fast allem zurechtzukommen. "Es wurde uns aber ziemlich schnell klar, dass wir im Wesentlichen den gleichen Funktionsumfang nutzen konnten, sodass ein Großteil der Arbeit dafür parallel verlief", merkt er an.
Zukunftssicherheit für 4A Games und seine Engine
Und von all diesen Entwicklungen profitiert natürlich nicht allein Metro Exodus, sondern ebenso die 4A Engine des Studios. Die neuen Arbeitsabläufe bedeuten für 4A Games, dass sie Inhalte schneller erstellen können. Was wiederum zu einer anderen Sache führt, die Archard für noch wichtiger hält: Iterative Content-Erstellung. "Die Möglichkeit, bei einem Projekt schnell zu iterieren, bedeutet, dass der Artist sofortiges Feedback erhält, wenn er neue Ideen ausprobiert", erklärt er. "Das gibt ihnen sowohl Zeit als auch Selbstvertrauen, um im Wesentlichen alles zu testen, was ihnen in den Sinn kommt. Und das ist großartig, das führt zu einer zufriedeneren und produktiveren Arbeitsumgebung für die Künstler. Aber für die Spieler bedeutet das, dass diese Artists in der Lage sind, mehr und bessere Inhalte zu erstellen. Sie können zusätzliche Inhalte erstellen oder diese Inhalte einfach in einen ausgefeilteren Zustand bringen - und das in der gleichen Zeit und mit einem im Wesentlichen gleichen oder weniger Arbeitsaufwand als zuvor."
Nicht weniger wichtig ist laut Bloch die gesammelte Erfahrung durch dieses Projekt. Dadurch, dass das Studio ein Spiel für die neuen Konsolen veröffentlicht, weiß es, wozu die Geräte in der Lage sind. "Wir können diese Erkenntnisse in unsere nächsten Projekte einfließen lassen, um sicherzustellen, dass wir, wenn etwas nicht funktioniert hat, zurückgehen und es auf eine andere Art wieder aufbauen können, damit es besser funktioniert."
Dem stimmt Archard zu. Durch die Portierung der gesamten Pipeline des Studios auf die Konsolen habe das Team nun ein Grundverständnis davon, was machbar ist, und kann sich besser für die Zukunft aufstellen. "Wir wissen, was wir anstreben, wie die Mindestspezifikationen aussehen, wir wissen, dass wir bei Raytracing bleiben werden", ergänzt er. "Das hilft enorm bei der Planung zukünftiger Projekte, wenn du einfach weißt, wozu die Konsolen in der Lage sind, ganz zu schweigen davon, dass wir eine solide Implementierung auf ihnen haben, die wir nutzen können. Ich würde sagen, dass die Portierung von Metro Exodus auf die neuen Konsolen uns definitiv bei zukünftigen Projekten hilft."
Und ganz allgemein gesprochen bietet neue, leistungsstärkere Hardware Entwicklern natürlich immer neue und bessere Möglichkeiten, Spiele mit mehr Details und mehr Ambitionen umzusetzen. "Mit jeder neuen Hardwaregeneration werden die Einschränkungen reduziert und die Möglichkeiten erweitert", sagt Bloch. Daraus resultieren dann neue Ideen, aus denen sich neue Einschränkungen ergeben, die dann von der nächsten Hardwaregeneration erneut gelöst werden. Ein Kreislauf, der immer so weiterläuft.
Metro Exodus: Unterschiede zwischen alten und neuen Konsolen
Als es konkret um Unterschiede zwischen PS4 und PS5 geht, erwähnt Bloch zum einen den Anstieg von 1080p und 30fps auf 4K und 60fps. Ebenso kamen 4K-Texturen fast im gesamten Spiel hinzu, vor allem bei wichtigen Assets. Er spricht (und verdeutlicht in der Präsentation) über die Unterschiede bei der Beleuchtung, wie die PS4-Version die alten Fake-Lichter und dergleichen einsetzt, während auf der PS5 das verbesserte RTGI (Raytraced Global Illumination) zum Einsatz kommt und zum Beispiel dafür sorgt, dass ihr in der Nähe eines Lagerfeuers ein warmes, orangefarbenes Glühen an der Wand seht. Alles wirkt natürlicher, realistischer, die Schatten und Lichter sehen passender aus.
