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Razer Freyja und Kraken V4 Pro: Sensa HD Haptics ist eine tolle Idee auf der Suche nach Games

Startschwierigkeiten, die man hätte kommen sehen können.

Vor einer Weile hatte ich euch Razers neuen Einfall für immersives Spielen vorgestellt: Die Plattform nennt sich Razer Sensa HD Haptics und der Ansatz ist wahnsinnig interessant: Unterstützte Razer Produkte setzen Ereignisse und / oder Klänge auf dem Bildschirm in Feedback um, das ihr nicht nur an den Händen spürt.

Auf einem Ankündigungs-Event hinterließen die beiden ersten Produkte mit Sensa HD Support durchaus Eindruck: Das Freyja HD-Sitzkissen für 300 Euro, mit seinen sechs fein kitzelnden bis furios erschütternden Motoren und das Headset-Flaggschiff Kraken V4 Pro, dessen beide Ohrmuscheln ebenfalls variables Feedback geben. Seitdem habe ich die Produkte erhalten und ausgiebig getestet – mit dem Problem, dass ich trotz zum Teil sehr cooler Erlebnisse immer noch keine Ahnung habe, wie ich das nun bewerten und wem ich das empfehlen soll. Aber der Reihe nach…

Das Problem mit Sensa HD

Denn seht ihr: Die Spiele, die damit gut funktionieren … das sind seit mittlerweile 6 Wochen immer noch dieselben vier (fünf, wenn ich das Android-Game, von dem ich noch nie gehört habe und dessen Namen ich jetzt nicht zum dritten Mal nachschlagen werde, mitzähle): Final Fantasy 16, Frostpunk 2, Silent Hill 2 und Hogwarts Legacy. Auf der Razer-Seite stehen 15 Titel als “Coming Soon”, viele davon sind schon mehrere Jahre alt, einige schon ein paar Monate. Gigantische Hits sind abseits des am 20. November erscheinenden Stalker 2 nicht darauf. Die volle Liste, die seit Wochen komplett unverändert und ohne Neuzugänge ist, sieht wie folgt aus.

  • Stalker 2 (Spiel: 20. November)
  • Sniper Elite: Resistance (Spiel: Januar 2025)
  • Mechwarrior Clans (2024)
  • Once Human (2024)
  • The Coma 2B Catacomb (2024)
  • Fate Trigger: The Novita (2024)
  • Screw Drivers (2024)
  • Pinball FX (2023)
  • Hitman: World of Assassination(2022)
  • PC Building Simulator 2 (2022)
  • Mechwarrior 5: Mercenaries (2021)
  • Symphonia (2020)
  • Snow Runner (2020)
  • World of Warships (2019)
  • Hunt Showdown (2018)

Aktuell ist insbesondere Final Fantasy 16 auf Freyja sitzend und – in geringerem Umfang – mit Kraken V4 Pro auf dem Kopf durchaus ein intensiveres Erlebnis, wenn auch sicherlich kein transformatives. Es ist zum Teil wirklich beeindruckend, wie es sich anfühlt, wenn Zauber in Kraft, Richtung und Klang auf haptische Ereignisse übersetzt werden. Mein Go-To-Beispiel ist immer noch ein Blitz-Zauber, der im Boden einschlägt. Von oben nach unten kribbelt es erst, dann rubbelt es, bevor der Bolzen schierer Energie es dann im Sitzfleisch richtig brummen lässt. Auch Hogwarts kommt mit Dutzenden unterschiedlichen und individuellen Zaubern dank Sensa näher an euch heran. Auch Silent Hill 2 und Frostpunk 2 haben ihre Momente, weil die Software nuanciert eure Kontaktpunkte mit der Unterlage ansteuert.

Es sitzt sich ordentlich auf Freyja. Aber das Kabel muss immer links sein und die Bedienfläche ist im Sitzen nicht immer einfach zu erreichen.

Es ist ein cooles Extra – nur es ist einfach zu wenig davon da. Wie man nicht ab Tag eins mit einem solchen System die offensichtlichste Wahl supporten kann – ein ruppiges Rennspiel wie Wreckfest, das euch Bodenbeschaffenheiten und Kollisionen spüren lässt – ist mir ein absolutes Rätsel. Und doch ist nicht ein Racer ab Werk nativ unterstützt. Razers eigener Lückenfüller dort, wo es keinen nativen Support gibt (aktuell also überall) nennt sich Audio-to-Haptics, das aus Klangsignalen ein Feedbackprofil ableitet.

