Red Dead Redemption
High Noon
Ich liebe Western-Filme. Nicht der alte Cowboy vs. Indianer-Mist mit eindimensionalen Figuren, unglaubwürdigen Feuergefechten und knallroten Indianern, sondern moderne Vertreter, wie Erbarmungslos, Tombstone, Wyatt Earp oder Open Range. Echte Hardcore-Western, die die Gesetzlosigkeit des Wilden Westen auf einmalige Weise in Bilder, Figuren und Geschichten gießen. Viel Dreck, Blut und Charakter, keine Schwarz-Weiss-Zeichnung, nur die harte Grauzone, die sich Realität nennt.
Aktuelle Western-Games, meistens Shooter, können dieses Szenario nur ungenügend darstellen. Eine Reduktion auf Feuergefechte trifft nicht den Kern der Sache. Sich mit einem Sechs-Schuss-Revolver durch eine Horde Banditen zu ballern, wird auf Dauer langweilig. Auch die engen Level, das vereinfachte Gameplay und die begrenzten Möglichkeiten passen, meiner Meinung nach, nicht zu dem Pionier-Geist dieser aufregenden Jahre. Sie schränken ein und verdrehen den – für Spiele – ungewöhnlichen Ansatz.
Umso mehr freut es mich, dass Rockstar für den Nachfolger des Western-Shooters Red Dead Revolver den naheliegenden Schritt in die Open World wagt. Eine Welt, die die Freiheit dieser wilden Tage perfekt einfängt. Weite Steppen, kleine, verschlafene Nester, fantastisch umgesetzte Pferde, spannende Shoot-Outs und ein Missions-Design, das stark an Grand Theft Auto erinnert, sollen die Fan-Gemeinde begeistern. Grand Theft Horse sozusagen, auch wenn mich dafür die deutsche PR wahrscheinlich grün und blau schlägt.
Auch der Hauptdarsteller, John Marston, wirkt in vielen Momenten wie die Anti-Helden vergangener GTA-Tage, nur dass er deutlich besser aussieht. Rabenschwarze Augen, tiefe Narben und ein wilder Vollbart erzählen von einer bewegten Vergangenheit.
Eine Vergangenheit, die er hinter sich lassen möchte. Am Ende des 19. Jahrhunderts, ca. 50 Jahre nach Red Dead Revolver, hat sich der ehemalige Gangster endlich zur Ruhe gesetzt. Die Liebe zu seiner Frau hat ihm zum Umdenken bewegt. Gemeinsam mit seinem Sohn möchte er die Schatten der Vergangenheit vergessen und sich dem Farm-Leben widmen. Doch wie es in einer guten Gangster-Geschichte so ist, holt ihn genau seine düstere Geschichte gnadenlos ein.
Das Bureau, die Vorläufer-Organisation des FBI, findet den ehemaligen Gesetzesbrecher und bietet ihm einen Deal an: Entweder er arbeitet mit ihnen zusammen und erledigt schmutzige Aufträge, oder aber er landet in einem dunklen, stinkenden Loch von Gefängnis und erblickt nie wieder das Tageslicht. Eine leichte Entscheidung: John schnappt sich seinen Colt und zieht auf der Seite der skrupellosen Cops in den Krieg gegen das Verbrechen.
Soviel zur Vorgeschichte. Nach dem Starten der Vorschauversion wird deutlich: Auch optisch erinnert der Titel stark an das große Vorbild. Rockstar San Diego verwendet nicht nur die gleiche Engine samt extremer Sichtweite – und einigen Updates (Pflanzen, Tiere, Animationen) -, sie setzen auch auf ein ähnliches Head Up Display.
In der unteren, linken Ecke befindet sich ein Radar, auf dem wichtige Locations durch einen Buchstaben dargestellt werden. Statt einer Lebensenergieanzeige - die wird wie bei modernen Shootern durch einen rot eingefärbten Bildschirm ersetzt und regeneriert sich nach dem Gefecht -, wird nur Eure Ausdauer beziehungsweise die Eures Pferdes durch einen blauen Balken visualisiert.
Neben dem HUD erinnert zudem das Charakter-Design an die Inhouse-Konkurrenz. Trotz der stattlichen Spielwelt, bestehend aus drei riesige Arealen: Das Grenzland, Mexiko und das Grasland des Nordens, wurde gegenüber Grand Theft Auto IV kräftig an den Feinheiten gearbeitet. Johns Lederklamotten, die er jederzeit austauschen kann, strotzen nur so vor Details. Jeder Gegenstand, der in seinem Gürtel steckt, kann auch genutzt werden. Um realistisch zu bleiben, könnt Ihr nur ein Gewehr, eine Handfeuerwaffe und eine Spezialwaffe mit Euch herumtragen. Seine Grundausstattung: Ein Karabiner, ein Colt, ein Messer und ein Lasso.