Ready 2 Rumble Revolution
Ready 4 Jähzorn Brutalization
Ready 2 Rumble war eines von zwei Spielen, die ich mir zusammen mit Segas Dreamcast im Herbst 99 selbst zum Geburtstag geschenkt habe. Das andere war Capcoms Power Stone. Und auch wenn mir letzteres deutlich länger und mehr Freude bereitet hat, hab ich R2R doch sehr ins Herz geschlossen. Es war als Boxspiel zwar nur solide, hatte Balance-Probleme und, abgesehen vom simplen Arcade-Modus, nicht besonders viel zu bieten. Die Animationen, die deformierten Visagen und insbesondere die Charaktere rissen es aber noch auf die gute Seite.
Boris Knockimov, Butcher Brown und nicht zuletzt Afro Thunder hatten zwar nicht viel zu erzählen, sprühten aber trotzdem nur so vor Persönlichkeit. Ich mochte die Kerle. Und wenn auch Ihr sie mochtet, wird Euch vielleicht interessieren, dass die Rechte an den Quadratschädeln nach dem Wechsel der Ready 2 Rumble-Lizenz zu Atari bei der ehemaligen Mutterfirma Midway verblieben sind.
Die Gretchenfrage: Wie also kommt dann Afro Thunder aufs Cover? Die Gretchenantwort: Kommt er doch gar nicht! Der Kamerad mit der schwarzen Mähne, der von der Revolution-Packung herunter mit Euren und meinen Jugenderinnerungen Geschäfte zu machen versucht, ist ein gewisser „Big Wallop“. Und natürlich nicht bekannt, verwandt oder verschlägert mit der Familie Thunder. Jegliche Ähnlichkeiten sind natürlich rein zufälliger Natur und nicht beabsichtigt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Den Rest des Fighter-Katalogs rekrutierte Atari aus einer Reihe mindestens genauso müder wie bemühter Karikaturen viel zu offensichtlicher Prominenter. Brad Pitt, der „englische Dieter Bohlen“ Simon Cowell oder David Beckham geben sich hier als witzlose und willkürlich integrierte Zerrbilder die Ringseile in die Hand und tun ansonsten rein gar nichts für das Spiel. Außer dass man kurz denkt „oh, das soll wohl Brad Pitt sein. Lustig.“
Was bleibt also ohne die bekannten Gesichter? Schneller Blick hoch zur Einleitung: Ein Boxspiel, das „nur solide“ ist und „Balance-Probleme“ hat. Check! Dazu kommen auf der Wii allerdings noch schwere Steuerungsmacken. Das geht schon im Kleinen los: Wer mit Nunchuck und Wii-Fernbedienung lediglich rechte oder linke Geraden in Richtung des Feindes schmeißt, merkt zunächst nur, dass es etwas knifflig ist, eine fließende Links-rechts-Kombination auszuführen.
Will man dann aber anfangen, die erweiterte Move-Palette einzusetzen, geht das Debakel erst richtig los. Das Spiel verlangt von Euch, für einen Haken den Nunchuck nach rechts beziehungsweise die Wii-Remote nach links zu bewegen und eine Aufwärtsbewegung der jeweiligen Controller-Einheit für einen Uppercut. Für besonders harte Schläge müsst Ihr ausholen. Und zwar nach rechts (Wii-Fernbedienung) oder nach links (Nunchuck), bevor Ihr einen der normalen Punches hinterher schickt. Das ist für sich genommen schon unintuitiv genug, wird aber zu allem Überfluss auch noch regelmäßig nicht oder sogar falsch erkannt.
Oft erfolgt zwar die Ausholanimation, aber nicht der Schlag, wenn man das Zeitfenster für den Hieb am Ende der ersten Bewegung nicht richtig erwischt hat. Das Problem ist natürlich, dass ein harter Schlag in Revolution aus zwei voneinander entkoppelten Moves besteht, anstatt – wie es logisch wäre – aus einer fließenden Eingabe. Selbst Haken, Geraden und Uppercuts wirft das Spiel gerne durcheinander und bringt hin und wieder sogar die falsche Faust. Ist ja auch klar, weil man bei der ausladenden Aufwärtsbewegung, etwa für einen rechten Uppercut, die linke Hand nur schwerlich vollkommen still halten kann.
