Redacted im Test: Der Ableger orientiert sich stärker an The Callisto Protocol als gut für ihn ist
Rockiges Roguelike mit rätselhaftem RNG.
Vermutlich könnte man Redacted sehr elegant umschreiben – doch wozu, wenn man es ziemlich einfach auf den Punkt bringen kann. Im Grunde ahmt Redacted nämlich recht genau das nach, was man aus Hades beziehungsweise dessen Fortsetzung kennt und folgt auch fast exakt dem gleichen Aufbau. Nur dass man hier nicht in der griechischen Mythologie unterwegs ist, sondern als ehemaliger Wärter in einem Gefängnis auf dem Jupitermond Callisto.
Mit anderen Worten: Aus der Vogelperspektive steckt man einen Raum nach dem nächsten ab, langt im Nahkampf mächtig zu, teilt gelegentlich auch Schrot, Granaten oder Laser aus und entscheidet sich nach jedem Raum, welchen der zwei oder drei zufällig bereitgestellten Ausgänge man betreten mag. Irgendwann ist man dann tot und beginnt von vorn – nicht aber, ohne mit gesammelten Ressourcen sowohl die Ausrüstung als auch die eigenen Fähigkeiten zu verbessern, um im nächsten Run vielleicht nicht ganz so schnell zu sterben.
Als „ehemaligen“ Wärter habe ich das Alter Ego dabei beschrieben, weil sich in seinem Gefängnis nicht nur ausgebüxte Häftlinge herumtreiben – tatsächlich sind die sogar das kleinste Problem –, sondern vor allem bissige Kreaturen eines recht klassischen Horrorkabinetts. Mutanten, Tentakel, über den Boden kreuchende Kriecher… das Übliche, zum Teil aus The Callisto Protocol Bekannte.
Moment mal, Callisto Protocol? Was hat das an der Kundenkasse gescheiterte Erstlingswerk von Striking Distance Studios mit Redacted zu tun? Ganz einfach: Letzteres ist ein recht flott gemachter Ableger, nachdem das Mammutprojekt nicht den gewünschten Erfolg brachte und Studiovater Glen Schofield (Dead Space) sogar zum schleunigen Verlassen seiner frisch gegründeten Firma brachte. So viel zur Vergangenheit.
Und wisst ihr, was sich ebenfalls in der Vergangenheit befindet? Das Gefängnis unseres hiesigen Protagonisten, nachdem es von besagten Kreaturen überfallen wurde – weshalb man nun versucht, die letzte Rettungskapsel zu erreichen. Das ist schon der ganze Plot. Eine erzählerische Scheibe schneidet sich Redacted also nicht von Hades ab. Man lernt zwar andere Flüchtlinge kennen, die ebenfalls zur Rettungskapsel wollen, viel mehr passiert in Sachen Story aber nicht.
Dafür bringen diese anderen Flüchtenden einen interessanten Kniff ins Spiel: Man muss nämlich nicht nur die Kapsel erreichen, sondern das auch noch vor den Anderen schaffen. Nun sind die zunächst lediglich Symbole auf einem Zeitstreifen, wo sie sich genau wie der eigene Wärter ganz langsam in Richtung Rettungskapsel schieben. Je schneller man selbst also vorankommt, desto dichter ist man der Konkurrenz auf den Fersen, wobei man das Vorankommen der Konkurrenz verlangsam kann, wenn man bestimmte Fähigkeiten aktiviert, die alle paar Minuten zur Verfügung stehen. Andere Fähigkeiten fügen ihnen Schaden zu oder vertiefen ihre Schwachstelle.
Wozu vor allem Letzteres gut ist, dürfte klar sein: Kreuzt das eigene Symbol das eines Flüchtlings, kommt es zum Kampf – einem ausgewachsenen Bosskampf ausgesprochen biestige Feinde, um genau zu sein. Aus dem man sich interessanterweise zurückziehen kann, sobald die Tür ins nächste Areal sich öffnet. Tut man das nicht, hat man besonders in den ersten Stunden kaum eine Chance. Nutzt dieses Entgegenkommen der Entwickler also, um in den ersten Stunden erst mal Fortschritt zu machen!
Das und die wuchtige Action sind in meinen Augen die Stärken, die Redacted auszeichnen. Spätestens mit ein paar Upgrades teilt man nämlich nicht nur ordentlich Schaden, sondern wie in einem guten Comic auch eine anständige Portion fett ausgemalten Blam und Rumms aus. Brandschaden knallt in Gelb und Rot, Säure ätzt in sattem Grün, benebelnder… Nebel im dunstigen Violett.
Behaltet eure Umgebung dabei gut im Blick, denn die richtet nicht nur beim Alter Ego, sondern auch bei seinen Gegnern Schaden an. Das kann man nutzen, indem man explosive Fässer durch die Gegend, einen Angreifer in eine brennende Lache oder ihn so lange gegen ein Geländer kickt, bis selbiges den Geist auf- und den Weg für einen letzten Schubser freigibt. Rennt man über bestimmte Schalter, löst man versteckte Geschütze aus, schiebt man Feinde in eine mit Zacken bestückte Presse… nun, ja. Und so weiter.
