Red Faction: Guerrilla
Die Stunde der menschlichen Abrissbirne
So, Red Faction: Guerilla durchgespielt, viel Spaß gehabt und nun Test schreiben. Hm, gar nicht so einfach, die richtige Wertung zu finden. Auf der einen Seite ist Red Faction: Guerrilla ein perfektes Männerspielzeug voller prächtiger Zerstörungswerkzeuge und beeindruckenden Bauten, die sich mit viel Stil dem Erdboden gleich machen lassen. Noch nie hat das Schrauben-genaue Zerlegen so viel Freude gemacht. Genauso hätte Mercenaries 2 sein müssen, ein mehrere Quadratkilometer große Sandbox mit interessanten Waffen, ein wenig Chaos und viel Action.
Doch da ist noch die andere Seite. Während die aggressive KI, die gelungene Grafik und ein paar interessante Puzzleansätze begeistern, enttäuschen die müde Story-Präsentation, die streckenweise schwache Kampagne und die suboptimale Inszenierung. Dabei wäre es doch so einfach. Entwickler Volition hätte sich nur bei der eigenen Inhouse-Konkurrenz ein Scheibchen abschneiden müssen.
Der übertrieben HipHop-Stil von Saints Row mag zwar nicht jedermanns Sache sein, die zum Teil sehr lustigen Ingame-Sequenzen und die prägnanten Charaktere laufen Red Faction: Guerrilla-Hauptdarsteller Alec Mason und der restlichen Besetzung jedoch locker den Rang ab. Ein Vergleich mit Story- und Charakter-Design-Schwergewicht Grand Theft Auto spar ich mir da lieber ganz, gerade mal 5 bis 6 kurze Render-Sequenzen und ein paar verwackelte Missions-Videos sind 2009 einfach nicht genug.
Also stellt sich die Frage: Trägt das zentrale Gameplay-Element, die Zerstörung, den Titel weit genug, um am Ende daraus trotzdem ein sehr gutes Spiel zu machen? Eine Entscheidung, die erst in der letzten Sekunde gefallen ist. Lange befand sich Red Faction Guerrilla im Wertungs-Limbo, erst die letzten zwei bis drei Stunden sorgten für die endgültige Entscheidung. Natürlich will ich Euch nicht die ganze Spannung rauben, deswegen müsst Ihr Euch schon bis zum Fazit gedulden. Und ja nicht spicken!
Falls Ihr die beiden Vorgänger nicht kennt, hier eine kleine Zusammenfassung: Der erste Teil war ein waschechter Ego-Shooter, der dank GeoMod-Engine die partielle Zerstörung des Level-Inventars ermöglichte. Parker, der Hauptdarsteller des ersten Teils, musste gemeinsam mit der Widerstands-Bewegung Red Faction den bösen Ultor-Konzern bekämpfen. Im zweiten Teil wurde dann der Traum der Mars-Bewohner Wirklichkeit. Mit Verstärkung der Earth Defense Force wurde der Konzern in aufgemotzter Grafik zerschlagen und dem Mars die Freiheit geschenkt.
Diese Zeiten sind nun leider vorbei. Die Befreier von der EDF haben sich im Nachhinein als neue Besatzer herausgestellt. Um den erdgestützten Konzernen billige Arbeiter und kostenlose Rohstoffe zu liefern, sorgt die Armee für eine Diktatur der Waffen. Wer nicht spurt, wird gnadenlos niedergemäht. Euer Held, Alec Mason, möchte anfangs mit dieser Problematik nichts zu tun haben. Er ist auf den Mars gekommen, um zusammen mit seinem Bruder Dan in den Minen zu arbeiten. Doch dieser Vorsatz hält genau 5 Minuten. Direkt nach dem Tutorial wird Dan von EDF-Truppen getötet, Alec steht auf der Fahndungsliste und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu kämpfen.
Red Faction: Guerrilla bewegt sich dabei weg von der linearen Ego-Shooter-Erfahrung, hin zu einem Third-Person-Open-World-Spiel, bei dem Ihr als menschliche Abrissbirne für jede Menge Kleinholz sorgt. Vereint mit der Red Faction-Bewegung muss Alec die EDF aus sechs Sektoren vertreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es, den Einfluss der Besatzer auf Null zu reduzieren. Durch die Erfüllung von unterschiedlichen Missionen und die Zerstörung von Schlüsselgebäuden lockert sich der eiserne Griff der EDF-Truppen, bis Ihr in einem Großangriff den entsprechenden Sektor für die Mars-Bevölkerung sichert .
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Moral der Widerstandskämpfer. Mit speziellen Missionen, zum Beispiel Unterstützung bei Angriffen, lässt sich diese Erhöhen. Ein praktischer und oft Kriegs-entscheidender Nebenaspekt: Umso höher die Moral Eurer Truppe ist, umso mehr Kämpfer unterstützen Euch bei Angriffen auf den Feind. Zu Beginn habt Ihr nämlich gegen die ständig Unterstützung herbeirufenden Gegner kaum eine Chance. Nach ein paar Minuten werdet Ihr, gerade in den höheren Schwierigkeitsgraden, einfach überrannt.