Wenn Masse wirklich wichtig ist…

Ich probierte es in Wreckfest und Need for Speed Unbound, fand es aber durchweg kaum so in der Software kontrollierbar und undifferenziert brummig, dass es fast immer irgendwann nervig wurde. Regelmäßig musste ich zum Beispiel auch die Musik ausschalten, damit sich Motorengebrüll und wuchtige Geräusche nicht zu sehr mit den Bässen des Soundtracks verstolperten. Klar, “AtH” interpretiert auch lediglich Frequenzbereiche. Es gibt sicher Games, in denen das förderlich ist, aber ich habe keines gefunden, wo es das Spiel genug bereichert hätte, um die zusätzlichen vier Zentimeter, die das Sitzkissen auf meinen Stuhl aufträgt, länger unter mir zu dulden. Eine echte Alternative zum coolen Sensa-Support ist Audio-to-Haptics in meinen Augen nicht.

Überhaupt, das Ergonomische: Im Grunde sitzte sich gut auf Freyja. Aber ich denke, nicht auf jedem Stuhl gleich gut. Die meisten eher überdimensionierten Gaming-Chairs sollten hiermit kein Problem haben. Ein schlanker Bürostuhl sollte aber zumindest eine Sitzfläche haben, die in der Tiefe verstellbar ist, damit man nicht oft das Gefühl hat, Freyja würde nach vorne vom Stuhl schwinden wollen. Schade ist auch, dass das Stromkabel, das nötig ist, fest nach links geführt ist und somit in meinem Setup auf der “falschen” Seite hängt. Sollte Sensa HD irgendwann von der breiten Masse der Spiele unterstützt werden, denke ich, dass es fest verbaut, in einem Razer-Stuhl am besten aufgehoben ist. Mir würde jedenfalls nicht in den Sinn kommen, meine tägliche Büroarbeit auf Freyja zu erledigen. Es ist halt einfach immer etwas “extra” und das merkt man.

Razer Kraken V4 Pro: Ein gutes 200-Euro-Headset für 450 Euro?

Noch ein paar Extra-Worte zum Kraken V4 Pro, so als Paket: Razers Headset-Flaggschiff war in der Basis-Version – ohne “Pro” – ein sehr gutes, lebhaft aufspielendes Gaming-Headset mit gutem Mikrofon für 200 Euro. In der Preisklasse hält es mit den besten Konkurrenten mit. In der Pro-Version mit Sensa-HD-Upgrade mit Bio-Cellulose- statt Titanium-Treibern und einer hübschen und praktischen OLED-Kontrolleinheit auf dem Tisch wird es aber mehr als doppelt so teuer und fasst sich dabei immer noch an… nun ja, wie ein 200-Euro-Headset. Man bekommt zwar technisch gesehen “mehr” fürs Geld, aber nicht wahnsinnig viel mehr “Qualität”. Und selbst über das objektive “mehr” darf man bei dem Mangel an nativ unterstützten Sensa-Titeln immer noch debattieren.

Ein ausgezeichnetes 200-Euro-Headset, das, ergänzt um einige Features, jetzt 450 Euro kostet, aber nicht entschieden besser klingt oder verarbeitet ist: Razer Kraken V4 Pro

Für den Moment sind Razers Sensa-HD-Geräte daher trotz interessanter Ansätze und viel versprechend-immersiver Augenblicke daher in meinen Augen schwer zu empfehlen. Das kann sich mit der Zeit grundlegend ändern, aber ich habe zu diesem Zeitpunkt Sorge, dass ein Start mit derart wenig Support den Sensa-HD-Produkten eine ungesunde Schlagseite mitgegeben hat: Ohne unterstützte Spiele keine Nachfrage nach der Hardware, ohne installierte Hardware-Basis keine Nachfrage nach Unterstützung in mehr Games – und so geht das im schlimmsten Fall immer weiter. Es wäre nicht das erste Mal.

Razer Freyja und Kraken V4 Pro - vorläufiges Urteil

Was macht man nun damit? Tatsächlich schätze ich Sensa HD und vor allem Freyja als Innovation und würde mir wünschen, der Knoten würde so langsam mal platzen - und zwar gehörig. Aber die Zeit dazu galoppiert Razer gerade davon. So, wie es ist, ist Sensa HD eine luxuriöse Spielerei mit extrem überschaubarem Use-Case, die Gefahr läuft, vergessen zu werden, bevor sie eine Chance hatte, sich zu beweisen.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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