Red Faction: Armageddon
Going deeper underground
Schon einige Entwickler haben sich an der Umsetzung einer offenen Spielwelt die Zähne ausgebissen. Diese mit einer intensiven Geschichte, glaubwürdigen Charakteren und entsprechend abwechslungsreichen Missionen zu füllen, ist eine Mammutaufgabe, die viel Geld und Arbeit verschlingt. Spiele wie Assassin's Creed konnten erst beim zweiten Anlauf die hochgesteckten Ziele erreichen. Die Red-Faction-Serie geht dagegen den anderen Weg und backt nach dem gelungenen, aber ganz sicher nicht perfekten dritten Teil wieder kleinere Brötchen.
Red Faction: Armageddon tauscht die gerade erst eingeführte offene Missionsstruktur und die Sandbox-Erfahrung mit einem deutlich lineareren Geschehen. Zum Teil liegt das an dem anderen Schauplatz. Protagonist Darius Mason, Enkel des Red-Faction-Guerilla-Helden Alec, muss diesmal unter der Marsoberfläche ums Überleben kämpfen. Denn nach katastrophalen Veränderungen wurden die Siedler von ihrem Platz an der Sonne verdrängt und müssen wie ihre Vor-Vorfahren ihr Heil im Untergrund suchen.
Doch auch hier sind die ehemaligen Rebellen nicht sicher. Seltsame Wesen brechen aus den tiefen Höhlen und Kavernen hervor. Monster, die auf den ersten Blick an Dead Space erinnern und die Marschrichtung vorgeben. Red Faction wird mit Armageddon in puncto Spannung, Epik und Dramatik zulegen. Schockmomente werden diesmal eine größere Rolle spielen und der fast spielerische Ansatz des Vorgängers zurückgeschraubt. Bombast statt Freiheit ist hier die Devise. Allein die Perspektive und die Zerstörungsengine haben den Feindkontakt überlebt. Ihr steuert wie gehabt euren Kämpfer aus dem Third-Person-Blickwinkel und könnt mit euren zum Teil bombastischen Waffen jedes von Menschenhand gebaute Objekt zerstören.
Doch wo bei Guerilla vor allem Hammer und Sprengsätze zum Einsatz kamen, soll es diesmal deutlich abwechslungsreicher zugehen. Die Waffenpalette wächst und setzt verstärkt auf Schusswaffen. Das komplette Konzept beruht nicht mehr allein auf Zerstörung. Wie im Multiplayer von Red Faction: Guerilla könnt ihr diesmal nämlich nicht nur Dinge vernichten, sondern mit einer umgebauten Nanschmiede erstmals auch reparieren oder gar aus dem Nichts erschaffen.
Das mächtige Artefakt, das im Vorgänger als Nano-Rifle die Struktur von Gegenständen auflöste, ist diesmal in den Arm von Mason eingebaut und besitzt die Macht der Kreation. Auf Knopfdruck lasst ihr Deckungen aus dem Nichts entstehen, repariert Brücken, Kommandokonsolen oder ganze Baumaschinen. Außerdem erzeugt ihr mit der Superwaffe Schockwellen, die umstehende Gegner wie Stroh durch die Gegend würfeln.
Überhaupt werdet ihr diesmal mehr in klassische Feuergefechte verwickelt, ohne aber ganz den Wahnsinn der Zerstörungsengine außer Acht zu lassen. Geniale Spielzeuge, etwa eine Magnetwaffe, die Gegenstände miteinander verbindet und auf katastrophale Weise anzieht, sollen euch erneut zum Experimentieren einladen. Mit diesem Schmuckstück könnt ihr zum Beispiel einen der schick designten Gegner mit einer Säule verbinden, die diesen dann durch die Magnetkräfte in Brei verwandelt.
Als Mason in der Demo von der Alien-Flut beinahe überwältigt wird, springt er in einen funkelnagelneuen Exoskelett-Anzug, der diesmal über deutlich mehr Waffen verfügt. Raketen-und Laser-schießend pflügt er sich durch die Horde, zerdrückt die Aliens mit seinen gewaltigen Armen und reißt hinterher noch ein Gebäude ein. Es wird schnell klar, hier wird kein Bergbaugerät mehr eingesetzt, sondern Militärmaterial. Selbst die omnipräsenten Sprengladungen des Vorgängers sucht man momentan noch vergebens. Mal sehen, was die nächste Version bringt.
Die Grafik hat scheinbar durch die deutlich begrenztere Umgebung einen gehörigen Sprung nach vorne gemacht. Lichteffekte und Texturen wirken detaillierter, die Zerstörungen etwas kleiner, aber ebenso brachial. Überhaupt besitzt die Umgebung mehr Polygone und entschädigt so ein wenig für die fehlende Freiheit. Und auch das Design der Aliens geht in Ordnung, wirkt schön insektoid, könnte aber etwas eigenständiger sein. Lediglich Mason selbst hinterlässt mit seinen Tätowierungen und seiner Glatze einen etwas zu generischen Eindruck. Aber mal abwarten: Beim Vorgänger wurde der Hauptdarsteller ein Jahr vor Release auch komplett über den Haufen geworfen.
Ich mochte ja die offene Spielwelt von Guerilla, die Freiheit und die wunderbare Weitsicht. Aber ja, die Missionen waren sich oft zu ähnlich, die Geschichte konnte nicht den Bombast einer lineareren Erfahrung erzielen und am Ende fehlte schlicht die Abwechslung. Der Weg hin zu einer lineareren Erfahrung ist vielleicht der richtige, um sich wieder mehr auf die Story zu konzentrieren. Die dunklen Areale und die Aliens bringen dabei eine dicke Portion Spannung mit ins Spiel.
Kurz: Mehr Dead Space, weniger Grand Theft Auto. Da die Grafik im Zuge dieses Schritts zulegt und die Zerstörungsengine immer noch einen Heidenspaß bereitet, wird auch Red Faction: Armageddon ganz sicher ein großartiges Spiel. Insbesondere Fans der ersten beiden Teile wird das freuen. Ok, die Ego-Perpsektive feiert leider kein Comeback, aber dafür gibt es endlich wieder intime Gefechte auf engstem Raum. Mit persönlich hätte ja eine Mischung am besten gefallen, aber das ist hier ja kein Wunschkonzert, sondern Entwicklerrealität. Da muss man wohl oder übel Abstriche machen.
Red Faction: Armageddon erscheint 2011 für Xbox 360, PC und PS3.