Und das macht mit der Zeit wirklich wahnsinnig. In einem Sport wie Boxen, in dem Sekundenbruchteile über Sieg oder Niederlage entscheiden können, ist es unverzeihlich, dass man sich nicht einmal auf die grundlegenden Offensivaktionen verlassen kann. Und da hört der zum kabelbeißen nervige Steuerungsterror noch lange nicht auf. Die Blocks funktionieren ja sogar wie erwartet, schützen aber speziell gegen die absolut vernichtenden „Rumble“-Superschläge, die man einmal pro Runde über sich ergehen lassen muss, so gut wie ein Strauß Blumen vorm Gesicht.
Bei denen muss man ausweichen oder eben kontern, beziehungsweise es versuchen. Während die Ausweichbewegungen mit drei von vier Malen immer noch zu selten klappen, aber immerhin machbar sind, ist der situationsabhängige Konterschlag reine Glückssache. Die Tatsache, dass man sich trotz aller Defensivbemühungen immer und immer wieder auf dem Ringboden wiederfindet und in der Offensive nur selten das entgegnet, was man beabsichtigt hat, bricht der Motivation im Einzelspielermodus erst das Kreuz und schlägt ihr anschließend noch die Zähne aus.
Da hilft es auch nicht, dass die Karriere mit statusverbessernden Trainingseinheiten und einer Serie immer stärker werdender Opponenten auf dem Papier immerhin recht passabel ausgefallen ist. Schließlich spielt man ja immer noch Ready 2 Rumble Revolution. Dazu kommt noch, dass einige Mini-Spiele zum Teil vollkommen frustrierend (Sit-Ups, Seilspringen) und wegen der Fähigkeiten-Abzüge bei den zwangsläufigen misslingenden Trainingseinheiten sogar kontraproduktiv sind.
Zu zweit vorm TV dauert es ein bisschen länger, bis man die Handschuhe an den Nagel hängt. Hier müssen schließlich beide Kontrahenten mit denselben Problemen umgehen. Punkte gibts dafür aber freilich nicht, die Fehler sind ja immer noch da. Und spätestens die ebenfalls ordentlich daneben geratene Kampflogik befindet den Spaß nach drei bis vier Matches für technisch K.O.: Es ist unbegreiflich, weshalb man die durch erfolgreiche Treffer aufgeladene Rumble-Power auch nach einem vernichtenden Niederschlag noch behalten darf. Dadurch artet jeder Kampf zu einem dämlichen hin und her blinden Fäustegewirbels und abwechselnder Knockdowns aus, das stets der Spieler mit dem zäheren Boxer gewinnt.
Mit seiner im besten Fall unpraktischen, im Regelfall aber geradeheraus fehlerhaften Bewegungserkennung macht Ready 2 Rumble Revolution in ungefähr genauso viel Spaß wie eine Kneipenschlägerei, die man gerade zu verlieren im Begriff ist. Oder wie der Nasenbeinbruch, den ich mir in meinem wutentbrannten Schattenboxen fast selbst zugefügt hätte. Um in der Welt des Boxsports zu bleiben: R2RR ist ein „Big Name“, blickt auf eine respektable Karriere zurück und präsentiert sich nach außen hin in ausgezeichneter Form für ein Comeback. Sobald aber erst die Glocke ertönt und man nah genug dran ist, hagelts Tiefschläge.
Wie Eurogamer.nets Oli Welsh bereits ganz richtig bemerkte, vermutet man ein „halbwegs solides Kampfspiel“ irgendwo darunter. Schade, dass Nunchuck und Wii-Remote zum Buddeln denkbar ungeeignet sind.
Ready 2 Rumble Revolution ist exklusiv für die Wii erhältlich.