Razer Kishi Test: Kishi + Android + Game Pass = Ultimatives Mobile Gaming
Forza Horizon mit Gefühl auf dem Handy spielen.
Es ist nicht das erste seiner Art. Es ist nicht so elegant und passperfekt wie die alte Motorola Gaming-Mod. Es ist ganz sicher nicht die billigste Lösung, um eine Art Controller an ein Handy zu bekommen. Aber es ist die erste, bei der ich wirklich nichts an den Sticks und Triggern auszusetzen habe und die ich wirklich gern und ohne Vorbehalte nutze. Bei der ich nicht sagen muss, dass es für eine Handy-Lösung okay, aber eben auch nur das ist. Müsste ich mich zwischen JoyCons an der Switch und dem Razer Kishi - bescheuerter Name, sorry, wenn ich das so direkt sagen muss - entscheiden, Nintendo hätte nicht den Hauch einer Chance. Zugegeben, so überzeugt bin ich von den JoyCons nicht, aber der Vergleich bietet sich bei einem Blick auf das Kishi einfach an.
Der beim Auspacken etwas eigenwillig anmutende Controller kostet stolze 120 Euro - Straßenpreis knapp unter 100 -, das muss man als erstes vorweg sagen, um den Schock zu mildern. Wenn man ihn dann aus der Packung nimmt, fühlt sich das nämlich erst mal nicht nach 120 Euro an. Klein, irgendwie unförmig, extrem leicht. Das soll jetzt die Offenbarung sein? Ihr zieht etwas umständlich die beiden Spangen auf der Rückseite auseinander und hebt die Halterung an. Der Kishi zerfällt in der Mitte, zusammengehalten von zwei Gummi-Bändern. Jetzt klemmt ihr euer Handy dazwischen. Auf der einen Seite habt ihr innen einen USB-C-Stecker, der in das Handy geht, das nun dazwischen stecken soll. Und hier kommt der hakelige Teil...
Es gibt eine Unmenge an verschiedenen Handy-Formen, aber die grundsätzliche Form eine Gerätes zwischen 5 und 6 Zoll ist doch recht ähnlich, Länge und Breite im Rahmen von einigen Millimetern bis zu einem Zentimeter vergleichbar. Gut so, denn auch wenn das Kishi eine gewisse Universalpassform hat, es ist ein wenig peinlich für Razer, dass das einzige meiner Telefone, das nicht passte, das kantige Razer Phone 2 ist. Vielleicht mit brutaler Gewalt, aber das kann nicht Sinn der Sache sein - für dieses Gerät gibt es den Razer Junglecat (Amazon.de), keine Ahnung, wie weit der sich sonst unterscheidet. Sonst war es egal, ob Honor View 20, OnePlus 7 Pro oder Googles Pixel 3A: Alle passten wunderbar zwischen die beiden Schalen, teilweise sogar in ihren Schutzhüllen und saßen dann bombenfest. Ihr hatte danach das Konstrukt aus Kishi und Handy wie eine Switch in der Hand, ein stabiles, homogenes Gerät. Zeit für den Zusammenbau: Fünf bis zehn Sekunden.
Ihr braucht auch am Handy nichts einrichten. Dank USB-C versteht Android sofort, dass da jetzt ein Controller eingesteckt ist und akzeptiert die Tasten ohne jedes Murren. Ich habe direkt Castlevania: Symphony of the Night gestartet und sofort verwandelte sich das Ganze von grenzunspielbarem Touch-Tasten-Mist in legendäre Retro-Glorie. Aber auch aktuelle Titel sind kein Problem, eine Runde mobiles PUBG hat direkt viel Spaß gemacht.
Am meisten erstaunt dabei wirklich, wie stabil die Konstruktion in der Hand liegt. Man muss schon rohe Gewalt ins Spiel bringen und aktiv schaden anrichten wollen, um das hier nicht wie praktisch eine eigentlich strukturell stabilere Switch zu halten und spielen zu können. Auch das Gewicht, dass den Kishi erst so unterentwickelt wirken ließ, ist jetzt ein echter Pluspunkt. Der Controller wiegt mit 160 Gramm ungefähr so viel wie das Telefon selbst und die Konstruktion liegt federleicht in beiden Händen. Eine Switch wiegt ungefähr das Gleiche, fühlt sich aber seltsamerweise ein klein wenig wuchtiger an. Vielleicht, weil das Kishi mit dem Phone durch den kleineren Screen etwas schmaler ausfällt.