Ein anderer erwähnenswerter Aspekt auf der PS5 ist die Haptik des DualSense-Controllers. Bloch betont dabei, wie wichtig die Immersion für das Studio in den Metro-Spielen ist und wie die Haptik dabei hilft, hier noch einen Schritt weiter zu gehen: "Es gibt eine Menge Animationen, bei denen du siehst, wie der Spielercharakter tatsächlich mit Dingen interagiert, sie berührt oder aufhebt", erklärt er. "Daher ergab es Sinn, bei allen Gegenständen, die realistisch betrachtet eine Art von Feedback für dich haben könnten, dieses Feature zu verwenden. Das sind einfache Dinge wie das Abfeuern einer Waffe, aber auch eher Metro-spezifische Sachen wie das Pumpen von Luft in den Kanister. Je mehr du den Kanister unter Druck setzt, desto mehr Widerstand bekommst du von der Handpumpe im echten Leben, also ergibt es Sinn, dasselbe im Spiel zu tun. Wo immer diese Art von Interaktion Sinn ergab, haben wir darauf geachtet, sie für den jeweiligen Gegenstand zu verwenden."
Was Xbox Series X und S anbelangt, verwenden beide, von einem technischen Standpunkt aus betrachtet, das gleiche Feature-Set. Ebenso kommt ein internes System für eine dynamische Auflösung zum Einsatz, um Framerate-Drops auszugleichen. Passiert das, greift diese interne Lösung, während ein In-House-Upscaler das Bilder wieder auf 4K hochskaliert. Im Hinblick auf die neuen Konsolen lobt Archard dabei ausdrücklich den Support von Microsoft und Sony, die - wie zuvor erwähnt - auch Wünsche des Studios in ihren APIs umsetzten. "Sie waren sehr unterstützend", sagt er.
Ein anderer Punkt, in dem vor allem, aber nicht allein Metro Exodus von den neuen Konsolen profitiert, sind die Ladezeiten. Habt ihr den Titel auf den alten Geräten gespielt, wisst ihr Bescheid. Bloch zufolge gab es auf PS4 und Xbox One in den schlimmsten Fällen rund drei Minuten lange Ladezeiten. Dank der SSDs liegen sie jetzt immer bei unter einer Minute, selbst bei bei den größten Levels. Und in manchen Szenarien, wenn ihr nach eurem Tod zu einem früheren Punkt zurückkehrt oder einen vorherigen Spielstand ladet, seid ihr laut Bloch sofort wieder im Spielgeschehen drin.
Und auch zu einem großen Kritikpunkt am Original hatte Bloch was zu sagen. Es gibt um die Reaktionsgeschwindigkeit der Steuerung. Hier müsst ihr, wie er betont, aber zwischen zwei Faktoren unterscheiden: "Es gab zum ursprünglichen Launch Probleme mit... ich denke, du könntest es Controller-Lag nennen, die Reaktionsgeschwindigkeit", sagt er. "Wir haben eine Reihe von Dingen getan, um das so schnell wie möglich nach dem Launch zu aktualisieren. Wir haben es darüber hinaus für diese Version weiter optimiert, also sollte es dort zusätzliche Verbesserungen geben."
"Aber ein anderer, wichtiger Faktor ist, dass alle Metro-Spiele... es ist kein Twitch-Shooter [z.B. Unreal Tournament], kein Multiplayer-Shooter. Es ist ein Erlebnis, es ist ein Story-getriebenes Spiel. Wir haben eine Menge dieser immersiven Animationen, all diese Dinge kommen zusammen, es ist eine sehr kinoreife Erfahrung. Und daher spielt es sich anders als andere Spiele. Es gibt also gewisse Elemente, die beabsichtigt sind. Aber wenn es um tatsächliche, funktionale Sachen wie die Reaktionsgeschwindigkeit des Controllers geht, sollten diese Dinge nicht da sein und wir haben daran gearbeitet, sie so weit wie möglich zu entfernen. Wir hoffen also, dass sich die Erfahrung viel besser anfühlt, abgesehen von all den anderen Punkten, die wir verbessert haben."
Das Upgrade von Metro Exodus für die PlayStation 5 und Xbox Series X/S ist ab sofort erhältlich. Werdet ihr das Spiel noch einmal aufgreifen? Oder es zum ersten Mal spielen?