Ziemlich cool! Zumal man den Schaden, den man durch diese Maßnahmen anrichtet, mit der Auswahl entsprechender Gaben... Verzeihung: Experimente verstärken kann. Dazu rockige Gitarren sowie interessante taktische Kniffs wie ein Spezialangriff, um Angreifer weit weg zu stoßen, oder das Umlaufen von Gegnern, um sie von hinten zu attackieren. Bedauerlich finde ich nur, dass ich mich nie so richtig auf eine dieser Aktionen spezialisieren konnte, weshalb ich mich unterm Strich meist aufs vertraute Prügeln und Schießen verlassen, um nur in sicheren Momenten die Umgebung einzubeziehen. Wobei auch das Schießen übrigens hauptsächlich der Unterstützung dient, während das Schlagen, Rutschen und Kicken die zentralen Aktionen sind.
Ach, und das alles steht im Wesentlichen auch von Beginn an zur Verfügung. Mit fortschreitender Spielzeit erhält man zwar Währung zum Kauf neuer Waffen, Anzüge und anderer Ausrüstung beziehungsweise Fähigkeiten – auch erweitern darf man fast alles davon in meist drei Stufen. Allerdings ändert sich das grundlegende Spielgefühl dadurch kaum.
Schaut man sich andere Roguelikes an, darunter einmal mehr das inhaltlich sehr ähnliche Hades, dann schneidet Redacted in Sachen Abwechslung nach schon ein, zwei Stunden leider recht mager ab. Irgendwie macht man hier stets das Gleiche und kann auch durch verschiedene Builds während eines Runs nicht gerade drastisch variieren.
Redacted ist sowohl auf PC als auch auf PlayStation 5 und Xbox Series S/X erhältlich. Während es normalerweise knapp oder genau 24,50 Euro kostet, bezahlt man im Epic Games Store nur 22,39 Euro.
- Epic Games Store
- Steam
- PlayStation Store
- Xbox Store
- Umfangreiche Charakterentwicklung über verschiedene Ausrüstung und Fähigkeiten
- Rocklastiges Roguelike mit wuchtigem Nah- und Fernkampf
- Vielseitiges Einbeziehen der Umgebung…
- Wettlauf gegen (KI-gesteuerte) Flüchtlinge, deren Runs man manipulieren kann
- Wenig Variation im Ablauf verschiedener Runs
- Mitunter seltsame Zufallsverteilung neuer Fähigkeiten und verschiedener Ausgänge
- … das insgesamt nicht besonders effektiv ist
- Erzählerisch praktisch komplett uninteressant
Hinzu kommt ein Zufallsgenerator, über den ich häufig ins Grübeln kam. Wenn man etwa mit dem Experiment gleich im ersten Raum entscheiden muss, ob man beim Ausführen eines bestimmten Angriffs Feinde auch in Brand stecken will oder ob in Brand gesteckte Feinde zusätzlichen Schaden nehmen sollen, dann ergibt es natürlich wenig Sinn, nur eins davon zu wählen. Anders geht es an dieser Stelle aber gar nicht und bevor man – vielleicht – mit einem späteren Experiment darauf aufbauen kann, dauert es meist so lange, dass ich an so einem erst mal nur hypothetischen Build wenig Spaß habe.
Einer der frühen Ausgänge hat mich zudem oft an einen Verkaufsautomaten geführt, ohne dass ich zu diesem Zeitpunkt auch nur ansatzweise genug Geld dafür erspielt hatte. Dafür führte ein zweiter Ausgang in einen Raum, in dem es als Belohnung eben jenes Geld gegeben hätte. Dass Redacted dieses Teile der Charakterentwicklung dermaßen oft nebeneinander anbietet, anstatt mehrere interessante Entwicklungsmöglichkeiten hintereinander zu staffeln, empfinde ich bei einem Spiel dieser Art als ausnehmend seltsames Versehen.
Redacted im Test – Fazit
Und wenn ihr mich fragt, ist Redacted seinem Ursprung damit eben erstaunlich ähnlich. Denn im Kern macht es vieles richtig, geht mit einem interessanten Kampfsystem an den Start – holt unterm Strich aber zu wenig da heraus. Könnte man sich stärker zum Beispiel auf den Waffeneinsatz oder auf das Manipulieren der Umgebung spezialisieren, wäre deutlich mehr Schwung in der wuchtigen Action, die so stattdessen relativ einförmig wirkt. Vor allem dank der coolen Aufmachung macht sie ja trotzdem Laune. Vielleicht hätte auch dem zweiten Spiel von Striking Distance Studios deshalb etwas mehr Entwicklungszeit gutgetan, um dem guten Ansatz eine auf lange Sicht motivierende Tiefe zu verleihen.
Redacted | |
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