An Tasten habt ihr alles, was ein Xbox-Controller braucht. Bis runter zur Xbox-Taste, was auch klar macht, dass der Game Pass mit der Xbox-App etwas ist, was später ganz dringend getestet werden muss. Was sofort auffällt, sind die exzellenten Sticks. Selbst bei den JoyCon sind diese nicht ideal, haben zu kurze Wege und dabei sind sie trotzdem noch eine der besseren Sachen, die euch im mobilen Ansteck-Bereich passieren kann. Bei Kishi jedoch sind sie vielleicht nicht ganz auf dem Niveau des Xbox-Controllers selbst, die Sticks sind etwas kürzer aber der Weg ist fast genauso lang und ebenso präzise. Das sind einfach hervorragende Sticks.
Das Steuerkreuz dann wieder ist eher okay bis ganz gut, aber Freudensprünge mache ich bei den leicht wabbeligen, mäßig definierten Druckpunkten nicht. Man kann Street Fighter 2 im Emulator ganz sauber damit spielen, Special-Moves kommen auf Abruf, es ist wirklich okay. Nicht mehr und nicht weniger. Das gilt auch für die Tasten auf der Oberfläche. Mikroschalter sind hier Fehlanzeige, wieder ist der Druckpunkt etwas vage, aber der Hub und Widerstand sind tadellos und auch nach Stunden waren sie angenehm genug.
Die Schultertasten und Trigger sind normalerweise die Achillesferse all solcher Konstruktionen. Selbst wenn die Sticks und Tasten bis hierhin okay waren, spätestens bei Triggern geht bei fast allen Konstruktionen alles den Bach runter. Zeit für das Kishi, ein zweites Mal zu glänzen. Die Trigger selbst und für sich sind kein Highlight. Sie haben dieses leichte Plastik-Schaben etwas billigerer Konstruktionen und der Federwiederstand ist etwas höher als er sein sollte. Aber sie tun tadellos, was sie sollen und vor allem sind sie ohne Schmerzen erreichbar. Das sogar nach Stunden! Okay, zwei Stunden, aber ja, ich habe zwei Stunden Destiny 2 am Stück damit gespielt und brauchte danach keine Hilfe bei der Benutzung einfacher Maschinen, weil meine Finger unter spontaner Mobile-Controller-Gicht litten. Die Schultertasten schließlich haben den besten Druckpunkt von allen Tasten hier, der sich vielleicht sogar nach Mikroschalter anfühlt. Für das absolute Wohlgefühl könnten sie etwas tiefer liegen, aber da sehe ich ein, dass das bei der Konstruktion schwierig geworden wäre.
Was nicht geboten wird, ist ein zusätzlicher Akku. Ihr habt einen Passthrough-Anschluss rechts unten, um das Handy während des Spielens laden zu können und einen stark erhöhten Stromverbrauch konnte ich mit dem angedockten Kishi nicht feststellen, aber wenn ihr wirklich streamt, dann ist der eh so hoch, dass ihr schnell ein Kabel brauchen werdet. Spielte ich dagegen ein normales Android-Game, schien der Akku sich nicht grundlegend, wenn überhaupt, schneller zu leeren.
Den Kishi bekommt ihr auf Amazon.de für ca. 90 Euro
Es macht absolut Sinn, den Kishi zusammen mit dem Game Pass anzupreisen, und es war einmal mehr verblüffend, wie gut Streaming funktionieren kann, wenn die Leitung passt - auf offener Straße mit normaler LTE-Innenstadt-Verbindung war es eher so lala. Aber generell funktionierte auch das. Trotzdem, mit 100 Mbit in den eigenen vier Wänden ist das schon klasse. Aber auch ohne einen Game Pass, nur als Controller für Android ist das Kishi ein echter Gewinner. Von allen Konstruktionen, mit denen ich bisher versuchte, einen Controller an ein Handy zu bringen ist das hier aktuell mein Favorit. Es hängt am Ende nur davon ab, ob euer Handy passt. Aber wenn ja, habt ihr für einen zugegebenermaßen etwas stolzen Preis einen tadellosen Controller, den man bequem mit in die Tasche stecken kann, der in Sekunden angeschlossen ist und vor allem tadelloses Spiel-Gefühl mitbringt. Also, seht nur zu, dass ihr notfalls umtauschen könnt, wenn der Kishi nicht passt, aber sonst ist das ein brillantes Accessoire für alle USB-C-Geräte, die die richtige Größe haben.